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TippgeberKeine Vergütung eines Tippgebers aus Bestandspflege- bzw. Folgeprovisionen ab zweitem Jahr

Top-BeitragAbo-Inhalt28.07.20226742 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Lutz Eggebrecht, Dr. Heinicke, Eggebrecht & Partner mbB Rechtsanwälte, München

| Das KG Berlin hat sich mit Fragen der Vergütung eines Tippgebers auseinandergesetzt. Es arbeitet heraus, warum der Tippgeber keine Bestandspflege- bzw. Folgeprovisionen ab dem zweitem Jahr ableiten kann. VVP macht Sie mit den Einzelheiten der Entscheidung vertraut und erläutert, welche Folgen das Urteil für die Gestaltung der Tippgebervereinbarung hat. |

Streit um Vergütung eines Tippgebers nach Vertragsende

Eine Genossenschaft zur Übernahme von Bürgschaften und Garantieerklärungen der Abfallwirtschaft hatte mit einer Versicherungsgeneralagentur einen von der Generalagentur als Formular aus dem Internet heruntergeladenen Tippgebervertrag abgeschlossen. Danach sollte die Genossenschaft für jeden Versicherungsvertrag, der mit einem von der Genossenschaft benannten potenziellen Versicherungsnehmer zustande gekommen ist, eine Vergütung von 48 Prozent der Provision der Agentur erhalten.

Die Generalagentur erhält vom vertretenen Versicherer eine laufende Provision. Nach den Provisionsbestimmungen des Versicherers soll die laufende Provision an die Generalagentur

  • im ersten Versicherungsjahr die Abschlussprovision für das erstmalige Zustandekommen des Versicherungsvertrags abgelten und
  • ab dem zweiten Jahr reine Bestandspflege- bzw. Folgeprovision sein.

Der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft wurde zum 19.12.2013 eingestellt. Die Agentur hat den Tippgebervertrag mit der im Vertrag vorgesehenen Frist von drei Monaten zum Monatsende zum 30.09.2016 gekündigt und ab diesem Zeitpunkt keine weiteren Zahlungen mehr geleistet. Die Genossenschaft hat deshalb eine Klage auf Zahlung einer weiteren Provision und eine Stufenklage auf Auskunft und Zahlung weiterer Provisionen beim LG Berlin erhoben.

Das LG Berlin hat mit Teilurteil einen bezifferten Teil der Klage und dem Auskunftsantrag stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass der Tippgebervertrag wegen der Vergütungsregelung den Charakter eines Maklervertrags habe und deshalb Zahlungen auch nach der Kündigung des Tippgebervertrags zu leisten seien. Das KG Berlin hat auf die Berufung der Generalagentur hin das LG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (KG Berlin, Urteil vom 25.04.2022, Az. 10 U 7/21, Abruf-Nr. 229579).

Kein Anspruch des Tippgebers auf Folgeprovisionen

Die fehlende Klarstellung der Provisionsregelung, in der nicht ausdrücklich formuliert wurde, dass nur ein prozentualer Anteil an den Abschlussprovisionen bezahlt wird, kann nach Ansicht des KG nicht dazu führen, das Maklerrecht analog auf die Tippgebervergütung anzuwenden. Eine solche Auslegung sei nicht mit der Auslegung und dem Begriff Tippgeber unter Einbeziehung der Usancen im Versicherungsbereich zu vereinbaren.

Argument 1: Der Begriff „Tippgeber“

Der Tippgeber bedarf im Gegensatz zum Versicherungsvermittler keiner behördlichen Genehmigung oder Registrierung. Er ist auch keinem Haftungsrisiko ausgesetzt. Er hat somit gegenüber der Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers nur eine untergeordnete Rolle und keinerlei Verpflichtungen (und auch nicht die Berechtigung), Bestandsbetreuungsleistungen durchzuführen. Somit ergibt sich bereits bei einer Auslegung des Vertrags, dass die Genossenschaft keinen prozentualen Provisionsanspruch an der Bestandspflege- bzw. Folgeprovisionen ab dem zweiten Vertragsjahr haben kann.

Die Agentur hat auch allein die Bestandspflege durchgeführt. Daher hat die Genossenschaft keinen Anspruch auf die Folgeprovision, so das KG Berlin.

Argument 2: Abschluss- vs. Bestandspflege-/Folgeprovision

Das KG führt auch noch die Unterscheidung von Abschlussprovision sowie Bestandspflege- bzw. Folgeprovision ins Feld: Eine Abschlussprovision dient alleine als Vergütung für die erstmalige Vermittlung des in Rede stehenden Versicherungsvertrags, während die Bestandspflege- bzw. Folgeprovision überwiegend die Vergütung für die Kundenbetreuung darstellt.

Die Tätigkeit der Genossenschaft war ausschließlich auf den Erfolg des Abschlusses eines Versicherungsvertrags gerichtet und nicht auf die weiteren Betreuungsleistungen des fortdauernden Versicherungsvertrags. Die Genossenschaft durfte deshalb richtigerweise keine Beteiligung an den Bestands- bzw. Folgeprovisionen erwarten, betont das KG.

Argument 3: Freiwillige Zahlung begründet keinen Anspruch

Die Tatsache, dass die Generalagentur über einen längeren Zeitraum auch die in der laufenden Provision enthaltende Vergütung für die Betreuung der Kunden anteilig bezahlt hat, gibt der Genossenschaft keinen Anspruch für einen künftigen weiteren Zahlungsanspruch. Er könnte höchstens gegen einen Rückforderungsanspruch der Generalagentur eingewandt werden (der jedoch tatsächlich von der Generalagentur nicht geltend gemacht worden ist).

Gestaltung der Tippgebervereinbarung in der Praxis

In der Praxis werden Tippgeber entweder bei Zustandekommen eines Versicherungsvertrags mit einem von dem Tippgeber benannten potenziellen Versicherungsnehmer mit einer einmaligen vertraglich festgelegten Pauschalzahlung vergütet oder mit einem prozentualen Anteil der an dem Versicherungsvertreter bezahlten Abschlussprovision. Bei einer prozentualen Beteiligung des Tippgebers an der Vergütung des Versicherungsvermittlers empfiehlt es sich deshalb, in dem Tippgebervertrag ausdrücklich nur eine prozentuale Beteiligung an der Abschlussprovision oder der im ersten Jahr bezahlten laufenden Provision (und nicht nur allgemein an den Provisionen ohne nähere Aufschlüsselung) vertraglich zu vereinbaren.

AUSGABE: VVP 8/2022, S. 9 · ID: 48420538

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