FeedbackAbschluss-Umfrage
ZRZahnmedizinReport

ZR-Fachgespräch„Der Rauch jeder Zigarette hat Einfluss auf die Mundgesundheit!“

Abo-Inhalt22.04.20254513 Min. Lesedauer

| Rauchen schadet der Mundgesundheit. Was liegt also näher, als dass die zahnärztliche Praxis über die Risiken des Rauchens aufklärt und im Kontext der Raucherentwöhnung ihre besondere Rolle als eine der mit am regelmäßigsten besuchten Arztgruppe wahrnimmt. In diesem Kontext haben wir mit dem Präsidenten der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Herrn Prof. Dr. Christoph Benz über den Beitrag von Zahnärztinnen und Zahnärzten zur Tabakentwöhnung gesprochen und ihn u. a. nach seinen Empfehlungen zu in die Praxisroutine zu integrierenden Maßnahmen und Kommunikation mit den Patienten befragt. |

ZR_Interview_Dr. Benz_Topnews.jpg (Bild: BZÄK - bearbeitet IWW)
Bild vergrößern
Bild: BZÄK - bearbeitet IWW

Redaktion: Herr Professor Benz, wir alle kennen die systemischen Auswirkungen des Rauchens. Bringen wir es aber einmal kurz und knapp auf den Punkt in Bezug auf die orale Situation. Was können Kolleginnen und Kollegen ihren Patienten in wenigen Sätzen sagen, warum ein Rauchstopp für ihre Mundgesundheit wichtig ist?

Benz: Die Mundhöhle ist bekanntlich das Tor zum Körper. Der Rauch jeder einzelnen Zigarette – und damit auch die gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe – passiert dieses Tor, lagert sich auf Zähnen, Zunge und Mundschleimhaut ab und hat dadurch großen Einfluss auf die Mundgesundheit. Tabakkonsum in all seinen Formen ist ein Hauptrisikofaktor für Krebserkrankungen der Lippen, der Mundhöhle, der Zunge, der Speicheldrüsen und des Rachens. Die folgenden prägnanten Sätze eignen sich sehr gut für die Patientenkommunikation:

  • Rauchen ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von Mundkrebs.
  • Rauchen schwächt das Immunsystem und macht das Zahnfleisch anfälliger für Infektionen. Raucher haben ein erhöhtes Risiko für Zahnfleischerkrankungen, bis hin zum Zahnverlust.
  • Rauchen führt zu verzögerter Heilung, denn Rauchen beeinträchtigt die Durchblutung und verzögert die Heilung nach (zahnärztlichen) Eingriffen (Paro-Therapie, Implantologie).
  • Und es ist ein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt.
  • Rauchen führt zu anhaltendem Mundgeruch.
  • Zudem sind die freiliegenden, „langen“ Zahnhälse von Rauchern zusätzlich ein ästhetisches Problem.
  • Nikotin und Teer aus Zigaretten verursachen gelbe oder braune Zähne.

Redaktion: Bei der Aufklärung über die Risiken des Rauchens und die Raucherentwöhnung können Zahnärztinnen und Zahnärzte eine bedeutende Rolle spielen. Wie kann die Raucherentwöhnungsberatung ganz konkret in die Routine der täglichen zahnärztlichen Praxis integriert werden?

Benz: Mehr als 50 Prozent der Raucherinnen und Raucher suchen jährlich eine Zahnarztpraxis auf. Daher bietet sich im Rahmen der zahnärztlichen Prophylaxe eine Möglichkeit, den Patienten auf dem Weg in ein rauchfreies Leben regelmäßig einen Anstoß zu geben.

Die Hauptkompetenz einer Tabakentwöhnung (TE) liegt schwerpunktmäßig natürlich bei entsprechend geschulten Ärzten und Psychotherapeuten. Aber durchschnittlich 90 Prozent der Deutschen gehen immer in dieselbe Zahnarztpraxis. Dieses Vertrauensverhältnis bietet gute Chancen, (mund-)gesundheitsbewusstes Verhalten zu fördern. In der Zahnarztpraxis bietet sich in der Regel eine Minimalintervention im Umfang von wenigen Minuten an (bspw. „5 A“-Modell). Dabei können sowohl Zahnärzte als auch Dentalhygieniker und Prophylaxeassistenten ihre Patienten zu einer Rauchentwöhnung motivieren, einen Rauchstopp adressieren und auf ärztliche und psychotherapeutische Angebote zur TE verweisen. Im Rahmen dieser Kurzintervention kann Informationsmaterial zur Verfügung gestellt werden. Die BZÄK hat z. B. gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) einen entsprechenden Flyer erstellt.

