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Betriebswirtschaftliche ApothekensteuerungWichtige Kennzahlen für Apotheken: der Umsatz

Abo-Inhalt29.12.202328 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen

| Der Umsatz eines Artikels (inklusive Mehrwertsteuer als Bruttoumsatz, ohne Mehrwertsteuer als Nettoumsatz bezeichnet) ergibt sich aus dem Produkt von Absatzmenge und Verkaufspreis. Hohe Umsätze können sich aus geringen Mengen und hohen Preisen, aus großen Mengen und niedrigen Preisen oder aus anderen Kombinationen von Mengen und Preisen zusammensetzen. Es ist daher sinnvoll, sich die Struktur des Umsatzes etwas genauer anzusehen. |

Umsatzentwicklung und -verteilung im Gesamtmarkt

Der Umsatz mit dem Sortiment von Apotheken verteilt sich auf

  • verschreibungspflichtige Arzneimittel,
  • apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel,
  • frei verkäufliche Arzneimittel sowie
  • das apothekenübliche Ergänzungssortiment.

Weitere Umsätze erzielen Apotheken mit Dienstleistungen, wie z. B. pharmazeutische Dienstleistungen, Notdienste und Botendienste.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Umsatz mit den Sortimenten im gesamten Apothekenmarkt in Deutschland, wie ihn die ABDA jährlich in ihrer Broschüre „Die Apotheke: Zahlen, Daten, Fakten“ ausweist (siehe Tabelle). Die Verteilung der Umsätze auf die vier Sortimentsbereiche zeigt von 2014 bis 2022 wenige Schwankungen, die Gesamtumsätze sind deutlich gestiegen, die Anzahl der verkauften Packungen ist weitgehend gleich geblieben und der durchschnittliche Umsatz pro Apotheke ist um über 50 Prozent gestiegen.

Umsatzentwicklung und -verteilung nach Sortimenten

2022

2018

2016

2014

Umsatz mit dem Apothekensortiment (in Euro, ohne MwSt)

64,27 Mrd.

50,76 Mrd.

48,15 Mrd.

45,80 Mrd.

  • Verschreibungspflichtige Arzneimittel

83,8 %

80,9 %

79,9 %

83,0 %

  • Apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel

7,5 %

9,0 %

9,5 %

9,6 %

  • Frei verkäufliche Arzneimittel

0,4 %

0,5 %

0,6 %

0,6 %

  • Apothekenübliches Ergänzungssortiment

8,4 %

9,6 %

10,0 %

6,8 %

Anzahl Apotheken

18.068

19.423

20.023

20.441

Durchschnittlicher Umsatz pro Apotheke (in Euro)*

3,56 Mio.

2,61 Mio.

2,40 Mio.

2,24 Mio.

Verkaufte Packungen

1.405 Mio.

1.363 Mio.

1.408 Mio.

1.391 Mio.

Faktoren, die auf den Umsatz einwirken

Wenn im Gesamtmarkt die Absatzmengen weitgehend gleich geblieben, die Umsätze aber deutlich gestiegen sind, müssen die Verkaufspreise pro Packung deutlich gestiegen sein. Das allein erklärt aber nicht den Umsatzanstieg einer durchschnittlichen Apotheke. Wenn die Zahl der verkauften Packungen weitgehend gleich geblieben und die Zahl der Apotheken seit 2014 um rund 12 Prozent gesunken ist, bedeutet das: Umsätze haben sich umverteilt.

Beachten Sie | Die Umsatzangaben für die einzelnen Sortimentsbereiche im Gesamtmarkt sind Durchschnittswerte, die Anteile einer einzelnen Apotheke können davon erheblich abweichen.

Der Umsatz der verschreibungspflichtigen Arzneimittel dürfte am schwierigsten von der Apotheke zu beeinflussen sein. Er hängt vor allem von der Art und Anzahl der niedergelassenen Ärzte und der Struktur der Patienten (z. B. Chroniker, Krebskranke) im Einzugsgebiet der Apotheke ab. Zudem werden die Verkaufspreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) vorgegeben, die Apotheken können sie also nicht beeinflussen. Der Umsatz der übrigen Arzneimittel lässt sich – anders als bei den verschreibungspflichtigen – durch Preise und Werbemaßnahmen innerhalb und außerhalb der Apotheke sowie im Beratungsgespräch beeinflussen. Dies gilt auch für das Ergänzungssortiment.

