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BeamtenrechtCannabis, Tattoos, WhatsApp-Posts = Dienstliche Gefahren für Polizeibeamte im Check, Teil 1
| Die Meldungen um Polizeibeamte, die rassistische Posts verbreiten oder Cannabis rauchen, oder Bewerber, die Tattoos tragen, reißen nicht ab. Einmal mehr lohnt es sich daher, einen Blick auf die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Themenbereich zu werfen. Der erste Teil der Übersicht beschäftigt sich daher vor allem mit Cannabis, Posts in sozialen Netzwerken und sonstigen außerdienstlichen Meinungskundgebungen. |
Rechtsprechungsübersicht / Dienstliche Gefahren für Polizeibeamte im Check | |
Zu viel Cannabis im Blut | Ein Bewerber für den Polizeidienst, in dessen Blut bei einer Untersuchung Cannabiskonsum nachgewiesen wurde, hat keinen Anspruch auf Einstellung (VG Berlin 4.7.18, VG 26 L 130/18). Der 40-jährige Antragsteller bewarb sich um seine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst. Eine Blutuntersuchung ergab einen Wert von 300 ng/ml THC-Carbonsäure, ein Cannabis-Abbauprodukt. Deshalb lehnte der Polizeipräsident die Einstellung ab. Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst setze die umfassende Eignung eines Bewerbers voraus. Dies habe die Behörde, der ein weiter Einschätzungsspielraum zustehe, hier zu Recht verneint, so das Gericht. Denn Cannabiskonsum könne die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Zweifel ziehen. Dies zähle aber zu den Aufgaben von Polizeivollzugsbeamten, sodass ein solcher Bewerber nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig sei, wenn der Konsum weniger als ein Jahr zurückliege. Angesichts der festgestellten Blutwerte sei die Behauptung des Antragstellers, kein Konsument zu sein, nicht glaubhaft. (Wie sieht das jetzt mit der neuen Cannabis-Regelung aus? siehe Praxistipp 1 am Ende des Beitrags). |
Dienstgeheimnisse verraten | Das LG Lübeck (19.10.22, 9 KLs 590 Js 45736/19 (2)) verurteilte einen Polizeibeamten unter anderem wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses, des unerlaubten Verarbeitens personenbezogener Daten und Verletzung von Privatgeheimnissen. Er habe mehrfach einen befreundeten Journalisten über aktuelle Fahndungs- und Ermittlungsmaßnahmen, über Disziplinar- und Mitbestimmungsverfahren und andere polizeiinterne Vorgänge, die ihm dienstlich oder als Mitglied des Hauptpersonalrats der Landespolizei und des Vorstands einer Polizeigewerkschaft bekannt geworden waren, informiert. Er habe dabei in vielen Fällen die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft kritisieren und dem öffentlichen Ansehen missliebiger Personen innerhalb der Polizeiführung schaden wollen. Der BGH (15.2.24, 5 StR 283/23) hob das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft teilweise auf, weil die Nachprüfung den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler ergeben habe; die Revision der Staatsanwaltschaft hat ganz überwiegend Erfolg. |
Polizeikritische Social Media-Postings verschickt | Das VG Hannover (6.3.24, 2 B 512/24; 2 A 5953/23) lehnte den Eilantrag einer Polizeikommissar-Anwärterin gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ab. Verschiedene Posts der Polizistin in den sozialen Medien, in denen zum Teil deutliche Kritik an der Polizei zum Ausdruck kam, waren der Hintergrund. Die Polizeiakademie begründete ihre Entlassung damit, dass begründete Zweifel an ihrer Eignung für den Polizeiberuf bestünden. Die Kammer war der Ansicht, dass das von der Antragstellerin gezeigte Verhalten in seiner Gesamtheit ein schwerwiegendes inner- und außerdienstliches Fehlverhalten aufweise. Sie habe mit ihrem Engagement deutlich die Grenzen des beamtenrechtlichen Mäßigungsgebots überschritten und gegen die ihr obliegende Neutralitätspflicht verstoßen. Ihr Agieren sei nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt. |
