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AÜGWelche Zeit zählt bei einem Betriebsübergang?

Abo-Inhalt24.10.20243238 Min. Lesedauer

| Wie ist die in § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG geregelte Überlassungshöchstdauer unionsrechtskonform zu berechnen, wenn auf Entleiherseite ein Betriebsübergang stattgefunden hat? Genau diese Frage hat das BAG (1.10.24, 9 AZR 264/23 (A)) dem EuGH vorgelegt. |

Sachverhalt

Der ArbG gehört einer Unternehmensgruppe an. Er unterhält am Ort der Produktionsstätte einen Betrieb. Dort werden die Produkte verpackt, gelagert und für den Transport vorbereitet. Die vormals vom Produktionsunternehmen als Betriebsteil selbst geführte Logistik ist zum 1.7.18 auf den ArbG übergegangen. Der ArbN war in der Logistik durchgängig vom 16.6.17 bis zum 6.4.22 als Leih-ArbN mit der Kommissionierung von Produkten betraut. Bis zum Betriebsteilübergang auf den ArbG war Entleiherin das Produktionsunternehmen. Der ArbG ist ebenso wie das Produktionsunternehmen Mitglied des Verbands der Metall- und Elektroindustrie NRW e. V. § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG bestimmt, dass der Verleiher denselben Leih-ArbN nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate „demselben Entleiher“ überlassen darf, wobei durch oder aufgrund Tarifvertrags der Einsatzbranche gemäß § 1 Abs. 1b AÜG eine vom Gesetz abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden kann.

1. Die unterschiedlichen Positionen

Der ArbN macht geltend, zwischen den Parteien sei zum 16.12.18 wegen Überschreitens der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Das Produktionsunternehmen als Betriebsveräußerer und der ArbG als Betriebserwerber seien im Sinne des Gesetzes als derselbe Entleiher anzusehen. Der ArbG meint, im Fall eines Übergangs des Einsatzbetriebs auf einen anderen Inhaber beginne die Überlassungshöchstdauer neu zu laufen. Dies gelte auch, wenn der Leih-ArbN nach dem Übergang des Betriebs unverändert auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt werde. Zudem sei die gesetzlich zulässige Überlassungshöchstdauer aufgrund Tarifvertrags durch Betriebsvereinbarungen auf zuletzt 48 Monate verlängert worden.

2. Entscheidungen der Gerichte

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung des ArbN stellte das LAG Hamm (18.10.23, 10 Sa 353/23) u. a. fest, dass zwischen den Parteien seit dem 16.6.21 ein Arbeitsverhältnis besteht. Der 9. Senat des BAG (1.10.24, 9 aZR 264/23 (A)) setzte das Verfahren aus und ersuchte den EuGH nach Art. 267 AEUV zur Klärung von Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2008/104/EG. Der Senat fragt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei der Berechnung der Überlassungsdauer im Fall eines Betriebsübergangs Veräußerer und Erwerber als ein „entleihendes Unternehmen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie anzusehen sind. Davon hänge es ab, ob das Arbeitsverhältnis mit dem ArbG 18 Monate nach der Überlassung des ArbN zum 16.12.18 oder erst 18 Monate nach dem Betriebsteilübergang zum 1.1.20 zustande gekommen sei. Auf die abweichend vom Gesetz nach dem Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit für die Metall- und Elektroindustrie NRW zulässige Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten könne sich der ArbG nicht berufen. Er unterhalte keinen Hilfs- oder Nebenbetrieb, der dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrags unterliege. Die anfallenden Logistiktätigkeiten seien nicht Teil des Fertigungsprozesses.

AUSGABE: AA 11/2024, S. 190 · ID: 50207207

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