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BuchführungWie ist es um die vereinsinternen Rechnungs-legungspflichten des Vorstands bestellt?
| Die Rechnungslegungspflichten im Verein werden meist bezogen auf die steuerlichen Pflichten verhandelt. Der Vorstand hat aber auch vereinsinterne Rechenschaftspflichten. Die gesetzlichen Regelungen sind hier sehr vage. VB klärt deshalb, welche Pflichten der Vorstand hat und wann Haftungsfolgen entstehen können, wenn er sie vernachlässigt. |
Inhaltsverzeichnis
- Die gesetzlichen Regelungen zur Rechenschaftspflicht
- Wie oft muss der Vorstand Rechenschaft ablegen?
- Satzungsregelungen zur Rechenschaftspflicht
- Die Rechenschaftspflicht nach dem Vereinsherkommen
- Mitgliederversammlung als Prüfberechtigte
- Der Umfang der Auskunftspflicht
- Welche Form müssen die Nachweise haben?
- Ist der Haushaltsplan Teil der Rechenschaftspflicht?
- Wer prüft die vom Vorstand vorgelegten Aufstellungen?
- Der Rechenschaftsbericht des Vorstands
- Wann haftet der Vorstand bei mangelnden Nachweisen?
Die gesetzlichen Regelungen zur Rechenschaftspflicht
Die rechtliche Grundlage für die Rechenschaftspflicht des Vorstands (und anderer Vereinsorgane) findet sich in § 27 Abs. 3 BGB. Diese Regelung verweist bezüglich der Geschäftsführung des Vorstands auf das Auftragsrecht §§ 664 bis 670 BGB (sog. unentgeltliche Geschäftsführung). Diese Regelungen gelten aber allgemein für Geschäftsbesorgungsverträge und bilden deswegen die Besonderheiten in Vereinen nicht ab.
Regelungen zur Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Vorstands finden sich dort in § 666 BGB. Danach muss der Beauftragte (also der Vorstand)
- dem Auftraggeber (dem Verein) die erforderlichen Nachrichten geben,
- auf Verlangen über den Stand des Geschäfts, Auskunft erteilen und
- nach der Ausführung des Auftrags, Rechenschaft ablegen.
§ 666 BGB lässt offen, wie die Rechnungslegung aussehen muss. In der Literatur werden deswegen die allgemeinen schuldrechtlichen Nachweispflichten nach §§ 259 und 260 BGB herangezogen. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, muss danach „eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitteilen“ und Belege vorlegen.
§ 260 BGB verlangt zusätzlich ein Bestandsverzeichnis. Dieses Bestandsverzeichnis entspricht in etwa der üblichen Aufstellung der Bankkonten- und Kassenbestände, wie es bei gängigen Buchhaltungssystemen vorgesehen ist. Dazu kämen ein Bestandsverzeichnis des Sachvermögens, das auch die Bestände an Waren und Verbrauchsmaterialien enthalten muss.
Wie oft muss der Vorstand Rechenschaft ablegen?
In den genannten gesetzlichen Regelungen finden sich keine Vorgaben, in welchen zeitlichen Abständen der Vorstand Rechenschaft ablegen muss. Dem BGB-Auftragsrecht zufolge wäre der Vorstand zu einer Rechnungslegung erst „nach der Ausführung des Auftrags“ (§ 666 BGB), also nach Ende der Amtsperiode, verpflichtet.
Die Pflicht zu einer periodischen Rechenschaftslegung kann sich aber bei bestimmten Dauerverwaltungen wie dem Vorstandsamt nach Auffassung der Rechtsprechung aber auch ohne besondere Satzungsvorgabe aus der Natur der Sache ergeben (BGH, Urteil vom 16.05.1984, Az. IVa ZR 106/82).
