Vollstreckungspraxis
Wie greifen Gläubiger auf Werte in Kryptowährungen zu?
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Parteifähigkeit des GläubigersDas gilt im Klauselerteilungsverfahren
| Die Frage der Parteifähigkeit einer Gläubigerin im Klauselverfahren ist von zentraler Bedeutung für die Zwangsvollstreckung. In einem aktuellen Fall musste der BGH prüfen, ob eine KG trotz potenzieller liquidationsloser Vollbeendigung als Gläubigerin auftreten kann. |
Sachverhalt
Die Gläubigerin G. war als GmbH & Co. KG, bestehend aus der Dr. E. M. GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin sowie den Kommanditisten Dr. E. M. und V. W. im Handelsregister eingetragen. Der Kommanditist Dr. E. M. ist verstorben. Die Parteien stritten darüber, ob infolge verschiedener Gesellschaftsbeschlüsse und eines geschlossenen Gesellschaftsvertrags mit dem Tod von Dr. E. M. auch die Dr. E. M. GmbH als Gesellschafterin ausgeschieden, deshalb V. W. als einzige Gesellschafterin verblieben und damit eine liquidationslose Vollbeendigung der Gläubigerin eingetreten ist.
Auf Antrag der G. erteilte der Notar eine mit einer einfachen Vollstreckungsklausel versehene vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde zugunsten der KG als Gläubigerin. Diese bezieht sich auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 3.000.000 EUR sowie eine Darlehensforderung in US-Dollar. Hieraus betreibt G. die Zwangsvollstreckung gegen Schuldner S. Dieser wendet sich gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel für die notarielle Urkunde. S. argumentiert, dass die G. nicht mehr existiere, da aufgrund gesellschaftsrechtlicher Vorgänge eine liquidationslose Vollbeendigung eingetreten sei. Das AG erklärte die Zwangsvollstreckung für unzulässig, da die Existenz der G. nicht hinreichend nachgewiesen sei. Das LG hob diese Entscheidung auf und wies die Klauselerinnerung des S. zurück. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Schuldners. Der BGH sah die Handelsregistereintragung als hinreichenden Nachweis der Existenz an und wies daher die Rechtsbeschwerde zurück.
Entscheidungsgründe
Der BGH musste folgende Aspekte prüfen (30.1.25, VII ZB 10/24, Abruf-Nr. 246769): Im Klauselerteilungsverfahren ist bei der Erteilung einer – hier: einfachen – vollstreckbaren Ausfertigung allein zu prüfen, ob ein formell wirksamer Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt. Insofern wird nur die formelle Identität zwischen Titelgläubigerin und Vollstreckungsgläubigerin geprüft.
Beachten Sie | Materielle Einwendungen (liquidationslose Vollbeendigung und damit Erlöschen der KG) zur Existenz der Gläubigerin sind der Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten (§§ 767, 794 Abs. 1, § 795 S. 1 ZPO). Nur hier kann der Einwand geprüft werden, dass der Vollstreckungsgläubiger nicht mehr Inhaber der titulierten Forderung ist, also die Sachbefugnis verloren hat, aus der titulierten Forderung die Zwangsvollstreckung zu betreiben.
Eine KG erlischt liquidationslos, wenn sich alle Gesellschaftsanteile in der Person eines Gesellschafters vereinen (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 712a BGB). Dann verliert die Gläubigerin ihre Rechts- und damit Parteifähigkeit (§ 50 ZPO).
Beachten Sie | Die Eintragung im Handelsregister genügt dabei als Nachweis der Existenz, solange keine Berichtigung erfolgt ist. Eine ggf. falsche Eintragung begründet nicht automatisch das Erlöschen der Gesellschaft.
Die Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde verfügte über einen vollstreckungsfähigen Inhalt, genügte damit dem erforderlichen Konkretisierungsgebot und Bestimmtheitserfordernis. Das Konkretisierungsgebot bezieht sich auf den zu vollstreckenden Anspruch, das Bestimmtheitserfordernis auf dessen Inhalt und Umfang, bei einem Zahlungsanspruch insbesondere auf dessen Höhe. Währungsunterschiede – hier: zwischen USD und EUR – führen nicht zur Unwirksamkeit der Urkunde.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung stärkt die Rechte von Gläubigern, indem sie die Bedeutung formeller Nachweise hervorhebt. Das Handelsregister bleibt ein zentraler Ankerpunkt für die Existenznachweise juristischer Personen. Die Abwehr unberechtigter Einwendungen durch Schuldner wird dadurch erheblich erleichtert.
Checkliste / Merksätze |
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Checkliste / Das müssen Gläubiger beachten |
[ ] Beweismittel zur Existenz der Gläubigerin sichern |
AUSGABE: VE 5/2025, S. 80 · ID: 50370637