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Interview„Der Rechtsbär“ und welche Haftungsgefahren KI-generierte Bilder mit sich bringen
| Pierre Bounin ist Rechtsanwalt bei der Herfurtner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Hamburg. Er erklärt im Interview, warum KI-generierte Bilder ggf. Rechte Dritter verletzen können und wie man dem gezielt vorbeugen kann. |
Frage: Wir haben ChatGPT gebeten, Justitia mit einem Teddy zu kreuzen. Hier sehen Sie das Ergebnis. Kann ich mit diesem „Rechtsbären“ nun machen, was ich will? Also in Social Media posten oder auf meine Kanzleiwebsite setzen?
Antwort: Nach aktueller Rechtslage liegen die Nutzungsrechte an KI-generierten Bildern, die mittels Software von OpenAI erstellt werden, grundsätzlich beim Anwender. Aber: Dies setzt voraus, dass dabei kein Material verwendet wurde, das gegen die Rechte Dritter verstößt. Gleichzeitig müssen Sie die generierte Grafik darauf hin überprüfen, ob die von der KI eingefügten oder angepassten Elemente die Persönlichkeits- oder Eigentumsrechte von Dritten verletzen. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die KI in dem generierten Bild ein Logo oder einen geschützten Slogan einbaut. Nutzungsrechte an den erstellten Werken werden also nur seitens OpenAI eingeräumt.
Frage: Was bedeutet das konkret für den Anwender?
Antwort: Er muss stets im Einzelfall prüfen, ob die Werke im Ergebnis ungewollt die Rechte Dritter beeinträchtigen. Denn das kann beim Einsatz von KI nach dem heutigen Stand der Technik nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Ein im Bild eingefügter Quellenhinweis kann Missverständnissen vorbeugen oder diese aufklären. Aber: Er bietet keine Rechtssicherheit. Anwender müssen außerdem beachten, dass sich auch die Nutzungsbedingungen von OpenAI jederzeit ändern können. Denkbar ist, dass zukünftig die Verwendung von Werken nur noch eingeschränkt möglich ist. Wir verweisen beispielsweise auf den Anbieter Midjourney, dessen Richtlinien bereits jetzt deutlich restriktiver sind.
Frage: Wie können sich Anwender absichern?
Antwort: Wenn man als Ausgangsmaterial ausschließlich eigene Werke, Fotoaufnahmen oder Bilder nimmt, lassen sich viele der vorgenannten Probleme abschwächen. Denn dadurch werden sie unwahrscheinlicher. Die Einzelfallprüfung wird dadurch aber trotzdem nicht entbehrlich. Gerade, wenn KI-generierte Werke öffentlich zugänglich gemacht oder kommerziell verwendet werden, ist also Vorsicht geboten. Im Zweifel sollte der konkrete Anwendungsfall durch fachkundige Anwälte überprüft werden.
ChatGPT kann auch andere Gestaltungsmittel vorschlagen Praxistipp | ChatGPT ist nicht nur eine Bildermaschine, sondern assistiert Ihnen auch bei der Frage, wie Sie Ihre Ideen am wirkungsvollsten visuell darstellen. Mit gezielten Prompts gibt Ihnen ChatGPT Tipps, ob eine Grafik, ein Diagramm oder eine Zeitachse Ihren juristischen Inhalt am besten verständlich macht. Das kann, muss aber nicht zwingend ein Bild sein. Lassen Sie sich daher von dem Bot bei der Wahl der Gestaltungsmittel bzw. der Form der Visualisierung helfen (AK 23, 154). Legen Sie sich zudem eine Datenbank mit eigenem Bildmaterial an, die Sie ChatGPT möglichst oft direkt als „Knetmasse“ für dessen Ideen und Bildentwürfe mitgeben. Sammeln Sie in Ihrer Datenbank die von ChatGPT erstellten Bilder. Sie können diese für künftige Grafiken abwandeln lassen oder als Miniaturen in anderen Formen, z. B. Tabellen oder Organigrammen, integrieren. |
Beispiel für einen Bild-Prompt |
„Ich lade Dir folgendes Bild hoch ... Kannst Du mir hierauf aufbauend einen Gerichtssaal darstellen, in dem mehrere Personen auf Bänken sitzen und in dem ein Richtertisch und Zuhörer im Gerichtssaal sind. Mitten im Saal soll ein Sachverständiger vor einem Bildschirm stehen, der einen Sachverhalt erklärt. Auf dem Bildschirm ist ein Verkehrsunfall mit zwei Autos/einem Lkw/Fahrrädern zu sehen. Bitte setze über das Bild folgenden Satz: „ ...“ (z. B. Kernsatz aus jüngerer Gerichtsentscheidung).“ |
- „Hey Bot, hilf’ mir, neue und kreative Kanzleimitarbeiter zu finden!“, AK 24, 5iww.de
„KI“ - „Ach, du lieber Bot“: Die Auszubildenden-Bewerber kommen!, AK 23, 193
- Wie ChatGPT-4 schon jetzt den Beratungsalltag in der Kanzlei unterstützen kann, iww.de/ak, Abruf-Nr. 49625588
- Mandantenschreiben und Kanzleislogans mit ChatGPT auffrischen, iww.de/ak, Abruf-Nr. 49650043
- Vom Bot ins Boot geholt: KI-Tools können für Kanzleien Mandate bringen!, AK 23, 131
AUSGABE: AK 5/2024, S. 86 · ID: 49872739