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BetriebsaufspaltungFG Hamburg klärt auf: Kann zwischen zwei Vereinen eine Betriebsaufspaltung vorliegen?

Abo-Inhalt02.07.20255 Min. Lesedauer

| Zu einer Betriebsaufspaltung kommt es im Vereinsbereich meist, wenn Tätigkeiten in eine Kapitalgesellschaft ausgelagert werden oder wenn sowohl die Betriebs- als auch die Besitzgesellschaft ein Verein ist. Bei der zweiten Konstellation kommt eine Betriebsaufspaltung aber nur in Frage, wenn das Besitzunternehmen die beherrschende Rolle einnimmt. Das liegt bei Vereinen als Betriebsgesellschaft nur in speziellen Fällen vor, wie eine Entscheidung des FG Hamburg zeigt. Anlass genug, das Thema „Betriebsaufspaltung im Verein“ einmal grundsätzlicher zu analysieren. |

Das Rechtskonstrukt der Betriebsaufspaltung

Die Betriebsaufspaltung ist ein von der Rechtsprechung geschaffenes Konstrukt. Vermögensverwaltende Tätigkeiten können danach als Gewerbebetrieb behandelt werden, wenn sie durch die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an die Betriebsgesellschaft (sachliche Verflechtung) und durch eine Beherrschung durch das Besitzunternehmen (personelle Verflechtung) gekennzeichnet sind, die dazu führt, dass die Personen, die das Besitzunternehmen beherrschen auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen können. So sollen steuerliche Gestaltungen zur Vermeidung der Gewerbesteuer verhindert werden.

Bei gemeinnützigen Körperschaften hat die Betriebsaufspaltung eine besondere Bedeutung, weil, wenn sie vorliegt, nicht nur eine Gewerbesteuerpflicht entsteht, sondern die Steuerbefreiung bei einer sonst begünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeit entfällt. Typisch dafür ist die Auslagerung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe in eine eigenständige Kapitalgesellschaft (GmbH), an der das Besitzunternehmen eine Mehrheitsbeteiligung hat.

Um diesen Vereinsfall ging es beim FG Hamburg

Ein steuerbefreiter Berufsverband vermietete Coachingräume an einen zweiten Verein, dessen Mitglieder ausschließlich Vorstandsmitglieder des Berufsverbands waren. Der Berufsverband behandelte die Mieteinahmen als Einkünfte aus Vermögensverwaltung. Das Finanzamt sah dagegen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, weil Verein und Verband personell und sachlich verflochten seien und damit eine Betriebsaufspaltung vorliege. Zwar sei der Verband nicht selbst Mitglied im Verein. Dadurch, dass im Verein nur Vorstandsmitglieder des Berufsverbands Mitglieder gewesen seien, habe der Berufsverband aber sichergestellt, dass sein geschäftlicher Betätigungswille durchgesetzt werde. Dagegen klagte der Berufsverband.

Darum hat das FG eine Betriebsaufspaltung verneint

Das FG Hamburg gab ihm Recht. Es ist nicht nur zum Ergebnis gekommen, dass keine personelle Verflechtung vorlag, sondern hat auch grundsätzlich geklärt, wann zwischen zwei Vereinen eine Betriebsaufspaltung bestehen kann (FG Hamburg, Urteil vom 08.04.2025, Az. 5 K 103/24, Abruf-Nr. 248736).

Es gelten die für Kapitalgesellschaften entwickelten Grundsätze

Da es sich bei der Besitzgesellschaft um eine Körperschaft (Verein) handelt, greift das FG auf die zu Kapitalgesellschaften entwickelten Grundsätze zurück (sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung). In dieser Konstellation kommt es darauf an, ob die Besitzkapitalgesellschaft selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann und nicht etwa nur deren Gesellschafter.

Bei einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft liegt eine Betriebsaufspaltung nur vor, wenn sie an der Kapitalgesellschaft zu mehr als 50 Prozent unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Dann beherrscht sie die Betriebsgesellschaft aufgrund der Beteiligungsmehrheit. Bei einer geringeren Beteiligung kann es zu einer Betriebsaufspaltung nur kommen, wenn spezielle vertragliche oder Satzungsregelungen bestehen, die es der Besitzgesellschaft ermöglichen, ihren Willen durchzusetzen (faktische Beherrschung). Das gilt z. B. für besondere Stimmrechte in der Betriebsgesellschaft.

Das FG verweist hier auf die BFH-Rechtsprechung. Danach kann auch bei gemeinnützigen Körperschaften eine Betriebsaufspaltung vorliegen. Dabei gelten die für die kapitalistische Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze (BFH, Urteil vom 17.11.2020, Az. I R 72/16, Abruf-Nr. 222373).

