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VereinsbesteuerungZuwendungen an Mitglieder (Teil 1): Die ertragsteuerliche Behandlung beim Verein
| Zuwendungen an Mitglieder werden bei Vereinen meist nur bezogen auf die Gemeinnützigkeit des Vereins betrachtet. Bleiben sie aber nicht in einem geringfügigen Rahmen, wie er bei der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich ist, hat das steuerliche Folgen – je nach Fall für den Verein und auch für die Mitglieder. Die neue VB-Beitragsreihe zeigt die ertrag- und umsatzsteuerlichen Folgen für den Verein auf und klärt, ob und welche steuerlichen Folgen es für die Mitglieder gibt. |
Die vier möglichen Fallgestaltungen und deren Einordnung
Ob und welche steuerlichen Folgen beim Verein entstehen, hängt von Art und Umfang der Zuwendungen an die Mitglieder ab und ob ihnen Beitragszahlungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Hier gilt:
- 1. Geringe Zuwendungen im Rahmen der Mitgliederpflege führen zu keinen steuerlichen Folgen.... Annehmlichkeit ...
- 2. Erbringt der Verein regelmäßig Leistungen an die Mitglieder, wird der Mitgliedsbeitrag (anteilig) als „unechter“ Beitrag behandelt. Die Beiträge sind dann beim Verein gewerbliche Einkünfte, die Leistungen an die Mitglieder Umsatzerlöse.... Leistungsaustausch ...
- 3. Stehen den Leistungen keine entsprechenden Beitragszahlungen der Mitglieder gegenüber, liegen beim Verein verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vor. Die steuerlichen Folgen hängen dann davon ab, welchem steuerlichen Bereich die Zuwendungen zuzuordnen sind.... oder verdeckte Gewinnausschüttung?
- 4. Im Einzelfall können Leistungen an die Mitglieder über ein steuerliches Einlagenkonto verrechnet werden. Die „Mitgliedsbeiträge“ sind dann Einlagen, die Leistungen an die Mitglieder steuerfreie Ausschüttungen.
Grundsatz: Zuwendungen fallen nicht unter Schenkungsteuerrecht
Grundsätzlich nicht möglich ist es, Zuwendungen an Mitglieder als Schenkungen im Sinn des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu behandeln. Zwischen Verein und Mitglied besteht nämlich eine gesellschaftsrechtliche Beziehung. Es handelt sich dann um keine freigebigen Zuwendungen im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (BFH, Urteil vom 30.01.2013, Az. II R 6/12, Abruf-Nr. 131054).
Für Gewinnausschüttungen gilt das unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden. Sie haben daher ausschließlich ertragsteuerrechtliche – keine schenkungssteuerrechtlichen – Folgen.
Unterschiedliche steuerliche Folgen
Für die ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung der Zuwendungen beim Verein kommt es insbesondere darauf an, ob diese dem ideellen Bereich oder einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind.
Getrennt davon betrachtet werden müssen die steuerlichen Folgen für die Mitglieder. So folgt z. B. aus der Behandlung der Zuwendungen beim Verein als vGA nicht zwingend, dass sie bei Mitgliedern Kapitalerträge darstellen.
1. Geringfügige Zuwendungen
„Annehmlichkeiten im Rahmen der Mitgliederpflege“ betrachtet die Finanzverwaltung in Anlehnung an die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) als unschädlich für die Gemeinnützigkeit (AEAO zu § 55, Ziffer 11). Diese Erleichterungsregelung bezieht sich zunächst nur auf das gemeinnützigkeitsrechtliche Selbstlosigkeitsgebot. Damit soll ausgeschlossen werden, dass geringfügige unentgeltliche Leistungen an die Mitglieder zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen.
Wie sind „übliche Aufmerksamkeiten“ definiert?