Hat die Mitgliederversammlung jahrelang auf ihren Anspruch auf Rechenschaftslegung verzichtet, kann sie eine Nachholung nur verlangen, wenn begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Amtsführung bestehen (BGH, Urteil vom 31.01.1963, Az. VII ZR 284/61). Ähnliches gilt auch für das Auskunftsrecht (BGH, Urteil vom 22.01.1964, Az. Ib ZR 199/62). Der Vorstand ist also nicht verpflichtet, zu weiter zurückliegenden Jahren erstmalig oder erneut zu berichten.
Satzungsregelungen zur Rechenschaftspflicht
Die Regelung des § 27 Abs. 3 BGB ist nach § 40 BGB nachgiebig, kann also per Satzung abgeändert werden. Die Pflicht zur Buchführung gemäß BGB kann also per Satzung eingeschränkt oder erweitert werden. So könnte die Satzung z. B. einen Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Vorgaben (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) verlangen. Häufiger verlangen Satzungen die Aufstellung eines Haushaltsplans, dessen Einhaltung der Vorstand dann zusätzlich nachweisen muss.
Im Prinzip kann in der Satzung sogar festgelegt werden, dass der Vorstand von seinen Rechenschaftspflichten vollständig befreit ist. Dass die Mitgliederversammlung faktisch auf eine Rechnungslegung verzichtet, wird sich aber eher aus der „ständigen Übung“ (Vereinsherkommen) ergeben, wenn die Satzung keine Regelungen trifft und insbesondere zahlenmäßige Nachweise wegen geringer Einnahmen für die Mitglieder kaum von Interesse sind.
Die Rechenschaftspflicht nach dem Vereinsherkommen
Trifft die Satzung keine von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Vorgaben, können sie sich aus dem sog. Vereinsherkommen ergeben. Die Mitglieder können sich also darauf berufen, dass ein bisher eingeübtes Verfahren so beibehalten wird. Wie lange ein bestimmtes Verfahren praktiziert werden musste, damit es als durch „ständige Übung“ verbindlich wird, ist nicht geklärt. Nötig ist, dass ein bestimmtes Verfahren über einen längeren Zeitraum hinweg in gleicher Weise eingehalten worden ist. Umgekehrt kann das Herkommen jederzeit geändert werden – solange das von den Mitgliedern unwidersprochen hingenommen wird. Bereits eine einmalige Abweichung von der bisherigen Praxis kann auf diese Weise das Herkommen aufweichen.
Aus dem Vereinsherkommen kann sich also eine Pflicht zur jährlichen Rechenschaftslegung ergeben. Das Gleiche gilt aber auch für Zeitpunkt und Form der entsprechenden Aufstellungen. Aus dem Vereinsherkommen kann sich auch ergeben, dass Berichte und Aufstellungen an die Mitglieder verschickt werden.
Mitgliederversammlung als Prüfberechtigte
Aus den Regelungen des BGB ergibt sich, dass der Vorstand außerhalb der Mitgliederversammlung gegenüber einzelnen Vereinsmitgliedern hinsichtlich seiner Geschäftsführungstätigkeit nicht zur Auskunft verpflichtet ist. Der sich aus §§ 27 Abs. 3 und 666 BGB ergebende Auskunftsanspruch gegen den Vereinsvorstand steht außerhalb der Mitgliederversammlung nicht dem einzelnen Vereinsmitglied, sondern dem Verein als solchem zu (OLG Nürnberg, Urteil vom 31.01.2011, Az. 4 U 1639/10, Abruf-Nr. 111505). Hier gilt der Grundsatz, dass Mitgliederrechte in der Mitgliederversammlung wahrgenommen werden müssen.
Dagegen hat die Mitgliederversammlung ein umfassendes Recht auf Auskünfte über alle Angelegenheit des Vereins. Das gilt auch gegenüber Einzelmitgliedern, soweit das für Tagesordnungspunkte und die allgemeine Meinungsbildung erforderlich ist.
