Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Feb. 2024 abgeschlossen.
Auskunft nach DSGVOKeine Entschädigung in Höhe von 10.000 EUR für eine verspätete und unvollständige Auskunft
| Für eine verspätete und unvollständige Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO gibt es keine 10.000 EUR aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Ein Kontrollverlust reicht insofern für den Schaden nicht. |
Sachverhalt
Der ArbN war vom 1.12.16 bis zum 31.12.16 beim Kundenservice eines Immobilienunternehmens, dem ArbG, beschäftigt. Bereits im Jahre 2020 hatte er einen Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO gestellt, den der ArbG beantwortet hatte.
Mit Schreiben vom 1.10.22, das dem ArbG an diesem Tag zuging, verlangte er erneut Auskunft und eine Datenkopie auf der Grundlage von Art. 15 DSGVO. Er setzte eine Frist bis zum 16.10.22. Als der ArbG nicht antwortete, erinnerte der ArbN mit Schreiben vom 21.10.22 mit weiterer Fristsetzung bis zum 31.10.22. Die ihm mit Schreiben vom 27.10.22 erteilte Auskunft rügte der Kläger mit Schreiben vom 4.11.22 als verspätetet und inhaltlich mangelhaft. Es fehlten die konkreten Angaben zur Dauer der Datenspeicherung und die namentlich bezeichneten Empfänger seiner Daten. Außerdem sei die Datenkopie unvollständig. Mit Schreiben vom 11.11.22 teilte der ArbG mit, dass die Angaben zu den Datenempfängern die Betroffenen in der Regel nicht interessierten und daher nur kategorisiert mitgeteilt worden seien. Zudem konkretisierte sie die Angaben zur Speicherdauer und die Datenkopie. Mit Schreiben vom 18.11.22 verlangte der ArbN erneut die namentliche Nennung der Empfänger und auch nähere Angaben zur Speicherdauer. Die Datenkopie sei weiterhin unzureichend. Der ArbG konkretisierte die Informationen mit Schreiben vom 1.12.22.
Der ArbN verlangte vom ArbG gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine Geldentschädigung nach Ermessen des Gerichts, die 2.000 EUR nicht unterschreiten sollte, weil sein Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO durch den ArbG mehrfach verletzt worden sei. Dieser hat dem widersprochen, weil es unter anderem bereits an einem immateriellen Schaden des ArbN fehle. Das ArbG Duisburg (23.3.23, 3 Ca 44/23), gab der Klage statt. Es sprach dem ArbN eine Geldentschädigung von 10.000 EUR zu.
Entscheidungsgründe
Die 3. Kammer des LAG Düsseldorf (28.11.23, 3 Sa 285/23, Abruf-Nr. 239205) wies die Klage vollständig ab. Es treffe zwar zu, dass der ArbG gegen Art. 12 Abs. 3 DSGVO und Art. 15 DSGVO verstoßen habe. Er habe die Auskunft nicht fristgerecht und anfangs unvollständig erteilt. Eine vollständige Auskunft habe erst am 1.12.22, also sechs Wochen nach Ablauf der vom ArbN gesetzten Frist vorgelegen. Dies begründe indes aus zwei Gründen keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO:
- Ein Verstoß gegen Art. 15 DSGVO falle nicht in den Anwendungsbereich von Art. 82 DSGVO. Die Vorschrift setze haftungsbegründend eine gegen die DSGVO verstoßende Datenverarbeitung voraus. Daran fehle es bei der bloßen Verletzung der Auskunftspflicht aus Art. 15 DSGVO – sei es, dass diese verzögert oder anfangs unvollständig erfüllt werde.LAG: Auskunft nach Art. 15 DSGVO fällt nicht in den Bereich des Art. 82 DSGVO
- Unabhängig davon setze Art. 82 DSGVO für einen Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen eines immateriellen Schadens mehr als einen bloßen Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO voraus. Der bloße vom ArbN angeführte Kontrollverlust über die Daten genüge nicht. Er sei mit dem Verstoß gegen Art. 15 DSGVO letztlich identisch. Zu einem weiteren immateriellen Schaden fehlte es an jeglichem konkreten Vortrag des Klägers.
Relevanz für die Praxis
Das LAG hat die Revision zugelassen. 2023 beschäftigte sich der EuGH intensiv mit dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO. Hier ein Überblick.
Rechtsprechungsübersicht / Entscheidungen des EuGH im Jahr 2023 zum Auskunftsersuchen | |
EuGH 12.1.23, C-154/21, Abruf-Nr. 233288 | Werden personenbezogene Daten offengelegt, dann müsse der Verantwortliche über die konkrete Identität des Empfängers Auskunft erteilen. Jeder habe das Recht zu erfahren, an wen seine personenbezogenen Daten weitergegeben werden. Grundsätzlich habe der für die Datenverarbeitung Verantwortliche dabei auf Anfrage des Betroffenen die konkrete Identität des Empfängers der offengelegten Daten mitzuteilen. Lediglich dann, wenn der Empfänger (noch) nicht identifiziert werden könne oder der Antrag offenkundig unbegründet oder exzessiv sei, könne sich die Mitteilung auf die Kategorien der Empfänger beschränken. |
EuGH 4.5.23, C-487/21, NJW 23, 2253 | Das Recht, eine „Kopie“ der personenbezogenen Daten zu erhalten, bedeute, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten ausgefolgt werde. Dieses Recht impliziere das Recht, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken, die diese Daten enthalten, zu erlangen, wenn dies unerlässlich sei, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die DSGVO verliehenen Rechte zu ermöglichen. |
EuGH 22.6.23, C-579/21, NZA 23, 889 | Jedermann hat ein Recht darauf, zu erfahren, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen seine personenbezogenen Daten abgefragt wurden. Die DSGVO sei dahin auszulegen, dass es sich bei Informationen, die Abfragen personenbezogener Daten einer Person betreffen und die sich auf den Zeitpunkt und die Zwecke dieser Vorgänge beziehen, um Informationen handelt, die diese Person von dem Verantwortlichen verlangen darf. Dagegen sehe die DSGVO kein solches Recht in Bezug auf Informationen über ArbN vor, die diese Vorgänge im Einklang mit den Weisungen des Verantwortlichen ausgeführt haben, außer wenn diese Informationen unerlässlich seien, um es der betroffenen Person zu ermöglichen, die ihr durch diese Verordnung verliehenen Rechte wirksam wahrzunehmen, und vorausgesetzt, dass die Rechte und Freiheiten dieser Arbeitnehmer berücksichtigt werden. |
EuGH 26.10.23, C 307/22, Abruf-Nr. 238299 | Ein Patient habe das Recht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten. Der Verantwortliche könne ein solches Entgelt nur dann verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten habe und erneut einen Antrag auf diese stelle. Der Patient sei nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen. Des Weiteren habe der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich sei. Dies schließe Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten. |
AUSGABE: AA 2/2024, S. 22 · ID: 49875785