Weitere Kennzahlen auf Basis des Umsatzes

Mit dem Umsatz lassen sich verschiedene Produktivitätskennzahlen ermitteln, z. B. Umsatz je Mitarbeiter, je Quadratmeter Verkaufsfläche und je Kunde. Es ist sinnvoll, den Umsatz der verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus diesen Berechnungen herauszuhalten, da ihn die Apotheke nur schwer beeinflussen kann. Eine Umsatzanalyse der anderen Warenbereiche je Mitarbeiter lässt erkennen, inwieweit der Mitarbeiter den Verkauf dieser Artikel fördert. Die flächenbezogene Umsatzproduktivität kann Anhaltspunkte dafür liefern, ob die Ausweitung der Fläche für bestimmte Warenbereiche sinnvoll ist. So kann z. B. die Flächenproduktivität der Sichtwahl deutlich höher sein als die Flächenproduktivität des Ergänzungssortiments.

Allerdings sollten solche Entscheidungen weitere Kennzahlen und Überlegungen einbeziehen. Neben den Umsätzen sollten vor allem die Roherträge und die mit den Waren verbundenen Handlungskosten betrachtet werden. Denn am Ende ist der Gewinn die ausschlaggebende Größe. Auch ist zu prüfen, inwieweit ein verringertes Angebot in einem Warenbereich Kunden davon abhalten könnte, weiter in der Apotheke zu kaufen bzw. genau so viel wie bisher zu kaufen. Antworten auf diese Fragen erfordern eine kundenbezogene Umsatzanalyse. Grundlage sind die Bons eines Verkaufs und die Verkäufe mit einem Kunden. Dies setzt eine gut gepflegte Kundendatei voraus. Es geht um Verbundkäufe (Welche Artikel kauft ein Kunde bei einem Einkauf, welche bei bestimmten Werbeaktionen?) und um Käufe im Zeitablauf (Welche Artikel kauft ein Kunde z. B. innerhalb eines Jahres? Welche Artikel kauft er nicht mehr?).

Praxistipp | In Verbindung mit den Stammdaten eines Kunden (Geschlecht, Alter, Wohnort etc.) lassen sich Umsatzpotenziale erkennen. Ein solches Umsatzpotenzial kann sein, dass Kunden mit einem hohen Anteil an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nur einen geringen Anteil an Arzneimitteln aus der Sichtwahl aufweisen, obwohl diese Arzneimittel eine sinnvolle Ergänzung zu den verschreibungspflichtigen sein können (Stichwort: Zusatzverkäufe bzw. Cross-Selling).

Grenzen der Vergleichbarkeit in Umsatzklassen

Wenn Apotheken in Umsatzklassen eingeteilt werden, ist darauf zu achten, wo die Grenzen der Vergleichbarkeit liegen. Eine solche Grenze ist die Preisstruktur in den Umsätzen. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel schreibt die AMPreisV vor, welche Aufschläge eine Apotheke auf die Einkaufspreise vornehmen darf. § 3 Abs. 1 S. 1 AMPreisV sagt:

„Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken sind zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro zuzüglich 21 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes zuzüglich 20 Cent zur Finanzierung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen nach § 129 Absatz 5e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie die Umsatzsteuer zu erheben; […]“.

Beispiele

Ist der Einkaufspreis eines Arzneimittels 1.500 Euro, so beträgt der Aufschlag: 45 Euro (0,03 × 1.500 Euro) + 8,35 Euro + 0,21 Euro + 0,20 Euro = 53,76 Euro (netto). Das ist ein Aufschlag von 3,584 Prozent.

Bei einem Einkauf von zehn Arzneimitteln zu je 150 Euro ergibt sich folgende Rechnung: 45 Euro (0,03 × 10 × 150 Euro) + 83,50 Euro (10 × 8,35 Euro) + 2,10 Euro (10 × 0,21 Euro) + 2 Euro (10 × 0,20 Euro) = 132,60 Euro (netto). Das ist ein Aufschlag von 8,84 Prozent.

Im Jahr 2022 betrug der durchschnittliche Anteil des Umsatzes von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, deren Verkaufspreis über 1.500 Euro (netto) lag, nach Angaben der ABDA rund 39 Prozent. Apotheken derselben Umsatzklasse mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an solchen Hochpreisern erwirtschaften somit einen – teilweise deutlich – geringeren Rohertrag als Apotheken, die einen unterdurchschnittlich hohen Anteil an diesen Hochpreisern haben. Für den Erfolg einer Apotheke ist am Ende aber nicht die Höhe des Umsatzes, sondern die Höhe des Gewinns ausschlaggebend, maßgeblich bestimmt durch den Rohertrag.

Beachten Sie | Derzeit gibt es den Vorschlag, den Fixbetrag des Apothekenzuschlags (bislang 8,35 Euro) an der Umsatzhöhe auszurichten: Umsatzstarke Apotheken sollen einen niedrigeren, umsatzschwache einen höheren Fixbetrag erhalten. Dies dürfte zu einer Fehlsteuerung von Ressourcen führen.

AUSGABE: AH 2/2024, S. 4 · ID: 49805889

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