Das gilt lediglich für Annehmlichkeiten, die bei der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich sind und als angemessen gelten (s. AEAO zu § 52 Abs. 1 Nr. 1 AO Tz 10, Anhang 2). Aufmerksamkeiten in diesem Sinne sind:
- Aufmerksamkeiten aus Anlass persönlicher Ereignisse (z. B. Geburtstag oder langjährige Funktion im Verein). Dafür können z. B. Blumen oder ein Buch bis zu einem Betrag von 60 Euro je Anlass angemessen sein (s. R 19.6 LStR). In begründeten Ausnahmefällen darf die einzelne Sachzuwendung diesen Wert übersteigen, sofern sie angemessen bleibt.... Sachzuwendungen bei Vereins- und persönlichen Anlässen
- Zu besonderen Vereinsanlässen können Mitglieder mit Aufmerksamkeiten bedacht werden, die unschädlich für die Gemeinnützigkeit sind. Hierunter fällt bspw. die unentgeltliche oder verbilligte Bewirtung bei Vereinsfeiern oder der Hauptversammlung. Auch hier gilt die Obergrenze von höchstens 60 Euro je teilnehmendem Vereinsmitglied im Jahr.
Die Aufmerksamkeiten sollten aber nicht höher sein als der jährliche Mitgliedsbeitrag.
Unklar ist, ob dann steuerliche Folgen für Verein und Mitglieder ausgeschlossen sind. Davon wird man aber ausgehen dürfen. Da solche Leistungen an die Mitglieder nicht im Rahmen eines Leistungstauschs ausgeführt werden und ihnen die Mitgliedsbeiträge gegenüberstehen, werden weder beim Verein noch beim Mitglied steuerliche Folgen entstehen. Insbesondere liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Auf Geldzuwendungen tunlichst verzichten
Es darf sich hier nur um Sachzuwendungen oder Dienstleistungen handeln. Geldzuwendungen sind grundsätzlich schädlich. Sie werden als vGA gewertet – mit den später unter 3. dargestellten steuerlichen Folgen.
2. Zuwendungen im Rahmen eines Leistungstausches
Erbringt ein Verein regelmäßig und nennenswert Leistungen an Mitglieder, gehen Rechtsprechung und Finanzverwaltung davon aus, dass unechte Beiträge vorliegen, die zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führen. Die Mitgliedsbeiträge sind dann (pauschalierte) Entgelte für diese Leistungen. Das setzt aber voraus, dass die Leistungen ganz oder überwiegend durch die Beitragszahlungen gedeckt sind.
Der Unterschied zwischen echten und unechten Beiträgen
Echte Mitgliedsbeiträge i. S. v. § 8 Abs. 5 KStG sind dagegen Beiträge, die die Mitglieder einer Personenvereinigung lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder nach der Satzung zu entrichten haben. Sie dürfen der Personenvereinigung nicht für die Wahrnehmung besonderer geschäftlicher Interessen oder für Leistungen zugunsten ihrer Mitglieder zufließen.
Soweit eine Körperschaft der wirtschaftlichen Förderung der Einzelmitglieder dient und die Beiträge Entgelt für bestimmte Leistungen darstellen, handelt es sich nicht um echte Mitgliederbeiträge (BFH, Urteil vom 26.07.1989, Az. I R 86/85). Das kann der Fall sein, wenn die Beiträge nach dem Umfang der Leistungen gestaffelt werden, die ein Mitglied bezieht. Auch bei einheitlicher Beitragshöhe kann der Mitgliedsbeitrag aber ein Leistungsentgelt sein. Insbesondere ist das der Fall, wenn die tatsächlich erhobenen Leistungsentgelte mittelfristig nicht die Kosten für die Sonderleistungen decken.
Wichtig | Umsatzsteuerlich gelten strengere Regelungen. Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass Mitgliedsbeiträge ein pauschaliertes Leistungsentgelt sind, wenn der Verein seinen Mitgliedern Leistungen bereitstellt (BFH, Urteile vom 09.08.2007, Az. V R 27/04, Abruf-Nr. 072992 und 11.10.2007, Az. V R 69/06, Abruf-Nr. 080035). Dabei spielt es keine Rolle, ob und in welchem Umfang das Mitglied die Leistungen tatsächlich in Anspruch nimmt. Das betrifft insbesondere Sportvereine, weil die Mitglieder hier über die Teilnahme an Kursen, Training und Wettkämpfen sowie durch die Nutzung der Sportanlagen regelmäßig Leistungen des Vereins erhalten. Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung des BFH aber nicht umgesetzt.
Beiträge werden als Umsatzerlöse eingestuft
Die steuerliche Folge ist dann, dass die Mitgliedsbeiträge ganz oder teilweise Einnahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind. Der ist mit seinen Überschüssen körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Es gilt aber ein Freibetrag von 5.000 Euro. Zudem sind die Beiträge als Umsätze dieses wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs umsatzsteuerpflichtig.
Beispiele | |
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Anteilige unechte Beiträge
Es wird aber nicht zwingend der ganze Mitgliedsbeitrag als Leistungsentgelt behandelt. Vielmehr muss er durch Schätzung in einen steuerfreien (reine Mitgliedsbeiträge) und einen steuerpflichtigen Teil (pauschalierte Gegenleistungen) aufgeteilt werden (KStDV R 8.11). Für bestimmte Vereinigungen hat die Finanzverwaltung einen festen Aufteilungsschlüssel bestimmt. So gilt für
- Haus- und Grundeigentümervereine und Mietervereine ein unechter Anteil von 20 Prozent (KStR, R 8.12),
- für Obst- und Gartenbauvereine ebenfalls 20 Prozent (KStR, R 8.13) und
- für Fremdenverkehrsvereinen 25 Prozent (KStR, R 8.13).
3. Verdeckte Gewinnausschüttung bei Vereinen
Stehen den Leistungen der Mitglieder keine entsprechend hohen Beitragszahlungen gegenüber oder fehlt ein Leistungstausch mit den Mitgliedern, kann eine vGA vorliegen. Unter einer vGA versteht man eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis (hier Mitgliedschaftsverhältnis) veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (BFH, Urteil vom 19.08.1998, Az. I R 21/98).
Wann liegt ein vGA vor?
Maßstab ist der Fremdvergleich. Eine vGA liegt vor, wenn der Verein seinen Mitgliedern einen Vermögensvorteil zuwendet, den er bei Anwendung der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters (bzw. Vorstands) einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte (BFH, Urteil vom 19.08.1998, Az. I R 21/98).
Beispiel |
Ein nicht gemeinnütziger Verein erstattet seinen Mitgliedern die Reisekosten zur Mitgliederversammlung in erheblicher Höhe. Im konkreten Fall hat der BFH diese als vGA bewertet (BFH, Urteil von 21.11.1961, Az. I 73/60 U). |
So begründet der BFH die Anwendung der vGA-Regelungen bei Vereinen
Der BFH hat bestätigt, dass eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht nur bei Kapitalgesellschaften, sondern auch bei Vereinen möglich ist (BFH, Urteile vom 09.08.1989, Az. I R 4/84 und vom 19.08.1998, Az. I R 21/98). Die von Vereinen gegenüber ihren Mitgliedern erbrachten Leistungen können Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar sein, zumindest dann, wenn die Leistungen des Vereins nicht in Erfüllung der satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern erbracht werden und keine Gegenleistung im Rahmen eines schuldrechtlichen Leistungsaustauschs darstellen (FG Köln, Urteil vom 14.01.2010, Az. 13 K 3157/05).
Zwar haben die Mitglieder keine Kapitalanteile am Vereinsvermögen. Nach Auffassung des BFH genügt für eine vGA aber, dass die Mitglieder Einfluss auf den Verein haben. Das entspricht dem Gesellschaftsverhältnis bei der Kapitalgesellschaft. Eine vGA setzt nicht voraus, dass der gewährte Vermögensvorteil beim Mitglied als Einkünfte aus Kapitalvermögen bewertet wird (BFH, Urteil vom 09.08.1989, Az. I R 4/84).
Keine vGA aus dem mitgliedschaftlichen Bereich
Eine vGA liegt aber nicht vor, wenn der Verein die Leistungen an seine Mitglieder auf Grund von echten Mitgliedsbeiträgen erbringt. Diese Leistungen sind nicht mit einer Gewinnausschüttung vergleichbar, da sie allgemein mit den Mitgliedsbeiträgen abgegolten sind (Bundestagsdrucksache, 14/6882 vom 10.09.2001, Seite 35). Das bedeutet, dass eine Beitragsrückgewähr in welcher Form auch immer beim Verein keine vGA darstellt. Eine offene oder verdeckte Gewinnausschüttung setzt also voraus, dass sie nicht aus Mitgliedsbeiträgen finanziert wird.