TikTok: polizeiliche Themen behandelt | Das OVG Berlin-Brandenburg (17.4.23, OVG 4 S 4/23, Abruf-Nr. 236358 in AA 23,139) bestätigte, dass eine Nebentätigkeit durch die Dienstbehörde verboten werden kann, wenn ein Polizeibeamter außerhalb des Dienstes einen Internetauftritt betreibt, in dem er erkennbar als Polizist polizeiliche Themen behandelt. |
Rechtsprechungsübersicht / Dienstliche Gefahren für Polizeibeamte im Check | |
I: Diskriminierende und rassistische WhatsApp-Posts versendet | Ein Polizeikommissar auf Probe, der diskriminierende, antisemitische, rassistische, menschenverachtende sowie frauen- und behindertenfeindliche und gewaltverherrlichende Sticker in WhatsApp-Gruppen hochlädt, kann aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werden (VG Koblenz 20.2.24, 5 K 733/23.KO, PKH-Beschluss 15.11.23, 5 K 733/23.KO). Er gab an, aus dem Kontext der Sticker werde deutlich, dass es sich nur um „schwarzen Humor“ handele; der Inhalt der Sticker entspreche in keiner Weise seiner inneren Haltung. Das Gericht betonte, es sei unerheblich, ob die vom Polizisten verwandten „Sticker“ tatsächlich Ausdruck seiner Gesinnung seien. Er müsse diese so gegen sich gelten lassen, wie sie aus Sicht eines objektiven Betrachters zu verstehen seien. Es werde deutlich, dass er sich seiner beamtenrechtlichen Pflichten nicht einmal ansatzweise bewusst sei. Ihm fehle erkennbar die erforderliche charakterliche Reife und Stabilität für das Amt eines Polizeivollzugsbeamten. Zudem sei er wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, u. a. in Tateinheit mit Volksverhetzung, schuldig gesprochen worden. |
II: Diskriminierende und rassistische WhatsApp-Posts versendet | Das VG Düsseldorf (25.7.23, 2 K 8330/22 und 2 K 2957/23, Abruf-Nr. 236878) bestätigte in zwei Verfahren die Entlassung zweier Polizeianwärter nach rechtsextremen Äußerungen in Chats. Im ersten Fall ging es um einen Kommissaranwärter, der während seines Vorbereitungsdiensts ausländerfeindliche und das NS-Unrechtsregime verharmlosende Nachrichten in einer Chatgruppe verbreitete. Die Chatgruppe bestand aus Teilnehmern eines Ausbildungskurses an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung. Das Gericht bestätigte dem Dienstherrn, es bestünden erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung des Anwärters für den Polizeivollzugsdienst. Im zweiten Fall hatte ein 21-jähriger Polizeibeamter als 17-jähriger – und damit vor seiner Zeit als Polizei-Azubi – in einer WhatsApp-Gruppe zwei Bilder verbreitet, die Anspielungen auf farbige bzw. jüdische Menschen enthielten. Ebenso wie im obigen Fall wurde während eines gegen einen Dritten geführten Ermittlungsverfahrens eine Chatgruppe gefunden, deren Mitglied er war. Die von Polizeibeamten geforderte charakterliche Grundeinstellung beginne nicht erst mit dem Eintritt in den Polizeivollzugsdienst. Das VG bestätigte die Entlassung: Das Verhalten des Polizeibeamten sei mit den Anforderungen, die der Beruf erfordere, nicht vereinbar. |
III: Diskriminierende und rassistische WhatsApp-Posts versendet | Das OVG Berlin-Brandenburg (27.7.23, OVG 4 S 11/23) bestätigte die Entscheidung der Polizei Berlin, einen 21-jährigen Kriminalkommissaranwärter aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen. Der Polizeibeamte verfolgte viele Internetbeiträge der „Neuen Rechten“ und likete mehrere. Die Beiträge enthielten Schmähungen von Muslimen, Gleichsetzungen von Coronaschutzmaßnahmen mit der Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus und die Verächtlichmachung von deutschen Repräsentanten. |
Keine Suspendierung wegen rechtsextremer Chatnachrichten | Die Suspendierung einer Polizeibeamtin wegen rechtsextremer Chatnachrichten war rechtswidrig. Die 21-Jährige befindet sich im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Sie wandte sich an ihre Dienststellenleitung und gab an, sie habe auf ihrem Smartphone gespeicherte Nachrichten in mehreren WhatsApp-Gruppen mit einzelnen problematischen Bilddateien und Stickern. Drei von vier betroffenen Chatgruppen gehörten ausschließlich Kommissaranwärter an. Das Polizeipräsidium suspendierte nur sie. Das VG Düsseldorf hielt dies für rechtmäßig. Das OVG Düsseldorf (26.3.21 6 B 2055/20) sah das anders. Ja, ein Kommissaranwärter, der derartige Inhalte versende oder zustimmend kommentiere, begründe regelmäßig Zweifel an seiner charakterlichen Eignung und könne entlassen werden. Dieser Fall liege jedoch anders. Die Polizeibeamtin habe die Bilder weder selbst verbreitet noch kommentiert. Wegen der großen Zahl von WhatsApp-Nachrichten (337.525 in 790 Chats) bzw. Bilddateien (172.214) könne ihr auch geglaubt werden, dass sie die acht inakzeptablen Nachrichten erst wahrgenommen habe, nachdem sie ihr Smartphone durchsucht habe. Während sie als Hinweisgeberin suspendiert worden sei und entlassen werden sollte, seien gegen die anderen Kommissaranwärter aus den Chatgruppen keine Maßnahmen ergriffen worden. Erst auf Nachfrage des Senats im Beschwerdeverfahren habe das Polizeipräsidium erklärt, nun Disziplinarverfahren eingeleitet zu haben. |
Rechtsprechungsübersicht / Dienstliche Gefahren für Polizeibeamte im Check | |
I: Tätowierungen „Loyalty, Honor, Respect“ und „Family“ | Ein Bewerber, bei dem wegen des konkreten Inhalts und der Ausgestaltung seiner (nicht sichtbaren) Tätowierung Zweifel an der charakterlichen Eignung bestehen, hat keinen Anspruch auf Einstellung als Polizeibeamter (OVG Rheinland-Pfalz 8.12.22, 2 B 10974/22.OVG). Während des Einstellungsverfahrens wurde bekannt, dass auf dem Rücken des Bewerbers über die gesamte Schulterbreite die Worte „Loyalty“, „Honor“, „Respect“ und „Family“ in der Schriftart „Old English“ eintätowiert sind. Die Hochschule lehnte eine Einstellung mit Verweis auf bestehende Zweifel an der charakterlichen Eignung ab. Die einstweilige Anordnung auf vorläufige Einstellung in den Polizeidienst lehnte das VG Trier ab. Das OVG bestätigte die Entscheidung. Das Schriftbild der Tätowierung habe in Gestalt der konkret gewählten Schriftart „Old English“ Ähnlichkeiten zum Schriftzug der verfassungsfeindlichen und in Deutschland verbotenen Gruppierung „blood and honour“. Zudem finde die Wortwahl eine weitgehende Entsprechung in Inhalten der zerschlagenen rechtsextremistischen Gruppierung „Oldschool Society“. Auch die Kombination von Schriftart und Inhalt der Tätowierung begründeten Zweifel daran, ob der Träger für die Wahrung der Freiheitsrechte der Bürger und die Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln uneingeschränkt einstehe. Als lebensfremd stelle sich die Erklärung dar, der Bewerber habe die Schriftart „Old English“ u. a. ausgesucht, weil er sich privat für die Geschichte des „britischen Imperiums“ interessiere und er dort Verwandtschaft habe. Es stelle sich die Frage, warum der Antragsteller dann bei der Ausgestaltung seiner Tätowierung die amerikanische statt die englische Schreibweise („honor“ statt „honour“) gewählt habe. (Ist eine Tätowierung stets ein Hindernis bei der Einstellung? siehe Praxistipp 2) |
II: Tätowierung „omerta“, Patronen und Totenköpfe | Art und Inhalt einer Tätowierung können Zweifel an der Verfassungstreue begründen, sodass eine Bewerbung abgelehnt werden kann (LAG Berlin-Brandenburg (25.4.2019, 5 Ta 730/19). Das Wort „omerta“, die Revolverpatronen und Totenköpfe begründeten Zweifel daran, dass der Kläger als Mitarbeiter des Objektschutzes dem in der Verfassung enthaltenen Rechtsstaatsprinzip nach Recht und Gesetz handeln werde. Ob der Bewerber tatsächlich verfassungstreu sei, sei ohne Belang. Es komme auf die Sicht des Betrachters an. |
III: Tätowierung mit Frauen- schädeln | Das OVG Berlin-Brandenburg (1.2.19, OVG 4 S 52/18, Abruf-Nr. 208362) entschied, das Tätowierungen bei jungen Menschen weit verbreitet und „in der Mitte der Bevölkerung angekommen“ seien. Es obliege deswegen dem Berliner Gesetzgeber, in Grundzügen zu regeln, ob Tätowierungen, die beim Tragen von Uniform sichtbar oder auch unsichtbar seien, nach Größe und Gegenstand der Darstellungen mit den Anforderungen an Polizeibeamte und mit den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung an die Polizei vereinbar seien. Die Debatte dürfe von der Polizeibehörde nicht vorweggenommen werden. Behördliche Ablehnungen seien nur erlaubt, wenn aufgrund der Tätowierungen Zweifel bestünden, ob die Bewerber für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten würden. |
IV: Tätowierung zeigt Göttin Diana mit entblößten Brüsten | Es ist gut vertretbar, dass eine solche Abbildung auf dem Unterarm eines Mitarbeiters des Polizeipräsidenten von Bürgern als sexistisch wahrgenommen werden könnte (Arbeitsgericht Berlin 3.4.18, 58 Ga 4429/18, Abruf-Nr. 200722). Zwar hatte die Berliner Polizei ihre Einstellungspraxis bei Tätowierungen gelockert. Sie hatte auch im Dienst sichtbare Tattoos teilweise für zulässig erachtet, sofern diese mit den Anforderungen an das Auftreten und die Neutralität der Dienstkräfte in der Öffentlichkeit vereinbar sind. Das VG Düsseldorf (24.8.17, 2 L 3279/17, Abruf-Nr. 196312, AA 17, 183) entschied zugunsten eines tätowierten Bewerbers. Ausnahme: Ein Tattoo bildet gewaltverherrlichende Motive ab (so BVerwG 17.11.17, 2 C 25.17, Abruf-Nr. 197778, AA 18, 19). |
V: Tätowierung am Unterarm mit einem Schlangenkopf der in eine Hand beißt | Nein, damit hatte das VG Aachen (25.9.23, 1 L 832/23, Abruf-Nr. 238696) keine Probleme. Der Bewerber könne im Eilverfahren zwar nicht seine Einstellung verlangen. Er habe aber einen Anspruch auf erneute Prüfung seiner Bewerbung. Sofern einer Tätowierung kein in seinem Deutungsgehalt eindeutiger, die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung infrage stellender Inhalt zukomme, bedürfe es weiterer Anhaltspunkte. Andere solche Umstände, die Zweifel an der charakterlichen Eignung des Bewerbers begründen könnten, habe das Land nicht vorgebracht. Sie seien auch nicht erkennbar. |
Rechtsprechungsübersicht / Dienstliche Gefahren für Polizeibeamte im Check | |
Heimliche Aufnahmen eines Gesprächs | Die heimliche Aufzeichnung eines Gesprächs mit einem Landesbediensteten erfüllt den Straftatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Worts. Es zeigt, dass es dem Kommissaranwärter an der gerade für den Polizeivollzugsdienst erforderlichen Bereitschaft, die Rechtsordnung einzuhalten, sowie der nötigen Aufrichtigkeit und Loyalität fehlt (OVG Münster 1.6.23, 6 A 383/20, Abruf-Nr. 235790). Zudem könne erwartet werden, dass er gerade gegenüber dem Dienstherrn jederzeit wahrheitsgemäße und verlässliche Angaben mache. Stattdessen habe er im Rahmen des Verfahrens um die Anerkennung eines Dienstunfalls den Unfallhergang mehrfach in ganz unterschiedlicher Weise dargestellt. |
Beleidigung von Ausländern im Dienst und Äußerungen reichsbürgertypischer Ansichten | Ja, dies kann eine Entlassung rechtfertigen (VG München 5.7.22, M 19 L DK 21.3728, Abruf-Nr. 234877). Hierin liege eine besonders schwere Dienstpflichtverletzung. Das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gehöre zu den zentralen beamtenrechtlichen Grundpflichten. Es sei im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in den demokratischen Rechtsstaat daher von den Beamten besonders zu beachten. Gerade von diesen seien jeglicher Anschein der Identifikation mit ausländerfeindlichem, rassistischem, nationalistischem oder reichsbürgertypischem Gedankengut zu vermeiden. |
Bewerber 166 cm groß | Eine Mindestkörpergröße von 168 cm für männliche Bewerber für den Polizeivollzugsdienst festzulegen, ist rechtswidrig. Ein Mann mit einer Größe von 166 cm bewarb sich für die Ausbildung. Mit Hinweis auf die Erlasslage in NRW, wonach die Mindestkörpergröße bei Männern 168 cm beträgt, wurde er vom Auswahlverfahren ausgeschlossen. Das VG Gelsenkirchen gab der Klage statt. Die Berufung vor dem OVG NRW (21.9.17, 6 A 916/16, Abruf-Nr. 197783) war erfolglos. Nach dem im GG verankerten Leistungsgrundsatz dürfe der Zugang zum Beamtenverhältnis allein von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abhängen. Mit der höheren Mindestgröße für Männer konkretisiere das Land aber nicht Anforderungen an die körperliche Eignung, die es allgemein ab 163 cm für gegeben halte, sondern beabsichtige einen „Vorteilsausgleich“, um eine Benachteiligung von Frauen zu vermeiden. Den Leistungsgrundsatz einerseits und die Chancengleichheit von Frauen und Männern andererseits abzuwägen, sei dem Gesetzgeber vorbehalten. |
Praxistipp 1 | Die Gewerkschaft der Polizei Berlin schreibt auf ihrer Website : „Per Gesetz kann es ab 1. April genau genommen keine dienstrechtlichen Folgen mehr haben, wenn ein Beamter in seiner Freizeit einen Joint raucht. Wie gehen wir aber damit um, wenn er mit THC im Blut ohne Ausfallerscheinungen im Dienst in einen Unfall verwickelt ist? Wir erwarten, dass die Behördenleitung von jeglichen Disziplinarmaßnahmen absieht, ehe es hier klare Richtlinien gibt. Wir dürfen nicht vergessen, dass schon der kleinste Zweifel an der Tauglichkeit bzw. Fehlverhalten zur Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Probe führen kann. Wir alle haben das gesellschaftliche Idealbild eines Polizeibeamten vor Augen … Nur sollte sich unsere Gesellschaft auch klar darüber sein, dass wir auch ein ganz normales Privatleben mit allen Rechten und Pflichten haben. Für uns steht erst einmal fest: Wenn jeder in unserem Land legal kiffen darf, muss das auch für Polizisten möglich sein, natürlich nur außerhalb des Dienstes.“ |
Praxistipp 2 | Aus dem Tragen einer Tätowierung als solcher ergibt sich heute nicht automatisch ein Pflichtverstoß. Vielmehr hat sich ein Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der Gesellschaft herrschen und darf sich dem Wandel der Zeit nicht verschließen. Daher kann ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon allein deshalb untersagt werden, weil es der Dienstherr ungeachtet der gewandelten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hätte. Erst recht lasse das Vorhandensein von Tätowierungen nicht (mehr) auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu schließen. Eine andere Beurteilung könne sich aber aus dem konkreten Inhalt und der Ausgestaltung der Tätowierung ergeben (so OVG Rheinland-Pfalz 8.12.22, 2 B 10974/22.OVG). |
AUSGABE: AA 5/2024, S. 83 · ID: 49999674