FeedbackAbschluss-Umfrage
ZRZahnmedizinReport

Folgen der SuchtZahn- und Mundstatus bei Drogenmissbrauch

Abo-Inhalt14.03.20256 Min. Lesedauer

| Der Konsum von Drogen schadet nicht nur systemisch, sondern auch der Zahn- und Mundgesundheit. Das kann bei harten Drogen in Verbindung mit zuckerhaltiger Ernährung und vernachlässigter Mundhygiene erstaunlich schnell eine ganze Bandbreite von Auswirkungen zeigen. |

Negative Auswirkungen von Cannabis

Eine erste Folge von Cannabiskonsum ist die häufig auftretende Xerostomie [1]. Cannabiskonsum wird zudem mit einem höheren Risiko für Gingivitis und Parodontitis, Karies an den Glattflächen (bei gleichzeitig beobachtetem häufigem Trinken bzw. Verzehr zuckerhaltiger Getränke und Snacks) und Oropharynx-Karzinom in Verbindung gebracht [2-4]. So konnte eine US-amerikanische Studie zeigen, dass im Vergleich zu Nicht- oder nur gelegentlichen Cannabiskonsumenten regelmäßiger Cannabiskonsum mit einem etwa 70 Prozent höheren Risiko an einer schweren Parodontitis zu erkranken, assoziiert war [1]. Es wurden tiefere Sondierungstiefen und mehr klinische Attachmentverluste gemessen. Eine weitere Studie wies auf das erhöhte Auftreten von Pulpitis unter aktiven Cannabiskonsumenten hin [5].

Snus mit hohem Risiko für Schleimhautläsionen

Snus ist ein feucht gehaltener Oraltabak, der zum Konsum portionsweise als Pulver oder im Beutel in das anteriore oder vestibuläre Vestibulum gelegt wird. Über die durch das in Snus enthaltene Salz aufgeraute Mundschleimhaut gelangt der Inhaltsstoff Nikotin ins Blut [6, 7]. Snuskonsum ist mit einem sehr hohen Risiko an Leukoplakie assoziiert: Forscher sprechen von einer 100%igen Inzidenz von nicht neoplastischen stomatologischen Erkrankungen wie leukoplakischen Veränderungen nach langjährigem Snuskonsum [6]. Eine neue Studie beschreibt die Veränderungen als typischerweise weiß, ledrig und lokalisiert an der Stelle, an der der Tabak eingelegt wurde. Darüber hinaus besteht das Risiko eines Plattenepithelkarzinoms, wenngleich aufgrund der unklaren Datenlage noch von einem deutlich geringeren Risiko der malignen Transformation im Vergleich zum regelmäßigen Zigarettenkonsum ausgegangen wird und weitere Untersuchungen bezüglich der Zusammenhänge gefordert werden [8].

Der Meth-Mund

Die Droge Methamphetamin (häufig konsumiert in Form kleiner Kristalle /“Crystal“) wirkt so stark auf die Zähne, dass sich der Name Meth-Mund etabliert hat. Dieser ist gekennzeichnet durch starke Karies (geschwärzte, bröckelnde Zähne) und schmerzhafte Entzündungen des Mundgewebes bis zum Brechen von Zähnen und vollständigem Zahnverlust. Typischerweise haben Meth-Konsumenten auch deutlich mehr fehlende Zähne als Nicht-Konsumenten, besonders wenn das Meth geraucht und nicht injiziert wird. Da Meth zu Mundtrockenheit führt und Meth-Abhängige das Verlangen nach großen Mengen zuckerhaltiger Getränke haben, gleichzeitig aber ihre Mundhygiene mangelhaft ist, wird die Biofilmbildung und damit letztlich die Karies gefördert [9]. Dazu kommt, dass Meth zu einem verringerten pH-Wert des Speichels führt und den Saccharosestoffwechsel von S. mutans weiter ankurbelt. Charakteristisch ist das häufige Auftreten der Karies im zervikalen Bereich, die sich dann auf die bukkalen Glattflächen der Molaren sowie die interproximalen Bereiche der Frontzähne ausbreitet [10]. Auch Erosionen zählen zu den typischen Auswirkungen. Darüber hinaus äußert sich die durch Meth verursachte erhöhte neuromuskuläre Aktivität in Bruxismus, was den Zähnen zusätzlich schadet, auch Kiefersperre, Muskeltrismus und parafunktionelle Kieferaktivität werden beobachtet [9,10].

Kokain wirkt orofazial destruktiv

Der Konsum von Kokain kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Wird das Kokainpulver auf das Zahnfleisch eingerieben, kommt es aufgrund von Gefäßverengung und einer verringerten Blutversorgung im Gewebe zu einer Gewebsnekrose [5]. Findet die Ischämie am harten oder weichen Gaumen statt, kann es dort zur Perforation kommen, die eine oronasale Kommunikation und eine daraus folgende nasale Stimme verursacht bis hin zu Problemen beim Essen und Trinken und einer nasalen Regurgitation. Eine Perforation kann sogar noch Jahre nach dem Drogenkonsum im Zusammenhang mit einer bakteriellen, viralen oder Pilzinfektion entstehen.

Kokain-Abhängige zeigen einen Verlust des Geschmacksinns bis hin zum vollständigen Ausfall (Ageusie). Besonders die süßen, bitteren und salzigen Wahrnehmungen sind betroffen. Da eine der wichtigsten Arten der Kokainaufnahme die intranasale Verabreichung ist, kann es auch zu einer Perforation der Nasenscheidewand, Veränderungen des Geruchssinns und chronischer Sinusitis kommen. Als weitere orale Auswirkungen von Kokainmissbrauch werden Kiefergelenkserkrankungen (TMD), Prädisposition für Parodontalerkrankungen, hauptsächlich Gingivitis, Mundtrockenheit, Karies (aufgrund der vernachlässigten Mundhygiene, vermindertem Speichelfluss und Mundtrockenheit), Erosion und Abrasion genannt. Studien zufolge treten am häufigsten die Gaumenperforation, Bruxismus, parodontale Probleme und Karies auf [11].

Heroin mit Karies und Parodontitis vergesellschaftet

Heroin wird sehr häufig intravenös gespritzt, es wird aber auch über die Nase oder oral aufgenommen oder geraucht, etwa durch Erhitzen auf Metallfolie und anschließendes Inhalieren. Als halbsynthetisches Opioid führt es vor allem zu Karies und Parodontitis [12]. Die Karies tritt insbesondere großflächig im zervikalen Bereich auf, ebenso auf den bukkalen und labialen Oberflächen und wird als dunkler im Vergleich zur Karies bei „herkömmlichen“ Patienten beschrieben [5]. Heroin wirkt (allerdings nicht schwerwiegend) xerostomisch, außerdem stark analgetisch [12]. Deshalb werden (Zahn-)Schmerzen auch durch den Konsum unterdrückt, sodass Heroinabhängige erst sehr spät in der zahnärztlichen Praxis vorstellig werden. Auch eine orale Candidose wird häufig beobachtet, Schleimhautdysplasie und Bruxismus sind weitere typische orale Erkrankungen eines Heroinsüchtigen.

Faktoren, die mit dem veränderten Lebensstil der Abhängigen zusammenhängen, wie schlechte Mundhygiene und Ernährung (Verlangen nach süßen Lebensmitteln und Getränken durch die Modulation entsprechender Rezeptoren durch die Droge [12]) oder auch ein eingeschränkter Zugang zur zahnärztlichen Versorgung, verstärken die Verschlechterung der Mundgesundheit [13].

Mundgesundheitsprobleme auch bei Halluzinogenen

Der Konsum von Halluzinogenen wie Ecstasy und LSD (Lysergsäurediethylamid) hat Mundtrockenheit und Bruxismus mit Schmerzen im Kiefergelenk zur Folge. Der Ecstasy-induzierte Zahnverschleiß durch Knirschen und Pressen wird häufiger an den Okklusalflächen der Molaren als an den Schneidekanten der Frontzähne beobachtet. Das Trinken großer Mengen kohlensäurehaltiger Getränke, um das Gefühl von Mundtrockenheit nach dem Drogenkonsum loszuwerden, kann Zahnkaries und Zahnerosion bedingen. Wird Ecstasy topisch angewendet, besteht die Gefahr einer oralen Gewebenekrose [5].

Quellen
  • [1] Shariff JA, Ahluwalia KP, Papapanou PN. Relationship Between Frequent Recreational Cannabis (Marijuana and Hashish) Use and Periodontitis in Adults in the United States: National Health and Nutrition Examination Survey 2011 to 2012. J Periodontol. 2017 Mar;88(3):273-280. doi.org/10.1902/jop.2016.160370.
  • [2] Bellocchio L, Inchingolo AD, Inchingolo AM, Lorusso F, Malcangi G, Santacroce L, Scarano A, Bordea IR, Hazballa D, D‘Oria MT, Isacco CG, Nucci L, Serpico R, Tartaglia GM, Giovanniello D, Contaldo M, Farronato M, Dipalma G, Inchingolo F. Cannabinoids Drugs and Oral Health-From Recreational Side-Effects to Medicinal Purposes: A Systematic Review. Int J Mol Sci. 2021 Aug 3;22(15):8329. doi.org/10.3390/ijms22158329.
  • [3] Le A, Khoo E, Palamar JJ. Associations between Oral Health and Cannabis Use among Adolescents and Young Adults: Implications for Orthodontists. Int J Environ Res Public Health. 2022 Nov 18;19(22):15261. doi.org/10.3390/ijerph192215261.
  • [4] Lipsky MS, Su S, Crespo CJ, Hung M. Men and Oral Health: A Review of Sex and Gender Differences. American Journal of Men‘s Health (Sage Journals). Volume 15, Issue 3, May-June 2021. doi.org/10.1177/15579883211016361.
  • [5] Shekarchizadeh H, Khami MR, Mohebbi SZ, Ekhtiari H, Virtanen JI. Oral Health of Drug Abusers: A Review of Health Effects and Care. Iran J Public Health. 2013 Sep;42(9):929-40.
  • [6] Sieber AL, Jeyakumar J, Bornstein MM, Ramseier CA. Snus und die Beeinträchtigungen der Mundgesundheit. SWISS DENTAL JOURNAL SSO 2016; 126 (9):799-805. iww.de/s8153.
  • [7] Menzel P. Sports Dentistry. Zusammenhänge zwischen Sport und Zahnmedizin. Zahnmedizinische Kliniken, Universität Bern. iww.de/s12435.
  • [8] Miluna S, Melderis R, Briuka L, Skadins I, Broks R, Kroica J, Rostoka D. The Correlation of Swedish Snus, Nicotine Pouches and Other Tobacco Products with Oral Mucosal Health and Salivary Biomarkers Dentistry Journal 2022; 10(8):154. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36005252.
  • [9] Alqarni H, Aldghim A, Alkahtani R, Alshahrani N, Altoman MS, Alfaifi MA, Helmi M, Alzaid AA. Crystal methamphetamine and its effects on mental and oral health: A narrative review. Saudi Dent J. 2024 May;36(5):665-673. doi.org/10.1016/j.sdentj.2024.02.011.
  • [10] Lee HH, Sudhakara P, Desai S, Miranda K, Martinez LR. Understanding the Basis of METH Mouth Using a Rodent Model of Methamphetamine Injection, Sugar Consumption, and Streptococcus mutans Infection. mBio. 2021 Mar 9;12(2):e03534-20. doi: 10.1128/mBio.03534-20. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688011.
  • [11] Melo CAA, Guimarães HRG, Medeiros RCF, Souza GCA, Santos PBDD, Tôrres ACSP. Oral changes in cocaine abusers: an integrative review. Braz J Otorhinolaryngol. 2022 Jul-Aug;88(4):633-641. doi.org/10.1016/j.bjorl.2021.04.011.
  • [12] Titsas A, Ferguson MM. Impact of opioid use on dentistry. Australian Dental Jounral 2002; 47(2): 94-98. iww.de/s12436.
  • [13] Abed H, Hassona Y. Oral healthcare management in heroin and methadone users. Br Dent J. 2019 Apr;226(8):563-567. doi: 10.1038/s41415-019-0206-x. PMID: 31028320. doi.org/10.1038/s41415-019-0206-x.

AUSGABE: ZR 3/2025, S. 18 · ID: 50294703

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte