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DienstwagenBAG stellt klar: Widerruf der privaten Dienstwagennutzung während einer Freistellung möglich

Abo-Inhalt04.08.2025158 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nikolaus Polzer und Rechtsanwältin Jule Sofie Hindahl, Noerr PartGmbB, Düsseldorf

| Ein aktuelles Urteil des BAG schafft Klarheit, dass Sie als Arbeitgeber die private Dienstwagennutzung bei Ihren Mitarbeitern im Vermittlerbetrieb während einer Freistellung widerrufen können. VVP stellt das Urteil vor und liefert am Ende eine vertragliche Widerrufsregelung. |

Um diesen Widerrufsfall ging es beim BAG

In dem Fall stand dem Mitarbeiter ein Dienstwagen zu, den er auch privat nutzen durfte. Darüber hinaus war vertraglich vereinbart, dass die Arbeitgeberin die private Nutzung des Dienstwagens unter anderem dann widerrufen kann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und die Arbeitgeberin den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat. Ein (Entschädigungs-)Anspruch des Mitarbeiters wegen des Entzugs der privaten Nutzung sollte in diesen Fällen nicht bestehen.

Mit Schreiben vom 08.05.2023 kündigte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer ordentlich zum 31.08.2023 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. Zugleich verlangte sie die Rückgabe des Dienstwagens zum 24.05.2023. Dem kam der Arbeitnehmer nach, erhob jedoch Klage und verlangte Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den Entzug des Dienstwagens.

BAG hält arbeitsvertragliche Widerrufsklausel für zulässig

Das BAG hielt die arbeitsvertragliche Regelung, nach der die Arbeitgeberin bei einer berechtigten Freistellung während der Kündigungsfrist die Privatnutzung des Dienstwagens entschädigungslos widerrufen konnte, für wirksam. Die Widerrufsklausel halte einer Prüfung am Maßstab der §§ 305 ff. BGB, also einer AGB-Kontrolle, stand. Sie sei klar und verständlich gefasst (BAG, Urteil vom 12.02.2025, Az. 5 AZR 171/24, Abruf-Nr. 247502).

Bei den Widerrufsgründen müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll. Diesen Anforderungen werde die Widerrufsklausel gerecht. Sie sehe – klar getrennt von anderen Fallgruppen – ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer im Falle einer berechtigten Freistellung nach einer Kündigung mit dem entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens rechnen muss. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist sei zudem auch zumutbar. Der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen, insbesondere entfallen Dienstfahrten mit dem Dienstwagen. Darüber hinaus sei die Regelung einer Ankündigungs- bzw. Auslauffrist in der Widerrufsklausel selbst keine Wirksamkeitsvoraussetzung.

Allerdings kam das BAG zum Ergebnis, dass die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Arbeitgeberin hier nicht billigem Ermessen i. S. v. § 315 BGB entsprochen habe. Im Urteilsfall habe die Arbeitgeberin die finanziellen Auswirkungen der steuerrechtlichen Rechtslage nicht ausreichend berücksichtigt. Hintergrund ist, dass nach § 6 Abs. Nr. 4 EStG im Falle einer Versteuerung über die Ein-Prozent-Regelung der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden kann. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat trägt und damit auch für die Zeit, in der er den Dienstwagen nicht mehr nutzen kann.

Dem Arbeitnehmer stand daher ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum zwischen der Rückgabe des Dienstwagens und dem 31.05.2023 zu, nicht jedoch für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 31.08.2023.

Das sind die Auswirkungen des Urteils auf die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Sie als Arbeitgeber insbesondere für Freistellungen im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsvertrags die Möglichkeit eines Widerrufs der privaten Dienstwagennutzung vorsehen können. Diese Möglichkeit kann auch bei anderen Entgeltbestandteilen im Vermittlerbetrieb, wie z. B. arbeitgeberfinanzierten Job-Rädern, von Bedeutung sein.

Sie sollten eine Widerrufsregelung klar und transparent gestalten und die Widerrufsgründe ausdrücklich benennen. Um den Widerruf rechtmäßig ausüben zu können, ist Voraussetzung, dass der vereinbarte Widerrufsgrund auch tatsächlich vorliegt. Zudem muss die Ausübung des Widerrufs der privaten Dienstwagennutzung billigem Ermessen entsprechen, da andernfalls die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung droht. Der Widerruf bei pauschal versteuerten Dienstwagen sollte deshalb nur zum Ende des Kalendermonats erfolgen.

Eine relativ übersichtliche vertragliche Widerrufsregelung im Arbeitsvertrag bzw. im separaten Dienstwagenüberlassungsvertrag könnte wie folgt lauten:

Musterformulierung / Dienstwagen und vertragliche Widerrufsregelung

  • 1. Der Arbeitgeber ist berechtigt, für die Zukunft das Recht zur privaten Nutzung des Dienstwagens zu widerrufen und die Herausgabe des Dienstwagens zu verlangen, wenn
    • sachliche Gründe vorliegen und
    • sich die regelmäßige Gesamtvergütung des Arbeitnehmers durch den Entzug der privaten Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens um weniger als 25 Prozent verringert.
  • 2. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
    • der Arbeitnehmer den Dienstwagen vertragswidrig nutzt,
    • der Arbeitgeber den Arbeitnehmer berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat,
    • dem Arbeitnehmer die Fahrerlaubnis für die Dauer von mindestens drei Monaten entzogen wird oder
    • der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit übernimmt, bei der er im Gegensatz zur bisherigen Tätigkeit keinen Dienstwagen benötigt.
  • 3. Im Fall des Widerrufs ist der Arbeitnehmer zur unverzüglichen Herausgabe des Dienstwagens samt Schlüssel, Fahrzeugpapieren, Tankkarte und sonstigem Zubehör am Sitz des Arbeitgebers verpflichtet. Ein Anspruch auf eine Entschädigung für die entgangene private Nutzungsmöglichkeit besteht nicht.

AUSGABE: VVP 9/2025, S. 18 · ID: 50492488

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