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ApothekenentwicklungWerbeartikel in der Apotheke – wie wirksam und kosteneffizient sind sie?
| Gerade liegen die Adventszeit, Weihnachten und der Jahreswechsel hinter uns und Give-aways aller Art sind an die Kunden gebracht. Doch wie steht es eigentlich um die Wirksamkeit dieser kleinen und größeren Aufmerksamkeiten? Schließlich sind sie durchaus ein Kostenfaktor in der Apotheke. |
Inhaltsverzeichnis
- Werbeartikel-Wirkungsforschung: Hintergrund
- Empfehlung 1: Beziehungsstatus beachten
- Empfehlung 2: Auf Qualität und Nachhaltigkeit setzen
- Empfehlung 3: Mit dem Entdeckerdrang der Kunden spielen
- Empfehlung 4: Geschenke mit schlüssigem Bezug auswählen
- Empfehlung 5: Aufmerksamkeiten überreichen
- Keine negativen Effekte beim Kunden (aber in der Kasse?)
Werbeartikel-Wirkungsforschung: Hintergrund
Seit vielen Jahren gibt es wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit und Kosteneffizienz von Werbeartikeln. Sie ergaben im Medienvergleich durchweg positive Ergebnisse bei der Verbreitung, Wirkdauer, Reichweite, dem Recall, der Weiterempfehlungsrate und dem Effekt auf die Kundenbeziehungen. Dies mag angesichts des Auftraggebers vieler deutscher Studien – dem Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e.V. (GWW) – zunächst nicht verwundern. Doch die Ergebnisse schlicht als Eigenwerbung abzutun, greift deutlich zu kurz. Auch unabhängige Studien, wie ein Langzeit-Feldexperiment der Universität Augsburg, zeigen positive Wirkungen von Werbeartikeln – allerdings unter bestimmten Bedingungen.
Wirkungsstudie 2022
Besonders interessant ist die Herangehensweise der Werbeartikel-Wirkungsstudie 2022, die erstmals die emotionale Wirkung von Werbeartikeln ins Zentrum des Interesses stellte (www.iww.de/s10060). Die wissenschaftliche Umsetzung lag bei dem auf Emotionsforschung spezialisierten „Institut september Strategie & Forschung“ aus Köln. Untersucht wurde die Wirkung von sechs Werbeartikeln (Rucksack, Tasse, Feuerzeug, Kugelschreiber, Powerbank und Notizbuch) auf Probanden unterschiedlichen Geschlechts und Alters. Um die ausgelösten Emotionen exakt darzustellen, nahmen die Forscher psychophysiologische Messungen vor – u. a. Mimik, Pulsvolumen, Hautleitwert, EKG – und führten 90-minütige tiefenpsychologische Interviews durch. Die gemessenen Effekte wurden mit denen anderer Werbekanäle wie TV-Spots, Social Media etc. verglichen.
Merke | Die sogenannten Key Performance Indicators (KPIs) Sympathie, Relevanz und Attraktion fielen in der Studie für Werbeartikel stärker aus als für andere Werbekanäle. Um das volle Wirkpotenzial von Give-aways auszuschöpfen, sollten Sie aber einige weitere Einflussfaktoren beachten, wie die folgenden Handlungsempfehlungen zeigen. |
Empfehlung 1: Beziehungsstatus beachten
Ein wesentliches Ergebnis der 2022er-Werbeartikel-Wirkungsstudie ist es, dass Werbeartikel insbesondere dann gut wirken, wenn der Artikel zum Beziehungsstatus zwischen Marke und Zielgruppe passt. Weniger bekannte Marken fahren besser mit kleineren Werbegeschenken, große und bekannte Marken sollten auf hochwertige und größere Gaben setzen. Je fester die Beziehung zwischen Marke und Zielgruppe ist, desto auffälliger darf auch das Branding – also die Darstellung der Marke oder des Logos – sein. Allzu prominentes Branding oder unangemessen teure Geschenke lösen hingegen eher unbewusste Abwehreffekte aus. Das schwächt die Werbewirkung ab.
Passen Sie Ihre Werbeartikelauswahl Ihrem Beziehungsstatus an Praxistipp | Klären Sie, bevor Sie sich für einen Werbeartikel und dessen Personalisierung entscheiden, das Verhältnis zwischen Ihrer Apotheke als Marke und Ihren Kunden. Haben Sie viel unbekannte Laufkundschaft oder vor allem langjährige Stammkundschaft? Welchen Stellenwert nimmt intensive persönliche Beratung ein? Passen Sie Ihre Werbeartikelauswahl Ihrem Beziehungsstatus an. |
Empfehlung 2: Auf Qualität und Nachhaltigkeit setzen
Hochwertige und nachhaltige Werbeartikel werden von den Empfängern deutlich positiver bewertet als Wegwerfware. Das heißt aber nicht unbedingt, dass Sie Ihren Werbeetat aufstocken müssen. Auch kleine Geschenke wirken – nur sollten sie von guter Qualität sein. Das Geld für billigen Nippes können Sie sich hingegen tatsächlich sparen. Solche Werbegeschenke sind letztlich wenig kosteneffizient.
Praxistipp | Je werthaltiger ein Artikel ist und je länger er genutzt werden kann, desto dauerhafter wirkt die enthaltene Werbebotschaft. Auch steigt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Artikel weiterverschenkt wird. Nicht zuletzt deshalb gelten Werbeartikel als besonders effektiv im Empfehlungsmarketing. |
Empfehlung 3: Mit dem Entdeckerdrang der Kunden spielen
Werbeartikel, die zum Entdecken, Spielen und Ausprobieren einluden, erzeugten in der aktuellen Studie stärkere emotionale Reaktionen der Probanden als Werbeartikel ohne diese Möglichkeiten. Diese lösten zwar ebenfalls positive Reaktionen aus, sie waren aber etwas geringer.
Mit spannenden oder geheimnisvollen Verpackungen die Kunden „locken“ Praxistipp | In der Untersuchung punktete ein Bastelset, um selbst eine Bienenwachskerze herzustellen, ganz besonders beim KPI „Attraktion“. Wenn Ihnen die Auswahl solcher Geschenke schwerfällt, können Sie das „Haben-Wollen“ bei Ihren Kunden aber auch fördern, indem Sie z. B. spannende oder geheimnisvolle Verpackungen für Ihre Give-aways wählen. |
Empfehlung 4: Geschenke mit schlüssigem Bezug auswählen
Werbeartikel wirken besonders, wenn sie einen nachvollziehbaren Berührungspunkt zur Marke haben oder – wie es in der Werbesprache heißen würde – wenn „die Marken-Story eine passende Legitimation für den Artikel bietet“. Auch dies spricht wiederum gegen beliebigen Schnickschnack und für Werbeartikel wie Erste-Hilfe-Sets, Pflasterboxen, Anti-Stress-Bälle, Handreinigungsgel, Wärme-/Kühlkissen, Tablettendosen, Lupen, Wellness- und Pflegeprodukte, BMI-Rechner, Fieberthermometer, Zeckenentferner, Kühlbrillen oder Schlafmasken.
Funktionale Geschenke erfordern besondere Kommunikation Praxistipp | Auch funktionale Geschenke wie Notizbücher, Haftnotizblöcke, Vorratsboxen für Obst unterwegs oder Reisetagebücher lassen sich thematisch mit dem Bemühen der Apotheke um das Wohlbefinden der Kunden verbinden. Die Überreichenden müssen die mit dem Geschenk verbundene Bedeutung allerdings entsprechend kommunizieren. |
Dass Werbegeschenke mit schlüssigem Zusammenhang zum Unternehmen besonders wirksam sind, belegte schon 2017 die Studie „How Gifts Influence Relationships With Service Customers and Financial Outcomes for Firms“ unter Leitung von Prof. Dr. Michael Paul, Inhaber des Lehrstuhls für Value Based Marketing der Uni Augsburg.
Empfehlung 5: Aufmerksamkeiten überreichen
Erstmals zeigte die aktuelle Werbeartikel-Wirkungsstudie, dass Menschen funktionale Give-aways wie personalisierte Stifte, Notizbücher, Kaffeebecher usw. nicht vorrangig als Werbung wahrnehmen, sondern eher als kleine Aufmerksamkeiten. Das scheint die üblichen Abwehrmechanismen im Gehirn gegen Werbung als Manipulationsversuch außer Kraft zu setzen – was die Wirkung solcher Werbegeschenke erhöht.
Ohne diesen dahinterstehenden Mechanismus darzulegen, empfiehlt die Augsburger Studie „How Gifts Influence Relationships With Service Customers and Financial Outcomes for Firms“ ein dazu passendes Vorgehen: Werbegeschenke sollten stets besonders freundlich, als ernst gemeintes Geschenk oder Aufmerksamkeit, überreicht werden.
Praxistipp | Vermitteln Sie dem Empfänger, dass das Geschenk ernst gemeint ist und Ihre Apotheke den Beschenkten wirklich als treuen Kunden gewinnen oder behalten möchte. Dann wirken die Gaben besonders gut. |
Keine negativen Effekte beim Kunden (aber in der Kasse?)
Die aktuelle Wirksamkeitsstudie zeigte nicht zuletzt, dass Werbeartikel – im Gegensatz zu Werbung auf anderen Kanälen – keine Negativeffekte haben. Im schlimmsten Fall bleiben sie ohne Wirkung und wandern in den Müll. Womit die Frage der Kosteneffizienz indirekt beantwortet wäre:
Je sorgfältiger Sie die Aufmerksamkeiten für Ihre Kunden auswählen und je zugewandter Sie sie überreichen, desto kosteneffizienter ist diese Werbemaßnahme. Beliebige Werbeartikel ohne Bezug zu Ihrer Apotheke, nebenbei über die Theke geschoben, sind den finanziellen Aufwand mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wert.
AUSGABE: AH 2/2024, S. 7 · ID: 49852461