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GemeinnützigkeitDie Mittelverwendungsrechnung (Teil 4): Musterfall und Praxistipps

Abo-Inhalt03.01.20251742 Min. Lesedauer

| Der Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung kann je nach Vermögensstruktur einer gemeinnützigen Körperschaft eine recht komplexe Aufgabe sein. Gesetzliche Vorgaben dazu gibt es nur mittelbar. Und auch die Finanzverwaltung bleibt bei diesem Thema denkbar allgemein. Deswegen sind sowohl das grundsätzliche Verfahren einer Mittelverwendungsrechnung als auch viele Einzelfragen ungeklärt. VB stellt Ihnen in Teil 4 der Beitragsreihe anhand eines Musterfalls eine Mustermittelverwendungsrechnung vor. |

Nachweis der Mittelverwendung gegenüber dem Finanzamt

Es gibt kein Vorgaben der Finanzverwaltung, dass die zeitnahe Mittelverwendung im Rahmen der Steuererklärung regelmäßig nachgewiesen werden muss. Soweit das Finanzamt keine Mittelverwendungsrechnung verlangt, gibt es also keine Notwendigkeit, sie vorzulegen.

Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO, Ziffer 29 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) sieht die Finanzverwaltung eine Nachweispflicht nur für den Fall, dass die Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet oder zulässigerweise dem Vermögen zugeführt werden.

Praxistipp | In der Praxis ist es eher die Ausnahme, dass das Finanzamt eine Mittelverwendungsrechnung anfordert. Das wird vor allem bei einer unübersichtlichen Vermögensstruktur der Fall sein oder wenn – bei EÜ-Rechnern – über Jahre hinweg hohe Überschüsse erzielt wurden, deren Verwendung unklar ist. Ein weiterer „Anforderungsfall“ ist, wenn die vier steuerlichen Sphären buchhalterisch unzulänglich getrennt sind.

Die Mittelverwendungsrechnung ist aber dennoch ein wichtiges internes Kontrollinstrument, um zu prüfen, ob nennenswerte Mittelverwendungsrückstände bestehen. Verpflichtend ist aber ein Ausweis der Rücklagen. Das ergibt sich schon daraus, dass sie im Rahmen der Steuererklärung (Anlage Gem) formularmäßig einzutragen sind.

Gemeinnützige Einrichtungen und ihre Berater sollten sich vor Augen führen, dass angesichts der vagen Vorgaben der Finanzverwaltung und einer Reihe ungeklärter Fragen in der Darstellungssystematik auch die Finanzämter mit einer konsistenten Mittelverwendungsrechnung regelmäßig überfordert sein werden. Eine überschlägige Darstellung muss also ausreichen.

Praxistipp | Kommt es dabei zu deutlichen Verwendungsüberhängen, kann die Darstellungssystematik durchaus angepasst werden. So werden z. B. kurzfristige Verbindlichkeiten und Forderungen unterschiedlich eingeordnet. Teils werden sie wegen der kurzen Fälligkeit als bereits zeitnah verwendete Mittel eingeordnet.

Der Musterfall: gGmbH aus dem Bereich berufliche Bildung

Der folgende Musterfall basiert auf dem Jahresabschluss einer tatsächlich existierenden gemeinnützigen GmbH, die im Bereich der beruflichen Bildung tätig ist. Die gGmbH ist ausschließlich im steuerbegünstigten Bereich tätig. Eine Aufteilung des Anlagevermögens in einen nutzungsgebundenen und einen nicht nutzungsgebundenen Teil ist also nicht erforderlich.

Finanzanlagen im Anlagevermögen (z. B. Wertpapiere und Beteiligungen) sind – wie bei den meisten gemeinnützigen Organisationen – nicht vorhanden. Geldanlagen gibt es nur in Form von Kontoguthaben (Umlaufvermögen).

Die Bilanz für 2023 sieht wie folgt aus

Die Rücklagen sind im Eigenkapitalbereich ausgewiesen und beschränken sich auf freie und zweckgebundene Rücklagen (insbesondere für den Bau von Gebäuden). Auf eine Darstellung des detaillierten Rücklagenspiegels wird hier verzichtet.

Für die Mittelverwendung werden von der Aktiva-Seite der Bilanz nur die tatsächlich verfügbaren Vermögensteile berücksichtigt. Es bleiben also nur

  • entgeltlich erworbene Konzessionen,
  • Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte,
  • andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie
  • Kassenbestand und Bankguthaben.

Das gesamte Anlagevermögen ist im vorliegenden Fall nutzungsgebunden und wird dem vorhanden Vermögen entsprechend gegenübergestellt (bzw. als bereits zeitnah verwendet ausgewiesen).

Wichtig | In Teilen der Fachliteratur werden die kurzfristigen Forderungen und Verbindlichkeiten ebenfalls in der Mittelverwendungsrechnung berücksichtigt. Das lässt sich damit rechtfertigen, dass es hier zu schnellen Änderungen kommen kann, und sie damit ähnlich behandelt werden können wie die Finanzmittel des Umlaufvermögens. Da es keine Vorgaben für die Mittelverwendungsrechnung gibt, können diese aufgenommen werden, wenn sich das zugunsten der Körperschaft auswirkt, also eventuelle Verwendungsüberhänge damit geringer ausfallen. Von der Passivseite der Bilanz werden nur die Posten Gezeichnetes Kapital, Rücklagen und Rückstellungen in die Mittelverwendungsrechnung aufgenommen.

Die GuV für die Mittelverwendungsrechnung wird benötigt, um den Mittelvortrag des jeweiligen Jahres zu ermitteln. Er ist der um die nicht liquiditätswirksamen Aufwendungen korrigierte Gewinn:

GuV 2003

Nicht liquiditätswirksame Aufwendungen sind hier lediglich die Abschreibungen. Der so ermittelte Liquiditätszufluss (Gewinn + Abschreibungen) beträgt dann 924,1 Tausend Euro. Das gleiche gilt für den Mittelvortrag des Vorjahres (2022). Es ergibt sich dann die folgende Gegenüberstellung von Vermögen und dessen Zuordnung nach der zeitnahen Verwendung:

Mittelverwendungsrechnung

Das nutzungsgebundene Anlagevermögen entspricht dabei dem gesamten Anlagevermögen, weil hier weder Anlagevermögen in der Vermögensverwaltung noch in steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben existiert. Die Rückstellungen werden in der Aufstellung als zeitnah verwendet berücksichtigt, weil sie für die entsprechenden Verwendungszwecke reserviert sind (im Prinzip entsprechen sie damit zweckgebundenen Rücklagen).

Der Verwendungsrückstand bzw. -überhang ergibt sich als Saldo aus verfügbarem und zeitnah verwendetem Vermögen. Ergebnis: Im vorliegenden Fall ist der Verwendungsüberhang weit im negativen Bereich. Das bedeutet, dass weit mehr Mittel als nicht zeitnah zu verwendend ausgewiesen sind, also tatsächliches Vermögen vorhanden ist. Der Fehler liegt hier offensichtlich bei den ausgewiesenen zweckgebundenen Rücklagen. Vermutlich wurde übersehen, die gebildeten Rücklagen für den Bau von Gebäuden aufzulösen.

Weiterführender Hinweis
  • VB hat alle vier Beitragsteile zur Mittelverwendungsrechnung in einer Sonderausgabe zusammengefasst. Diese finden Sie auf iww.de/vb → Abruf-Nr. 50272070.

AUSGABE: VB 1/2025, S. 14 · ID: 50271672

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