FeedbackAbschluss-Umfrage

Kfz-VersicherungBGH: Übertragung der Grundsätze zum Werkstattrisiko auf Sachverständigenrisiko

Abo-Inhalt08.05.2024534 Min. Lesedauer

| Paukenschlag! Der VI. Senat des BGH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Erstattung der Sachverständigenkosten nicht mehr fest. Er hat die mit Urteilen vom 16.01.2024 fortentwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf überhöhte Kostenansätze eines Sachverständigen übertragen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat. VVP macht Sie mit den Konsequenzen der Urteile vertraut. |

Der Geschädigte ist selbst der Anspruchsteller

Ist der Geschädigte selbst der Anspruchsteller, hat sich vieles vereinfacht. Außer bei einer laienerkennbar schreiend überhöhten Gutachtenrechnung ist der Geschädigte nun geschützt. Er durfte darauf vertrauen, dass der Schadengutachter schon korrekt abrechnet. Will der Geschädigte diese geschützte Position in der Schadenregulierung umsetzen, muss er aber

  • die Zahlung des Gutachtenkosten-Erstattungsbetrags an den Schadengutachter verlangen;
  • Zug um Zug gegen Abtretung eventueller werkvertraglicher Rückforderungsansprüche gegen den Schadengutachter an den Versicherer.

Dann gehen bis zur Grenze der laienerkennbaren Überhöhung alle „zu teuer-Einwendungen“ des Versicherers ins Leere: Das Sachverständigenrisiko trägt der Schädiger (BGH, Urteil vom 21.03.2024, Az. VI ZR 280/22, Abruf-Nr. 240862). Der BGH benennt unter Rz. 14 diese Situation ausdrücklich als in der Regel nicht laienerkennbar: „Bei einem Kfz-Sachverständigen, der sein Grundhonorar nicht nach Stunden, sondern nach Schadenshöhe berechnet, kommt ein für den Geschädigten nicht erkennbar überhöhter Ansatz beispielsweise auch dann in Betracht, wenn der Gutachter den Schaden unzutreffend zu hoch einschätzt. Diesbezügliche Mehraufwendungen sind dann ebenfalls ersatzfähig, ebenso Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung beziehen.“

Ein Beispiel für die laienerkennbare Überhöhung nennt der BGH selbst: Gibt es eine Preisvereinbarung, entspricht die Rechnung aber nicht der Preisvereinbarung, sondern übersteigt sie, dann sei das laienerkennbar (Rz. 15). Denn „… es trifft den Geschädigten eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.“

Bei Klagen aus abgetretenem Recht bleibt alles beim Alten

Hat sich der Sachverständige die Schadenersatzforderung des Geschädigten in Höhe der Honorarforderung abtreten lassen, kann er sich als Zessionar allerdings nicht auf das Sachverständigenrisiko berufen. Denn die im BGH-Urteil vom 16.01.2024 (Az. VI ZR 239/22, Abruf-Nr. 239197) entwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko gelten entsprechend für den Sachverständigen.

AUSGABE: VVP 6/2024, S. 10 · ID: 50002392

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte