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PensionszusageMehrere Kapitalleistungen über mehr als zwei Veranlagungszeiträume – keine Fünftel-Regelung
| Was passiert, wenn das „Alterskapital“ nicht so, wie in der Pensionszusage vereinbart, ausgezahlt wird, sondern in mehreren Teilzahlungen über mehrere Veranlagungszeiträume? Kann dann die Fünftel-Regelung des § 34 EStG dennoch genutzt werden? Nein, sagt der BFH und verweist auf die gesetzlichen Regelungen. |
Streit um Teilzahlungen und Fünftel-Regelung
In einem Unternehmen bestand für eine Gesellschafterin eine Pensionszusage, die in der zuletzt gültigen Fassung ein Alterskapital in Höhe von 543.000 Euro bei Vollendung des Pensionsalters vorsah. Im Jahr 2016 vollendete die Gesellschafterin das Pensionsalter und schied aus dem Unternehmen aus. Allerdings wurde dann im Jahr 2017 entgegen der Vereinbarung nicht der volle Kapitalbetrag in Höhe von 543.000 Euro an sie ausgezahlt, sondern nur ein Teilbetrag in Höhe von 473.000 Euro, aufgeteilt auf zwei Zahlungen im Februar und April. Die noch ausstehenden 70.000 Euro erhielt sie wiederum in zwei Teilbeträgen, nämlich im Jahr 2018 einen Betrag in Höhe von 55.000 Euro und schließlich im Jahr 2019 die noch offenen 15.000 Euro.
Bei ihrer Steuererklärung für das Jahr 2017 verlangte die Gesellschafterin die Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1, 2 EStG für die Hauptleistung in Höhe von 473.000 Euro. Die Finanzverwaltung lehnte dies ab. Es fehle an der für die Nutzung der Fünftel-Regelung erforderlichen Zusammenballung von Einkünften. Denn die Fünftel-Regelung kommt nur in Betracht, wenn in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten sind. Diese würden nur vorliegen, so die Finanzverwaltung, wenn das Alterskapital als Einmalzahlung im Streitjahr geleistet worden wäre.
Die Gesellschafterin wollte das nicht akzeptieren. Sie erklärte, sie habe mit den ausstehenden 70.000 Euro ihrem Arbeitgeber sozusagen ein Darlehen gegeben. Sie habe ihn zudem mehrfach zur Auszahlung der offenen Beträge aufgefordert. Zudem war das Unternehmen 2017 und 2018 finanziell überschuldet gewesen. Sie bezog sich auf das BMF-Schreiben vom 04.03.2016 (Az. IV C 4 – S 2290/07/10007: 031, Abruf-Nr. 178230), in dem Ausnahmen von der Zusammenballung der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum im Zusammenhang mit Entlassungsentschädigungen aufgeführt wurden und meinte, in ihrem Fall wäre einer der Ausnahmefälle gegeben.
BFH: Keine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG
Die Gesellschafterin hatte mit ihrer Klage weder vor dem FG Thüringen noch vor dem BFH Erfolg. Sie kann die Anwendung der Fünftel-Regelung nicht beanspruchen (BFH, Urteil vom 15.12.2022, Az. VI R 19/21, Abruf-Nr. 234007).
Zusammenballung der Einkünfte in einem VZ für Fünftel-Regelung nötig
Der BFH erläuterte, dass die Fünftel-Regelung außerordentliche Einkünfte voraussetzt. Als außerordentlich kommen insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht, wobei eine Tätigkeit als mehrjährig gilt, wenn sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Außerordentliche Einkünfte werden jedoch nur dann bejaht, wenn die Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Die Fünftel-Regelung soll die durch die Zusammenballung der Einkünfte entstehenden einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastungen abschwächen.
Keine außerordentlichen Einkünfte liegen demnach vor, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in zwei oder mehr Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn hier ebenfalls Progressionseffekte möglich sind.
Im vorliegenden Fall fehlte es – so der BFH – an der für die Anwendung der Fünftel-Regelung notwendigen zusammengeballten Arbeitslohnzahlung.
Eng begrenzte Ausnahmen vom Grundsatz der Zusammenballung
Allerdings gesteht der BFH eng begrenzte Ausnahmen von dem Grundsatz der Zusammenballung in einem Veranlagungszeitraum zu. Diese liegen vor,
- 1. wenn eine geringfüge Teilleistung (Nebenleistung) neben der Hauptleistung ausgezahlt wird (< zehn Prozent der Hauptleistung);
- 2. wenn eine Auszahlung neben der Hauptleistung in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge in Form von Entschädigungszusatzleistungen erbracht wird;
- 3. bei Verteilung über zwei Veranlagungszeiträume, wenn die Zahlung in einer Summe beabsichtigt war, aber wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt wurde oder wenn der Zahlungsempfänger dringend auf den Bezug einer Vorauszahlung angewiesen war.
Vorliegend lagen diese drei Ausnahmen allesamt jedoch nicht vor. Denn das Kapital wurde nicht in zwei Veranlagungszeiträumen ausgezahlt, sondern in drei. Dass die Gesellschafterin die Streckung der Zahlung über mehrere Teilbeträge nicht gewünscht oder angestoßen hatte, ändert daran nichts, so der BFH. Weiter war die Nebenleistung nicht geringfügig; mit 70.000 Euro war sie höher als zehn Prozent der Hauptleistung (und zudem höher als die Steuerentlastung der Hauptleistung). Gründe der sozialen Fürsorge waren ebensowenig ersichtlich. Damit blieb es für die Gesellschafterin bei der regulären Besteuerung der Kapitalleistung nach § 19 EStG.
BMF justiert bei Direkt-/Unterstützungskassenzusage nach
Das BMF hat im Schreiben vom 18.03.2022 (Az. IV C 5 – S 2333/19/10008 :026, Abruf-Nr. 228869, Rz. 147) klargestellt, dass Teilleistungen aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenzusage im Rahmen der Steuerbegünstigung nach § 34 EStG unschädlich sind, wenn sie geringfügig sind. Bis dahin hatte das BMF das per se ausgeschlossen.
AUSGABE: VVP 5/2023, S. 17 · ID: 49328892