Für die Routine in der täglichen zahnärztlichen Praxis empfehle ich deshalb:

  • Routinefragen: Fragen zur Rauchgewohnheit sollten Teil der Anamnese sein.
  • Aufklärung: Patienten sollten über die spezifischen Risiken des Rauchens für die Mundgesundheit informiert werden.
  • Unterstützung: Zahnärztinnen und Zahnärzte können Informationsmaterialien bereitstellen und auf Entwöhnungsprogramme hinweisen, z. B. „Rauchfrei für Ihre Mundgesundheit“.
  • Nachverfolgung: Regelmäßige Nachfragen zur Rauchgewohnheit bei Kontrollterminen.

Redaktion: Würde sich dafür auch eine spezielle Sprechstunde wie die Diabetes- oder Halitosis-Sprechstunde beim Zahnarzt lohnen und wie kann die Praxis ihre Bemühungen um die Tabakentwöhnung überhaupt (wirtschaftlich) abrechnen?

Benz: Nein, eine spezielle Sprechstunde zur Raucherentwöhnung ist nicht sinnvoll. In der Zahnarztpraxis geht es um kurze Impulse, die zum Rauchstopp animieren sollen. Das kann während der normalen Sprechstunde in Therapiebegleitung oder während der Prophylaxesitzung stattfinden.

Die Krankenkassen erstatten die Tabakentwöhnung zudem bislang nur auf freiwilliger Basis, eine generelle Kostenerstattung ist derzeit weder in der GKV noch in der PKV vorgesehen. Eine (zahn-)ärztliche Abrechnungsmöglichkeit für die Kurzintervention/Raucherberatung wäre also sinnvoll und wird auch gesundheitspolitisch von der BZÄK adressiert.

Redaktion: Wenn die Raucherentwöhnung medikamentös unterstützt werden muss – was darf der Zahnarzt dann an rezeptpflichtigen Medikamenten verschreiben, immerhin liegen diese ja außerhalb der Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten!?

Benz: Zahnärzte können bestimmte Medikamente zur Raucherentwöhnung empfehlen, wie Nikotinersatzprodukte (Pflaster, Kaugummi). Und ja, verschreibungspflichtige Medikamente wie Vareniclin und Bupropion zur Raucherentwöhnung dürfen Zahnärzte in der Regel nicht verschreiben, da nur solche Arzneimittel verordnet werden dürfen, die im Zusammenhang mit einer festgestellten Zahn-, Mund- oder Kiefererkrankung entsprechend § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz (ZHG) stehen.

Redaktion: Gibt es aus Ihrer Sicht schon ausreichend tabakassoziierte Themen in der Fortbildung und wie gut werden diese von den zahnärztlichen Praxen angenommen?

Benz: Es gibt Fortbildungsangebote zu tabakassoziierten Themen, die von zahnärztlichen Praxen auch gut angenommen werden. Diese Fortbildungen umfassen sowohl die gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchens als auch Strategien zur Raucherentwöhnung.

Redaktion: Herr Prof. Benz, vielen Dank für dieses Gespräch!

Infoflyer für Raucherinnen und Raucher zum Download

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) informieren mit einem neuen Flyer gemeinsam zum Thema „Rauchen und Mundgesundheit“. Der Flyer zeigt Raucherinnen und Rauchern die Risiken für ihre Mundgesundheit und die Vorteile des Nichtrauchens auf. Außerdem enthält er hilfreiche Informationen zu einem Rauchstopp. Raucherinnen und Raucher können den Flyer online beim DKFZ (unter Shortlink iww.de/s12730) und der BZÄK (iww.de/s12731) abrufen. Ausführliche Informationen zu Rauchen und Mundgesundheit finden Patienten zudem beim DKFZ unter dem Shortlink iww.de/s12732 sowie bei der BZÄK unter iww.de/s12733.

Praxistipp | Das Praxisteam kann zum Rauchausstieg motivieren, indem es den Raucher auf Veränderungen im Mundraum aufmerksam macht und dabei über die Vorteile der Entwöhnung für die Zahnästhetik und den Erhalt des Parodonts informiert. Bei den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen können die positiven Effekte des Rauchstopps – wie Normalisierung von Zahnfarbe und Speichel – bereits nach kurzer Zeit eindrucksvoll demonstriert werden. Dies kann wesentlich zur Motivation des Patienten beitragen – und die Compliance begünstigen.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: ZR 5/2025, S. 8 · ID: 50357679

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte