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ArbeitsrechtRechtliche Irrtümer und Mythen zum Karneval
| Was ist eigentlich an Karneval erlaubt und was nicht? Dieser Beitrag räumt mit den größten arbeitsrechtlichen Irrtümern und Mythen rund um den Karneval auf und gibt Tipps für den Arbeitgeber. |
Inhaltsverzeichnis
- In Karnevalshochburgen müssen Arbeitnehmer freibekommen
- An Karneval können Arbeitnehmer sich selbst beurlauben
- Angestellte ohne „Rosenmontagsurlaub“ müssen arbeiten
- Karnevalsfotos von Arbeitnehmern dürfen ins Internet/Intranet
- Wie viel Alkohol getrunken wird, entscheidet der Arbeitnehmer
- Radiohören muss der Arbeitgeber dulden
- Arbeitgeber muss Verkleidung am Arbeitsplatz zulassen
- Vorgesetzte müssen Abschneiden der Krawatte dulden
- Betriebliche Feier hat keinen Versicherungsschutz
In Karnevalshochburgen müssen Arbeitnehmer freibekommen
Einen „allgemeinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung“ gibt es nicht, auch nicht in den Karnevalshochburgen. Rosenmontag und/oder Faschingsdienstag sind auch dann keine Feiertage, wenn sie regional immer gefeiert werden. Daher entscheidet der Arbeitgeber, ob er den Rosenmontag als normalen Arbeitstag oder als zusätzlichen bezahlten „Feiertag“ behandelt. Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht (so Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25.04.2013, Az. 7 TaBV 77/12, Abruf-Nr. 171039). Ein erzwingbarer Anspruch auf Arbeitsbefreiung ist nur durch Vereinbarung möglich – z. B. im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung – oder durch betriebliche Übung.
An Karneval können Arbeitnehmer sich selbst beurlauben
Auch wenn der Urlaub am Rosenmontag nicht genehmigt wird, sollte der Arbeitnehmer sich nicht selbst beurlauben oder versuchen, diesen mit der Drohung zu erzwingen, er werde anderenfalls an diesem Tag krank sein, sonst droht nämlich eine fristlose Kündigung (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 12.03.2009, Az. 2 AZR 251/07, Abruf-Nr. 093717).
Angestellte ohne „Rosenmontagsurlaub“ müssen arbeiten
Für neue Arbeitnehmer findet eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende betriebliche Übung Anwendung, auch wenn der freie Tag nicht in den neuen Arbeitsvertrag aufgenommen wurde. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die betriebliche Übung explizit im Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde.
Karnevalsfotos von Arbeitnehmern dürfen ins Internet/Intranet
Wer Fotos von kostümierten Arbeitnehmern z. B. auf der Apothekenwebsite oder Social-Media-Plattformen veröffentlichen möchte, muss nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) die Einwilligung des Abgebildeten haben.
Wie viel Alkohol getrunken wird, entscheidet der Arbeitnehmer
Ob während der Arbeitszeit Alkohol getrunken werden darf, legt der Arbeitgeber fest. Beim Alkoholkonsum ist entscheidend, dass alle Arbeitnehmer die Pflicht haben, ihre Leistungsfähigkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz nicht durch das Trinken zu beeinträchtigen. Sie unterliegen der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht, einen arbeitsfähigen Zustand aufrechtzuerhalten.
Radiohören muss der Arbeitgeber dulden
Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, die ihm übertragene Arbeit ordnungsgemäß zu erbringen. Er muss konzentriert sowie sorgfältig arbeiten und darf die Arbeit nicht unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, erfüllt seine Arbeitspflicht, auch wenn er dabei Radio hört (BAG, Urteil vom 14.01.1986, Az. 1 ABR 75/83). In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber das Radiohören im Rahmen seines Direktionsrechts untersagen. Besteht ein Betriebsrat, kann eine solche Regelung nicht einseitig erfolgen, denn das Radiohören betrifft die Ordnung im Betrieb und ist daher mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz).
Arbeitgeber muss Verkleidung am Arbeitsplatz zulassen
Auch an Karneval gibt es keinen Rechtsanspruch auf Verkleidung. Das BAG hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgend zu den Bekleidungsvorschriften („Kopftuch-Fall“, EuGH, Urteil vom 15.07.2021, Az. C-804/18 und C-341/19, Abruf-Nr. 225166) festgelegt, dass ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern mit Außenkontakt erwarten kann, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden. Gesetzlich vorgeschriebene Schutzkleidung darf auch an den Karnevalstagen nicht gegen eine Verkleidung getauscht werden.
Vorgesetzte müssen Abschneiden der Krawatte dulden
Es ist ein gängiger Brauch, männlichen Kollegen/Vorgesetzten an Weiberfastnacht die Krawatte abzuschneiden. Besonders in den Karnevalshochburgen haben sich die Arbeitgeber damit abgefunden. Wer dies nicht möchte, sollte zumindest an diesem Tag auf eine Krawatte verzichten oder nur eine „entbehrliche“ tragen.
Merke | Das Abschneiden der Krawatte ist aber grundsätzlich eine Sachbeschädigung, gegen die man sich wehren darf. Das Amtsgericht Essen (Urteil vom 03.02.1988, Az. 20 C 691/87) entschied, dass das ungewollte Abschneiden einer Krawatte zur Schadenersatzpflicht führt. |
Betriebliche Feier hat keinen Versicherungsschutz
Wenn die betriebliche Karnevalsfeier dem Betriebsklima dient und allen Betriebsangehörigen offensteht, stehen die Arbeitnehmer während der Feier sowie auf dem Hin- und Heimweg unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend für den Unfallschutz ist allein, ob die Feier vom Willen des Arbeitgebers getragen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 26.06.2014, Az. B 2 U 7/13 R, Abruf-Nr. 142367). Unproblematisch ist dies, wenn die Betriebsfeier vom Arbeitgeber organisiert ist. Aber auch eine von der Belegschaft organisierte Feier kann vom Unfallschutz gedeckt sein. Entscheidend ist, dass eine solche Feier mit dem Arbeitgeber abgesprochen ist. Man sollte im Vorfeld klären, was erlaubt ist und was nicht.
AUSGABE: AH 2/2024, S. 15 · ID: 49856173