Einberufungspflicht als Folge der Wahrnehmung von Auskunftsrechten |
Der Umfang der Auskunftspflicht
Die Auskunftspflicht des Vorstands ist umfassend. Sie findet ihre Grenze nur in einem Geheimhaltungsinteresse zur Abwehr einer möglichen Gefahr für den Verein (BGH, Urteil vom 11.11.2002, Az. II ZR 125/02, Abruf-Nr. 030292). Das wird sich aber auf Sonderfälle beschränken. Datenschutzrechtliche Vorgaben greifen hier nur bedingt. So kann die Mitgliederversammlung z. B. auch Auskünfte über die Höhe von Gehältern einzelner Mitarbeiter verlangen (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 01.11.2021, Az. 2-01 S 191/20, Abruf-Nr. 226479).
Aus §§ 27 Abs. 3 und 666 BGB ergibt sich zunächst ein kollektives Auskunftsrecht der Mitgliederversammlung. Auch die Mitglieder haben danach aber ein Auskunftsrecht gegenüber dem Vorstand über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Vereins (BGH, Urteil vom 11.11.2002, Az. II ZR 125/02, Abruf-Nr. 030292). Das muss aber in der Mitgliederversammlung wahrgenommen werden. Es umfasst auch die Einsicht in Unterlagen (Verträge), wenn sie für die Verschlussfassung relevante Angaben enthalten.
Wichtig | Verweigert der Vorstand ohne triftigen Grund Auskünfte, verletzt er damit Mitgliedschaftsrechte. Das Mitglied kann sein Informationsrecht auf dem Klageweg (Leistungsklage) durchsetzen.
Welche Form müssen die Nachweise haben?
Die Ansprüche an die buchhalterischen Nachweise, die der Vorstand vorlegen muss, sind mit einer einfachen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfüllt. Die Einnahmen und Ausgaben müssen aber sinnvoll geordnet und vollständig sein.
Die Anforderungen an die Buchhaltung hängen dabei von Größe und Tätigkeitsfeld des Vereins ab. Der ehrenamtliche Vorstand eines kleinen Idealvereins hat dabei nur beschränkte Anforderungen zu erfüllen (OLG Brandenburg, Urteil vom 28.05.2008, Az. 7 U 176/07, Abruf-Nr. 082001).
Praxistipp | Im konkreten Fall hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass nicht allzu hohe Maßstäbe an die Kassenführung gestellt werden dürfen. So ist nicht unbedingt die Vorlage von Originalbelegen erforderlich. Ersatzquittungen können grundsätzlich zulässig sein; zumal, wenn dies der bisherigen Abrechnungspraxis des Vereins entspricht. |
Ist der Haushaltsplan Teil der Rechenschaftspflicht?
Eine gesetzliche Vorgabe für die Aufstellung von Haushalts- oder Wirtschaftsplänen gibt es im Verein nicht. Die Pflicht für den Vorstand, einen solchen Plan aufzustellen, kann sich aus der Satzung und/oder einer Vereinsordnung (Geschäftsordnung) ergeben oder durch einen entsprechenden Beschluss der Mitgliederversammlung.
Auch ohne eine solche Vorgabe kann sich die Verpflichtung aus dem Vereinsherkommen ableiten. Wurden also über eine Reihe von Jahren hinweg solche Pläne aufgestellt, ergibt sich die Verpflichtung auch künftig und auch für einen Vorstand, der neu ins Amt gewählt wurde. Hat die Mitgliederversammlung aber unwidersprochen hingenommen, dass in einem Jahr kein Haushaltsplan vorgelegt wurde, ist das Vereinsherkommen durchbrochen und kann künftig nicht mehr geltend gemacht werden.
Nicht bindend ist ein Haushaltsplan aber, wenn er gegen die Satzung, geltende Gesetze oder die guten Sitten verstößt.
