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PersonalmanagementAb August: Novelle des Nachweisgesetzes erfordert Anpassung von Arbeitsverträgen

Abo-Inhalt25.07.20227379 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Das europäische Recht beeinflusst das nationale Arbeitsrecht immer umgreifender. Zum 01.08.2022 wird die EU-Richtline 2019/1152 umgesetzt. Die Änderungen führen zu Handlungsbedarf bei allen Arbeitgebern. Denn Arbeitsverträge müssen dann zusätzliche Angaben zu Kündigung und Probezeit enthalten. VVP zeigt, wie Sie neue Arbeitsverträge gestalten und bestehende Arbeitsverträge anpassen, um auf der sicheren Seite zu sein. |

Die Änderungen im Nachweisgesetz

Aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen muss der deutsche Gesetzgeber insbesondere das Nachweisgesetz ändern. In diesem ist verankert, welchen Informations- und Dokumentationspflichten der Arbeitgeber nachkommen muss.

Schriftformerfordernis für wesentliche Vertragsbedingungen

So verpflichtet das Nachweisgesetz Sie als Arbeitgeber, die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses dem Mitarbeiter schriftlich mitzuteilen. Während Sie dazu bisher aber einen Monat Zeit hatten (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachweisG), müssen Sie diese Niederschrift nun bereits am ersten Arbeitstag dem Mitarbeiter vorlegen.

Es gilt weiterhin die strenge Schriftform. Die elektronische Form reicht – trotz voranschreitender Digitalisierung und harter Kritik aus der Wirtschaft – auch nach der Novellierung des Gesetzes nicht.

Erstmals aufgenommen: Sanktionsmöglichkeiten

Vom Gesetzgeber neu geschaffen wurden Sanktionsmöglichkeiten. So wurde in das Nachweisgesetz eine Bußgeldvorschrift aufgenommen. Für Sie als Arbeitgeber bedeutet das: Händigen Sie die erforderlichen Angaben nicht, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise aus, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 Euro pro Mitarbeiter geahndet werden kann.

Geltungsbereich und -wirkung der Änderungen

Die neuen Pflichten gelten ab August 2022 und entfalten für Arbeitsverhältnisse Wirkung, die ab dem 01.08.2022 beginnen.

Bereits laufende Verträge, also Verträge von Mitarbeitern, die vor dem 01.08.2022 eingestellt wurden, müssen Sie nicht anpassen – es sei denn, Ihr Mitarbeiter fordert Sie auf, wesentliche Vertragsbedingungen mitzuteilen. Dann gilt eine Frist von sieben Tagen. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung und das Kündigungsverfahren müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden.

Das ist jetzt in den Arbeitsvertrag aufzunehmen

Nachfolgend erfahren Sie, um welche Punkte der Katalog an Nachweispflichten erweitert wurde. Prüfen Sie, ob die in Ihrem Vermittlerbetrieb verwendeten Musterarbeitsverträge die im Nachweisgesetz geforderten Informationen enthalten und passen Sie die Arbeitsverträge gegebenenfalls entsprechend an. Dazu können Sie die aufgeführten Musterklauseln verwenden. Diese helfen Ihnen, die Vorgaben des neuen Nachweisgesetzes umzusetzen.

Enddatum des Arbeitsverhältnisses

Schließen Sie einen befristeten Arbeitsvertrag, ist die Angabe des Enddatums oder der vorhersehbaren Dauer des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Das kann in Form einer konkreten Zeitbestimmung („für die Dauer von ...“) bzw. eines konkreten Enddatums erfolgen.

Vertragsklausel / Enddatum bei zeitbefristetem Arbeitsvertrag

Der Arbeitnehmer wird von … bis … eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Handelt es sich um einen zweckbefristeten Arbeitsvertrag handelt, ist der Zweck anzugeben.

Vertragsklausel / Enddatum bei zweckbefristetem Arbeitsvertrag

  • 1. Der Arbeitnehmer wird ab dem … (Datum nennen) zu ... (Zweck nennen, z. B. zur Vertretung von …) eingestellt.
  • 2. Das Arbeitsverhältnis endet am/zum ... (z. B. zwei Wochen nach Wiederaufnahme der Arbeit durch …), ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Freie Wahl des Arbeitsorts

Sollte einer Ihrer Mitarbeiter – was der Ausnahmefall sein dürfte – nicht zwingend vor Ort im Vermittlerbetrieb arbeiten müssen, sondern seinen Arbeitsort frei wählen können, müssen Sie dies schriftlich fixieren, etwa wie folgt:

Vertragsklausel / Freie Wahl des Arbeitsorts

  • 1. Der Arbeitnehmer kann den Arbeitsort frei wählen. Er kann die Arbeit auch im Home-Office erledigen.
  • 2. Dies ist mit dem Arbeitgeber abzustimmen.

Dauer der Probezeit

Anzugeben ist die Probezeit, die nach § 622 Abs. 2 BGB maximal sechs Monate betragen kann.

Vertragsklausel / Dauer der Probezeit

Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts/Art der Auszahlung

Sie müssen Ihren Mitarbeiter darüber informieren, wie sich dessen Gehalt zusammensetzt. Das muss auch die Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen umfassen.