Die Voraussetzungen einer vGA im Verein
Eine vGA bei einem Verein liegt regelmäßig nur vor, wenn die Vorteilsgewährung an das Mitglied weder durch die Satzung gedeckt ist noch mit dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands in Einklang steht. Dabei kann ein Verhalten noch ordnungsmäßig sein, das bei einer Kapitalgesellschaft bereits eine vGA begründet.
Diese Ausschüttungen können bei Vereinen eine vGA darstellen
Für eine vGA kommen also nur Ausschüttungen aus Vermögenserträgen und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben des Vereins in Frage. Sie kann erst dann vorliegen, wenn die Zuwendungen an die Mitglieder die gezahlten Beiträge deutlich überschreiten oder keine Beiträge erhoben werden.
Beispiel |
Ein Hundesportverein betreibt auf seiner Anlage einen Laden für Futter und Tierbedarf, in dem sowohl Mitglieder als auch Dritte einkaufen können. Die aktiven Mitglieder, die keine Geldbeiträge entrichten müssen, erhalten beim Einkauf so hohe Rabatte, dass der Verkauf an sie unter den Selbstkosten erfolgt. Damit werden Gewinne des Betriebs an die Mitglieder ausgeschüttet. Es liegt eine vGA vor. |
Steuerliche Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung
Eine vGA führt dazu, dass die entsprechenden Zuwendungen beim Verein nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (§ 8 Abs. 6 KStG). Sie mindern also nicht das steuerpflichtige Einkommen und führen zunächst damit zu höheren – steuerbaren – Gewinnen.
Beispiel |
Im obigen Beispiel dürfte der Verein die an die Mitglieder verkaufen Waren bei den Betriebsausgaben nicht berücksichtigen, bzw. müsste die Selbstkosten als Umsatzerlös ansetzen. |
Wichtig | Eine vGA durch einen Verein unterliegt der Kapitalertragsteuer. Beim Vereinsmitglied ist die Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 Nr. 4 EStG aber nicht anwendbar (BMF, Schreiben vom 02.02.2016, Az. IV C 2 – S 2706-a/14/10001).
4. Gestaltung über ein Einlagenkonto?
Wenn bei einem Verein eine vGA möglich ist, stellt sich die Frage, ob auch verdeckte Einlagen in Frage kommen. Werden regelmäßig Zuwendungen an die Mitglieder gewährt, könnten die Mitgliedsbeiträge dann als (verdeckte) Einlagen behandelt werden. Die Zuwendungen wären dann eine Rückgewähr dieser Einlagen, die weder beim Verein noch beim Mitglied steuerliche Folgen auslöst.
Das FG Köln hat bestätigt, dass die Regelungen zum steuerlichen Einlagenkonto auch für nichtwirtschaftliche Verein gelten können. Es hat mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG klargestellt, dass auch Vereine Ausschüttungsfähigkeit sein können. Mitgliedsbeiträge können aber regelmäßig nicht als Einlage im Sinne des § 27 KStG angesehen werden, weil sie nicht einem betrieblichen Bereich gewidmet sind. Sie sind also im Zeitpunkt des Zuflusses steuerlich nicht relevant. Das FG Köln hat die Möglichkeit, Mitgliedsbeiträge als Einlagen zu behandeln, deswegen nur einem Sonderfall bestätigt. Der betreffende Verein hatte sämtliches Vermögen aus der steuerbefreiten Sphäre dem wirtschaftlichen Bereich zugeordnet, die Trennung der unterschiedlichen Vermögensbereiche in seiner Buchhaltung aber nicht abgebildet. Folge: Die Zahlungen würden als Ausschüttungen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs behandelt (FG Köln, Urteil vom 14.01.2010, Az. 13 K 3157/05, Abruf-Nr. 245541).
Mitgliedsbeiträge als (verdeckte) Einlagen darzustellen und über entsprechenden steuerliche Einlagenkonten abzubilden, wird also nur ausnahmsweise möglich oder sinnvoll sein.
Beispiel |
Verein finanziert Ladenneuausstattung über Umlagen der Mitglieder |
AUSGABE: VB 1/2025, S. 8 · ID: 50270693