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CME-BeitragSSRI und Implantatversagen: Studien sprechen für einen Zusammenhang
| Die Osseointegration von Implantaten hängt stark von der Qualität des Empfängerknochens ab. Offenbar haben selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) einen negativen Effekt auf die Knochenbildung und somit könnten sie auch Einfluss auf die Überlebensrate von dentalen Implantaten haben. Behandler*innen sollten ob der recht weiten Verbreitung von SSRIs diese Medikation bei der Therapieplanung berücksichtigen. |
Wirkungsweise von SSRIs
SSRIs verhindern die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt in die präsynaptischen Nervenenden. Das erhöht die Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt und verbessert die serotonerge Signalübertragung im ZNS. U. a. wird ein Serotonin-Mangel für eine Depression verantwortlich gemacht. Depressionen wurden in Studien schon mit erniedrigter Knochenmasse in Verbindung gebracht, SSRIs mit Knochenschwund. Osteozyten, Osteoblasten und -klasten haben Serotonin-Rezeptoren, die mittels SSRIs aktiviert werden können und ihre Funktion verändern. Daher rührt vermutlich der Zusammenhang, dass SSRIs einen negativen Effekt auf die Osseointegration von Implantaten haben könnten.
SSRI- und SNRI-Einnahme mit Implantatversagen vergesellschaftet
Studien haben bisher eine Assoziation zwischen der Einnahme von Antidepressiva (im Besonderen SSRI) und der Osseointegration von Implantaten dargelegt. Eine retrospektive Studie aus Indien [1] hat jetzt gezeigt, dass es in der Gruppe von Patienten, die SSRIs einnahmen, zu signifikant mehr Implantatversagen kam (26 % der Implantate in der Altersgruppe > 50 Jahre) als in der Gruppe mit Patienten, die keine SSRIs einnahmen (10,4 %). In der Altersgruppe unter 50 Jahre glichen sich die Resultate in den beiden Patientengruppen allerdings an (6 % vs. 4,2 %).
Eine weitere retrospektive klinische Studie hat gezeigt, dass Patienten, die SNRIs (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) und Trizyklische Antidepressiva einnahmen, ein höheres Risiko für ein Implantatversagen hatten als Patienten, die diese Medikamente nicht einnahmen [2].
Ein systematisches Review mit Metaanalyse mit fünf eingeschlossenen Studien (2.056 Patienten mit insgesamt 5302 Implantaten) zu diesem Thema stellte ebenfalls ein erhöhtes Risiko für ein Implantatversagen in der Gruppe der Antidepressiva-Patienten fest (risk ratio of 3.73). Ausreichende Beweise für den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antidepressiva und Komplikationen bei Zahnimplantaten sehen die Studienautoren allerdings nicht, denn die eingeschlossenen Studien hatten methodische Defizite und keine Vereinheitlichung bei den eingenommenen Medikamenten [3].
Das Wichtigste in Kürze |
SSRI-Einnahme steht mit Implantatverlusten im Zusammenhang In retrospektiven Studien ging die Einnahme von SSRIs mit mehr Implantatverlusten einher als bei Patienten, die keine Antidepressiva einnahmen. Ein systematisches Review mit Metaanalyse konnte diesen Zusammenhang ebenfalls unter Hinweis auf die methodischen Schwächen der eingeschlossenen Studien zeigen. Ein Einfluss der SSRIs auf die Knochenzellen (Osteozyten, Osteoblasten und -klasten) wird als Ursache vermutet. Ob möglicherweise Depressionspatienten aufgrund der der Krankheit immanenten Antriebsschwäche weniger ihre Recalltermine eingehalten haben und das schlechtere Outcome daher rühren könnte, floss in die Untersuchungen nicht mit ein. |
- [1] Chandra P, Roy S, Kumari A, Agarwal R, Singh A, Sharan S. Role of selective serotonin reuptake inhibitors in prognosis dental implants: A retrospective study. J Pharm Bioallied Sci. 2021 Jun;13(Suppl 1):S92-S96. doi.org/10.4103/jpbs.JPBS_569_20.Studien im Volltext
- [2] Hakam AE, Vila G, Duarte PM, Mbadu MP, Ai Angary DS, Shuwaikan H, Aukhil I, Neiva R, da Silva HDP, Chang J. Effects of different antidepressant classes on dental implant failure: A retrospective clinical study. J Periodontol. 2021 Feb;92(2):196-204. doi.org/10.1002/JPER.19-0714.
- [3] Silva CCG, Dos Santos MS, Monteiro JLGC, de Aguiar Soares Carneiro SC, do Egito Vasconcelos BC. Is there an association between the use of antidepressants and complications involving dental implants? A systematic review and meta-analysis. Int J Oral Maxillofac Surg. 2021 Jan;50(1):96-103. doi.org/10.1016/j.ijom.2020.03.014.
AUSGABE: ZR 2/2023, S. 12 · ID: 48940174