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RecruitingDiese 9 Dinge kann jede Kanzlei gegen den Fachkräftemangel tun

Abo-Inhalt26.11.20228614 Min. LesedauerVon Marion Ketteler, Münster

| Wer beim Thema Fachkräftemangel nur an die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern denkt, um offene Stellen zu besetzen, verschenkt viel Potenzial. Das Problem verschärft sich sogar, wenn Kanzleien auf Wachstumskurs sind und Personalzuwachs planen. Um dem Fachkräftemangel wirksam zu begegnen, sollten Sie auch interne Hebel in Bewegung setzen. Diese können dazu beitragen, Zeit einzusparen, ohne dass die Qualität darunter leidet oder die Belastung der Mitarbeiter weiter ansteigt. Und wer Zeit spart, kann sie anders nutzen und mit dem vorhandenen Personal weiterhin eine erfolgreiche Kanzlei führen. |

1. Mitarbeiterbindung stärken

An das Naheliegendste wird meistens zu spät oder zu wenig gedacht: Indem Sie die Bindung zu den vorhandenen Mitarbeitern stärken, vermeiden Sie, dass diese abwandern. Mitarbeiterbindung können Sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise erreichen:

  • Natürlich gehören hierzu eine angemessene Vergütung, Gehaltsextras, Boni für umsatzausweitende Tätigkeiten u. Ä. Denn Gerichte werben heutzutage gut eingearbeitete Mitarbeiter mit deutlich höheren Gehältern ab; Fachangestellte können sich vor Ort ohne Weiteres selbst den Arbeitgeber aussuchen, der ihnen das höchste Gehalt zahlt.
  • Nie fehlen sollten Lob und Wertschätzung der Arbeit und der Person. Regelmäßige und gut vorbereitete Mitarbeitergespräche, die wirklichen Mehrwert bieten, zahlen auf dieses Konto ebenso wie eine gute Feedback- und Fehlerkultur ein.
  • Für die Unterstützung der Persönlichkeit und für den besseren Umgang mit Stress und Ärger bieten sich Resilienz-Seminare an.
  • Um die Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle mit Homeoffice-Anteilen kommt heute keine Kanzlei mehr herum. Je nach persönlicher Situation der Kollegen und Mitarbeiter können die Rahmenbedingungen individuell gestaltet werden.
  • Eine gute technische Ausstattung ist in der Kanzlei genauso wie Zuhause wichtig. Höhenverstellbare Schreibtische, ergonomische Stühle und eine freundliche und moderne Bürogestaltung sind heute Standard.

2. Gutes Betriebsklima durch gute Unternehmenskultur schaffen

Menschen bleiben da, wo sie sich wohlfühlen. Das gilt auch für den Job. Nichts ist so wichtig für Menschen, als in einer Gemeinschaft zu sein, die trägt, unterstützt und in dem es einen Unterschied macht, ob man dazugehört oder nicht.

Ein gutes Betriebsklima schafft,

  • wer zuhört, was die Mitarbeiter wollen, und erfüllt, was möglich und sinnvoll ist. Transparenz und Informationen gehören zum Spaß an der Arbeit und im Büro;
  • wer Möglichkeiten zum Austausch bietet, z. B. durch
    • regelmäßige Teamsitzungen (auch ohne Führungskräfte), gemeinsame Betriebsausflüge, Treffen außerhalb der Arbeitszeit und der Kanzleiräume.
    • Rituale, die ein guter „Kitt“ sind, der Menschen zusammenhält – gerade, wenn nicht mehr alle täglich ins Büro kommen. So sind ein Geburtstagssekt, der Freitagskuchen oder die Frühstücksrunde Gelegenheiten, sich miteinander auszutauschen und die Beziehungen der Menschen untereinander zu stärken.
    • Teambuildingtage, die sich hervorragend dazu eignen, das Eis zwischen den Menschen zu brechen und für mehr Austausch im Kanzleialltag zu sorgen.

3. Interne Prozesse auf den Prüfstand stellen

Neben dem Miteinander sollte auch die Zusammenarbeit auf den Prüfstand kommen. Sie sollten alle internen Prozesse regelmäßig überprüfen, da hier erfahrungsgemäß Optimierungspotenzial schlummert. Ein neues Programm, eine verbesserte Liste, ein neuer schlanker Prozess etc. können Arbeitszeit sparen und oft sogar den Arbeitserfolg steigern. Das gilt nicht nur für Kanzleien mit einem QM-System. Denn es wird generell überraschend viel wertvolle Zeit und Energie mit nutzlosen und überflüssigen Tätigkeiten vergeudet.

Bei der Überprüfung hilfreich sind folgende Fragen: Was können wir

  • ersatzlos streichen,
  • verschlanken,
  • verbessern,
  • ersetzen?

4. Einheitliche Arbeitsweisen etablieren

Neben der Optimierung der Arbeitsprozesse sind es häufig auch viele unterschiedliche Arbeitsweisen, durch die Zeit verschwendet wird. Denn unterschiedliche Arbeitsweisen führen zu mehr Abstimmungsbedarf und zu höherer Fehleranfälligkeit. Das „Schwarmwissen“ aller können Sie besser für die Entwicklung einheitlicher Arbeits- und Vorgehensweisen nutzen. Das dient der besseren Übersicht, minimiert Fehlerquellen und sorgt für gleichbleibend gute Qualität. Zudem können Sie Vertretungen viel einfacher organisieren.

5. Digitalisierungsgrad steigern

Auch wenn viele Kanzleien von sich behaupten, dass sie digital arbeiten, ist meist noch „Luft nach oben“. Wer digital arbeitet, ist in der Regel nicht nur schneller, sondern liefert auch bessere Ergebnisse. Dadurch haben Sie zufriedenere Mitarbeiter und Mandanten.

6. Interne Qualifizierungen antreiben

Wer digital arbeiten möchte, braucht Mitarbeiter, die über ein gutes technisches Verständnis verfügen und sich gerne fortbilden. Jeder einzelne Mitarbeiter sollte einen persönlichen Entwicklungsplan bekommen, der neben den fachlichen auch die persönlichen Bereiche berücksichtigt. Die Schulung von Soft Skills wie Teamfähigkeit, Kommunikationsvermögen oder Konfliktmanagement werden immer wichtiger. Für Führungskräfte sollten Selbstführung und die Entwicklung der eigenen Führungspersönlichkeit regelmäßig auf der Agenda stehen.

Auch an dieser Stelle darf das Thema Resilienz verortet werden: Nur, wer gut mit Stress, Belastungen und Veränderungen umgehen kann, kann Bestleistungen zeigen und gesund bleiben.

7. Mehr Fachkräfte selbst ausbilden

Fachkräfte wachsen nicht einfach nach, sondern müssen ausgebildet werden. Je mehr und je besser Sie ausbilden, desto größer ist die Chance, dass gute Fachkräfte bleiben. Für eine gute Ausbildung benötigen Sie eine klare Strategie, einen geeigneten Ausbildungsplan und eine qualifizierte Begleitung.

8. Innovationen fördern

Wer selbst innovativ ist, bringt eine größere Bereitschaft mit, sich und seine Arbeit zu verändern. Deshalb gehört ein Vorschlags- und Ideenmanagement in jede Kanzlei. Wer gezielt freie Arbeitszeit für Projekte und Ideen etabliert, ist anderen Kanzleien weit voraus.

9. Gezielt netzwerken

In jeder Region Deutschlands gibt es Netzwerkangebote. Viel zu selten trifft man dort Berufsträger. Eine Ausnahme hiervon sind fachliche Netzwerke.

Dabei sorgen gerade die offenen Netzwerke für Sichtbarkeit und Verständnis für das Berufsbild. So können Netzwerke helfen, den Berufsstand attraktiv zu machen und Interessierte anzuwerben. Freuen Sie sich über Empfehlungen in guten Netzwerken.

Fazit | Sie sehen: Gegen den Fachkräftemangel können Sie viel in der eigenen Kanzlei tun, auch wenn Sie gerade keine neuen Mitarbeiter einstellen.

Nutzen Sie die technischen Möglichkeiten für mehr Zeit, mehr Qualität und eine bessere Bindung Ihrer Mitarbeiter und Ihrer Mandanten.

Jede Kanzlei wird über kurz oder lang diese Schritte gehen müssen – machen Sie sich lieber gleich auf den Weg als noch länger zu warten.

AUSGABE: AK 12/2022, S. 213 · ID: 48556466

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