Praxistipp | Für das Aufstellen eines Haushaltsplans spricht, dass er die Haftungssituation des Vorstands dem Verein gegenüber verbessern kann. Es gilt nämlich der aus dem Genossenschaftsrecht abgeleitete Grundsatz, dass keine Ersatzpflicht besteht, wenn die entsprechende Handlung auf einer Weisung der Mitgliederversammlung beruht. Das gilt auch dann, wenn dem Verein ein Vermögensschaden entsteht. Auf diese Weise ist der Beschluss über den Haushaltsplan faktisch eine vorweggenommene Entlastung des Vorstands: Hält sich der Vorstand an die Vorgaben, kann es nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sich daraus negative Folgen für die Vermögenssituation des Vereins ergebe. |
Wer prüft die vom Vorstand vorgelegten Aufstellungen?
Gesetzliche Regelungen zur Prüfung der vom Vorstand vorgelegten Aufstellungen gibt es nicht. Da der Vorstand nach § 259 BGB auch Belege vorlegen muss, sind diese in den Prüfumfang miteingeschlossen. Eine solche Rechnungsprüfung kann die Mitgliederversammlung auch dann vornehmen, wenn die Satzung dazu nichts regelt. Die üblichen Prüfverfahren – also die Wahl von Rechnungsprüfern, die dann die Unterlagen prüfen – stellen sich dann rechtlich so dar, dass die Mitgliederversammlung ihr Prüfrecht an von ihr gewählte Beauftragte delegiert.
Praxistipp | Die Satzung kann das Verfahren regeln, sie muss aber keine Erlaubnis zur Prüfung erteilen, weil es gesetzlich besteht. Satzungsregelungen sind also nur insoweit sinnvoll, als sie das Prüfverfahren regeln oder den Prüfumfang einschränken. |
Der Rechenschaftsbericht des Vorstands
Über die bloß zahlenmäßigen Aufstellungen (Finanzbericht) hinaus muss der Vorstand nach §§ 27 Abs. 3 und 666 BGB auch allgemein über seine Tätigkeit berichten. Formale Vorgaben, wie das aussehen muss, gibt es auf gesetzlicher Basis nicht. Regelt die Satzung nichts, gilt das Vereinsherkommen.
Praxistipp | Bei größeren Vereinen empfiehlt es sich, den Rechenschaftsbericht bereits mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zu versenden. Werden komplexe – auch zahlenmäßige – Nachweise erst bei der Versammlung vorgelegt, kann das die Mitglieder überfordern und dadurch in ihrem Informationsrechten verletzen. Auch wenn die Berichte bereits mit der Einladung verschickt werden, muss der Vorstand auf eine ausreichende Frist bis zu Versammlung achten. Dann kann die satzungsmäßige Ladungsfrist u. U. zu kurz sein. |
Wann haftet der Vorstand bei mangelnden Nachweisen?
Zwar hat die Mitgliederversammlung einen umfassenden Anspruch darauf, vom Vorstand Einsicht in alle Geschäftsunterlagen und Auskünfte dazu zu verlangen. Eine Haftung des Vorstands ergibt sich aber nur bei tatsächlichen Verstößen gegen die Vermögensverwaltungspflicht des Vorstands. Der Verein muss dabei nachweisen, dass und in welcher Höhe tatsächlich ein Schaden entstanden ist und er auf das Handeln des Vorstands zurückzuführen ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 28.05.2008, Az. 7 U 176/07, Abruf-Nr. 082001).
Fehlende Belege für Ausgaben führen also noch zu keiner Haftung des Vorstands. Ihm muss nachgewiesen werden, dass tatsächlich eine Mittelfehlverwendung stattfand.
Wichtig | Eine zuvor erteilte Entlastung des Vorstands führt nicht ohne Weiteres zu einer Haftungsfreistellung. Die Entlastung umfasst nur Ansprüche, die der Mitgliederversammlung bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten. Der Vorstand sollte deswegen umfassend Rechenschaft ablegen und schriftliche Berichte vorlegen. So kann er nachweisen, dass die entsprechenden Gegebenheiten der Mitgliederversammlung tatsächlich bekannt waren.
AUSGABE: VB 7/2025, S. 8 · ID: 50460946