Einfluss der Gesellschafter spielt keine Rolle

Ein Rückgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner ist dagegen nicht zulässig (sog. Durchgriffsverbot). Das Durchgriffsverbot folgt aus dem Prinzip der Trennung (Verselbstständigung) der Kapitalgesellschaft von der Person oder dem Kreis ihrer Gesellschafter. Welche Gesellschafter – vom Ausnahmefall einer faktischen Beherrschung abgesehen – eine in der Rechtsform der GmbH geführte Betriebsgesellschaft beherrschen, richtet sich nach der Mehrheit der Anteile und damit der Stimmen.

Durchsetzen des geschäftlichen Betätigungswillens im Verein

Die analoge Regelung im Vereinsrecht ist § 32 BGB. Hiernach werden die Angelegenheiten des Vereins, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Vor diesem Hintergrund sah das FG im behandelten Fall keine personelle Verflechtung und damit keine Betriebsaufspaltung.

Zunächst kommt es darauf ab, ob der Berufsverband seinen geschäftlichen Betätigungswillen im Verein durchsetzen kann. Hier muss mit Bezug auf die Satzung geklärt werden, ob und wie der Verein „beherrscht“ werden kann. Im konkreten Fall war in der Satzung des Vereins geregelt, dass die Mitgliederversammlung nicht nur über die Wahl des Vorstands entscheidet. Sie war außerdem zuständig für Beschlussfassungen über Satzungsänderungen und alle sonstigen ihr vom Vorstand unterbreiteten Aufgaben sowie über die nach der Satzung ihr übertragenen Angelegenheiten und die Auflösung des Vereins. Dabei entscheidet die Mitgliederversammlung über sämtliche ihr übertragenen Angelegenheiten mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei sieben Mitgliedern in den Streitjahren waren für die einfache Mehrheit damit vier Stimmen erforderlich.

Wichtig | Diese Regelungen entsprechen den gesetzlichen Vorgaben. Enthält die Satzung eines Vereins also keine besonderen Bestimmungen, z. B. zu Sonderstimmrechten, kann ein Verein nicht von einem anderen beherrscht werden.

Der Berufsverband war selbst nicht Mitglied im Verein. Schon deshalb beherrschte er den Verein nicht im Sinne der Rechtsprechung.

Nach Auffassung des FG lässt sich auch nicht annehmen, dass eine Beherrschung dadurch eingetreten war, dass der Vorstand des Berufsverbands personenidentisch mit den Vereinsmitgliedern des Vereins war. Denn die Besitzgesellschaft muss selbst zu mehr als 50 Prozent an der Betriebsgesellschaft beteiligt sein und damit ihren Willen durchsetzen können. Auf die Frage, ob das geschäftsführende Organ einer Kapitalgesellschaft bzw. einer juristischen Person (der Geschäftsführer oder der Vorstand) wiederum an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist, kommt es nach der Rechtsprechung gerade nicht an, so das FG.

Keine faktische Beherrschung

Auch ohne Mehrheitsbeteiligung kann eine tatsächliche Beherrschung des Besitzunternehmens bestehen. Für eine solche tatsächliche Machtstellung hätte es eines entsprechenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern bedurft. Im konkreten Fall wäre ein Vertrag erforderlich gewesen, nach dem der Berufsverband verpflichtet gewesen wäre, den Willen von mindestens vier seiner Vorstandsmitglieder umzusetzen. Ein solcher Vertrag existierte aber nicht.

Auch eine faktische Beherrschung des Vereins ließ sich nicht annehmen. Denn die in diesem Bereich ergangene Rechtsprechung erstreckt sich allein auf Personengesellschaften oder Einzelunternehmer als Besitzunternehmen, aber nicht auf Körperschaften wie den Verein.

Fazit | Eine Betriebsaufspaltung zwischen zwei Vereinen würde voraussetzen, dass der Verein als Besitzgesellschaft in dem Verein, der die Betriebsgesellschaft ist, über mehr als 50 Prozent der Stimmrechte verfügt. Das kann nicht der Fall sein, wenn die potenzielle Besitzgesellschaft selbst gar nicht Vereinsmitglied der potenziellen Betriebsgesellschaft ist. In der Praxis liegen so eng verbundene Vereine vor allem als Förder- und Trägervereine vor. Eine Betriebsaufspaltung würde hier aber eine sehr ungewöhnliche rechtliche Konstruktion der Satzung voraussetzen. Als Gegenstand der Betriebsaufspaltung kommen zudem vor allem Miet- und Pachtverträge in Frage, weil aus der Beteiligung an einem Verein keine Kapitaleinkünfte bezogen werden.

AUSGABE: VB 7/2025, S. 5 · ID: 50459217

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