Umfasst das Gehalt auch andere Bestandteile, z. B. vermögenswirksame Leistungen, müssen Sie diese jeweils getrennt angeben. Wann und auf welche Weise (bar/unbar) das Gehalt ausgezahlt wird, findet sich üblicherweise schon jetzt in den Arbeitsverträgen, ist aber zwingend zu nennen.

Vertragsklausel / Arbeitsentgelt

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit ein Monatsbruttogehalt von … Euro, welches zum 15. eines Monats unbar auf das Konto des Arbeitnehmers … zu zahlen ist.

Arbeitszeit, Ruhepausen und Überstunden

Sie müssen Regelungen zur Arbeitszeit, zu Ruhepausen sowie zur Möglichkeit der Anordnung von Überstunden treffen und deren Voraussetzungen im Arbeitsvertrag schriftlich benennen.

Vertragsklausel / Arbeitszeit, Ruhepausen und Überstunden

  • 1. Die tägliche Arbeitszeit beläuft sich auf … Stunden. Sie beginnt um … Uhr und endet um … Uhr.
  • 2. Die Ruhepause von … Minuten kann der Arbeitnehmer frei festlegen.
  • 3. Der Arbeitgeber kann monatlich bis zu … Überstunden anordnen. Hierbei sind die dienstlichen Erforderlichkeiten und die Belange des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Alle geleisteten Überstunden werden vergütet.

Fortbildung

Wenn Sie den Arbeitnehmern Fortbildungen anbieten, müssen Sie im Arbeitsvertrag darauf hinweisen. Diese Ergänzung steht im Kontext mit einer Änderung der Gewerbeordnung (§ 111 GewO). Danach sind Sie bei Pflichtfortbildungen Ihrer Mitarbeiter verpflichtet, die Kosten zu tragen. Diese dürfen Sie nicht den Mitarbeitern auferlegen. Diese Fortbildungen müssen auch während der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden; ist dies nicht möglich, gilt diese Zeit als Arbeitszeit.

Die Regelung, die diese Besonderheiten bei der Fortbildung berücksichtigt, können Sie wie folgt formulieren.

Vertragsklausel / Fortbildung

  • 1. Der Arbeitnehmer hat das Recht, an Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen seiner Wahl nach Zustimmung des Arbeitgebers auf Kosten des Arbeitgebers teilzunehmen.
  • 2. Sofern es sich um Pflichtfortbildungen i. S. v. § 111 GewO handelt, sollen diese während der regelmäßigen Arbeitszeit durchgeführt werden.
  • 3. Soweit diese Fortbildungen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit durchgeführt werden müssen, gelten sie als Arbeitszeit.

Betriebliche Altersversorgung

Sagen Sie über einen Versorgungsträger eine betriebliche Altersversorgung zu, müssen Sie den Namen und die Anschrift dieses Versorgungsträgers im Arbeitsvertrag angeben.

Die Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung werden üblicherweise in einer gesonderten Vereinbarung geregelt, die als Anlage zum Arbeitsvertrag aufgenommen wird.

Vertragsklausel / Betriebliche Altersversorgung

Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über den Versorgungsträger ... gem. Anlage Nr. ... zum Arbeitsvertrag.

Kündigungsverfahren

Die Kündigungsfrist ist im Arbeitsvertrag anzugeben. Sie müssen darüber hinaus darauf hinweisen, dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat, was sich aus § 623 BGB ergibt. Außerdem müssen Sie auf die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage (drei Wochen nach § 4 Kündigungsschutzgesetz) hinweisen.

Vertragsklausel / Kündigungsverfahren

  • 1. Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten nach Ablauf der Probezeit ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB gekündigt werden.
  • 2. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
  • 3. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
  • 4. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.

Wichtig | Wenn Sie diese Hinweise versäumen, wird die Kündigung dadurch nicht unwirksam. Denn der Gesetzgeber weist ausdrücklich darauf hin, dass § 7 Kündigungsschutzgesetz weiter gilt. Danach wird auch eine rechtsunwirksame Kündigung wirksam, wenn die Klagefrist nicht eingehalten wird.

PRAXISTIPP | Bereiten Sie sich als Arbeitgeber auf die Umsetzung dieser Regelung vor. Sollten Sie Musterarbeitsverträge haben, die Sie bei der Einstellung benutzen, sollten Sie diese umgehend um die neuen Angaben ergänzen. Für alle Beschäftigten, die vor dem 01.08.2022 bereits im Vermittlerbetrieb sind, sollten Sie überlegen, für welche Arbeitnehmergruppen ggf. Standardschreiben mit den ergänzenden Hinweisen verfasst werden können. Auf Nachfragen von Bestandsbeschäftigten sollten Sie sich vorsorglich schon jetzt einstellen.

Weiterführender Hinweis
  • Die arbeitsvertraglichen Musterklauseln zum neuen Nachweisgesetz finden Sie auf vvp.iww.de → Abruf-Nr. 48479474

AUSGABE: VVP 8/2022, S. 11 · ID: 48481337

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