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MaklervertragEx-Kunde kann Schriftwechsel herausverlangen – Makler kann Aufwendungsersatz verlangen

Top-BeitragAbo-Inhalt25.07.2022518 Min. Lesedauer

| Ehemalige Kunden von Versicherungsmaklern verlangen immer wieder den Schriftwechsel und die Schadenkorrespondenz mit dem Versicherer heraus. Da stellen sich folgende Fragen: Müssen Sie als Makler dem nachkommen? Wenn ja, können Sie sich Ihren Aufwand für die Herausgabe des Schriftwechsels vergüten lassen? VVP beantwortet diese Fragen. |

Frage: Einer unserer Ex-Kunden verlangt von unserem Maklerunternehmen die Schadenkorrespondenz heraus. Müssen wir dem Kundenwunsch entsprechen, obwohl uns der Kunde per 30.06.2022 den Maklerauftrag entzogen hat? Wenn ja, können wir eine Aufwandsentschädigung in Rechnung stellen?

Antwort: Sie müssen den Schriftwechsel herausgeben, können aber im Gegenzug Ersatz für dadurch entstandene Aufwendungen verlangen.

Makler muss erforderliche Informationen herausgeben

Prüfen Sie, ob Sie die Herausgabe der Unterlagen vertraglich geregelt haben. Falls nicht, richtet sich der Anspruch Ihres Ex-Kunden auf Herausgabe des Schaden-Schriftwechsels nach §§ 666, 667 BGB.

Gesetzliche Herausgabepflicht

Sie sind als Beauftragter nach Beendigung des Maklermandats gesetzlich verpflichtet, dem Kunden als Ihrem Auftraggeber alles herauszugeben, was Sie zur Ausführung des Auftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt haben (§ 667 BGB). Das gilt für alles Erlangte, was Ihnen zum Zwecke der Geschäftsbesorgung

  • vom Kunden selbst oder
  • auf dessen Veranlassung, z. B. aufgrund einer Maklervollmacht des Kunden, von Dritten, wie z. B. dem Versicherer, zur Verfügung gestellt worden ist. Davon umfasst ist insbesondere der Schriftverkehr mit Dritten, den Sie als Beauftragter für den Kunden erhalten oder geführt haben (Palandt, BGB, 80. Aufl., München 2021, § 667, Rz. 3).

Pflicht zur Rechenschaftserteilung

Neben der Herausgabepflicht müssen Sie dem Kunden (Auftraggeber) Rechenschaft erteilen (§ 666 BGB). Sie müssen dem Kunden

  • die erforderlichen Informationen geben,
  • auf Verlangen die wesentlichen Einzelheiten Ihres Handelns zur Auftragsausführung darlegen und
  • die notwendige Übersicht über das besorgte Geschäft verschaffen.

Sie müssen also dem Kunden gestatten, dass er Ihr Tun überprüft, sobald Sie das Geschäft bzw. den Auftrag ausgeführt haben. Verlangt Ihr Ex-Kunde Rechenschaft erst nach mehreren Jahren, kann dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen (Palandt, BGB, 80. Aufl., München 2021, § 666, Rz. 4).

Maklerkunde muss Aufwendungsersatz leisten

Aufwendungen könnten nach § 670 BGB zu ersetzen sein. Das setzt aber ein wirksames Auftragsverhältnis zwischen Ihnen und dem Kunden voraus. Da hier Ihr Maklermandat beendet wurde, fehlt es an einem Auftragsverhältnis. Auch das Herausgabeverlangen Ihres Ex-Kunden begründet kein neues Auftragsverhältnis. Ihr Ex-Kunde fordert nur seine gesetzlichen Rechte ein, die unabhängig von einem Auftragsverhältnis bestehen.

Liegt kein Auftragsverhältnis vor, kommt ein Aufwendungsanspruch nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (§ 683 BGB). Dabei gelten die Grundsätze des § 670 BGB hier entsprechend.

Umfang und Höhe des Aufwendungsersatzes

Unter Aufwendungen fallen alle Ausgaben, die der Kunde selbst hätte tragen müssen, wenn er anstelle von Ihnen tätig geworden wäre. Das sind z. B. Fahrt- bzw. Reisekosten, Kopierkosten und Portogebühren.

Keine Aufwendungen sind Ihre eigene Arbeitskraft und Tätigkeit, die Sie zur Ausführung des Auftrags aufwenden. Auch ein dadurch eventuell entstandener Verdienstausfall aufgrund einer anderweitig nicht durchgeführten Maklertätigkeit ist nicht erstattungsfähig; ebenso wenig die normale Abnutzung Ihrer Sachen infolge der Auftragsausführung. Das alles folgt aus der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit des Auftrags i. S. v. § 670 BGB (Palandt, BGB, 80. Aufl., München 2021, § 670, Rz. 2 f.).

Aufwendungsersatz und Umsatzsteuer

Die Leistung gegenüber Ihrem Ex-Kunden ist umsatzsteuerfrei. Denn die Umsatzsteuerbefreiung für Versicherungsvermittler nach § 4 Nr. 11 UStG greift auch, wenn Sie für eine bestimmte Tätigkeit als Makler Aufwendungsersatz erhalten (Rau/Dürrwächter, UStG, 8. Aufl., Köln 1998, § 4 Nr. 11, Rz. 13).

Zurückbehaltungsrecht

Solange der Ex-Kunde Ihnen Ihre Aufwendungen nicht ersetzt hat, steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu (§ 273 BGB). Sie können die Herausgabe des Schriftwechsels verweigern, bis er Ihnen Ihre Aufwendungen ersetzt hat.

Fazit | Sie müssen den Schriftwechsel an den ehemaligen Kunden herausgeben, allerdings nur gegen Ersatz der Ihnen dadurch entstandenen Aufwendungen. Sie sollten unbedingt eine (z. B. eingescannte) Zweitschrift des Schriftwechsels zurückhalten. Denn Sie müssen Ihrer sechsjährigen Aufbewahrungspflicht, z. B. von Handels- und Geschäftsbriefen, nachkommen (§ 257 HGB, § 147 AO).

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Darf der Kunde nach Maklerwechsel Unterlagen sowie die Löschung seiner Daten verlangen?“, VVP 11/2021, Seite 9 → Abruf-Nr. 47718394

AUSGABE: VVP 8/2022, S. 5 · ID: 47718269

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