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VermögensverwaltungAusgliederung von Zweckbetrieben: Sind sie gemeinnützigkeitskonform?
| Die Vermögensverwaltung stellt bei gemeinnützigen Körperschaften einen Sonderfall dar. Sie bleibt ertragsteuerfrei, gehört aber nicht zu den satzungsmäßigen steuerbegünstigten Tätigkeiten. Deswegen ist es wichtig, die Vermögensverwaltung von nicht begünstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten abzugrenzen. Damit Sie Probleme proaktiv lösen können, macht VB Sie in einer Serie mit den Einzelfällen vermögensverwaltender Tätigkeiten vertraut. Teil 6 beschäftigt sich mit der Ausgliederung von Zweckbetrieben. |
Inhaltsverzeichnis
Die Anlässe für Ausgründungen
Die Ausgliederung von Zweckbetrieben auf gemeinnützige Tochtergesellschaften hat in der Regel keine steuerlichen oder gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründe. Neben organisatorischen Gründen wird vor allem die Haftungsbegrenzung eine Rolle spielen. Es wird damit also verhindert, dass die wirtschaftlichen Risiken des Zweckbetriebs auf die Muttergesellschaft durchschlagen.
Steuerliche Behandlung der Beteiligung
Die Beteiligung an einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft fällt grundsätzlich in die steuerfreie Vermögensverwaltung. Damit entstehen steuerlich keine Unterschiede gegenüber der Besteuerung eines Zweckbetriebs innerhalb der Organisation.
Vermögensverwaltung oder ideeller Bereich?
Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann unter bestimmten Bedingungen auch eine Zuordnung zum ideellen Bereich erfolgen. Das hat aber nur Bedeutung für die Aufbringung des Beteiligungskapitals (s. u.). Gewinnabführungen der Tochtergesellschaft sind eine Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 1 AO und damit in unbegrenzter Höhe möglich. Umgekehrt kann die Muttergesellschaft der gemeinnützigen Tochter unbegrenzt Mittel zuführen. Das kann z. B. auch in Form von Darlehen oder der Bereitstellung von Sachmitteln oder Personal erfolgen.
Die Kapitalausstattung
Für die Kapitalausstattung auch einer gemeinnützigen GmbH durften nach früherer Auffassung der Finanzverwaltung keine zeitnah zu verwendenden Mittel eingesetzt werden, weil die Kapitalanteile der Vermögensverwaltung zugeordnet und damit der zeitnahen Verwendung entzogen sind (OFD Rheinland, Schreiben vom 20.09.2012, Az. S 0174 – 2012/0005).
Mit der Einführung einer gemeinnützigen Holdinggesellschaft durch die Regelung des § 57 Abs. 4 AO hat die Finanzverwaltung diese Auffassung teilweise revidiert. Demnach sind zwei Fälle zu unterscheiden:
- 1. Die Satzungszwecke der Holding und der Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, decken sich. Die Beteiligung wird dann dem ideellen Bereich zugeordnet. Bei den Anteilen an der steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft handelt es sich dann um sog. nutzungsgebundenes Vermögen. Damit wird der Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel möglich. Die Finanzverwaltung stellt dabei ausdrücklich klar, dass diese Regelung bei der Ausgründung von Zweckbetrieben zur Anwendung kommen soll. Es entstehen dann keine Folgen bezüglich der zeitnahen Mittelverwendung (AEAO zu § 57 Abs. 4).Satzungszwecke von Mutter und Tochter sind deckungsgleich
- Wichtig | Diese Regelung überschneidet sich mit der Regelung zur Vermögensausstattung anderer gemeinnütziger Kapitalgesellschaften oder Stiftungen nach § 58 Nr. 3 AO. Auch hier ist Voraussetzung, dass Mutter- und Tochtergesellschaft die gleichen Satzungszwecke haben.
- 2. Hat die Tochtergesellschaft andere Satzungszwecke, kommen für die Kapitalausstattung nur Mittel in Frage, die nicht zeitnah zu verwenden sind, also vor allem freie Rücklagen und Vermögenszuführungen. Da diese Mittel vielfach begrenzt sein werden, wird sich eine Gründung mit niedrigem Stammkapital und eine spätere Vermögensübertragung anbieten, wenn die neu gegründete Gesellschaft als gemeinnützig anerkannt ist. Ertragsteuerlich spielt die Mittelaufbringung keine Rolle, weil auch die Einnahmen aus der Vermögensverwaltung bei gemeinnützigen Einrichtungen körperschaftsteuerfrei bleiben.Tochtergesellschaft verfolgt andere Satzungszwecke
Die möglichen Formen der Vermögensübertragung
Zwar kann die Ausgliederung in Form einer Aufspaltung nach Umwandlungsrecht geschehen. In der Regel wird es aber einfacher sein, die Tochtergesellschaft zunächst zu gründen und dann das Vermögen zu übertragen. Danach kann die Übertragung als Verkauf oder als Schenkung erfolgen.
Übertragung durch Schenkung
§ 58 Nr. 1 AO erlaubt eine unbegrenzte Mittelweitergabe zwischen gemeinnützigen Körperschaften. Auf die gemeinnützige Tochtergesellschaft können so Sachmittel in beliebigem Umfang und auch ganze Betriebe übertragen werden. Dabei handelt es sich um eine verdeckte Einlage, die aber ertragsteuerlich ohne Folgen bleibt, wenn das übertragene Vermögen aus dem steuerbefreiten Bereich – hier dem Zweckbetrieb – kommt.
Übertragung durch Verkauf
Möglich ist auch, dass die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft die entsprechenden Vermögensteile abkauft. Der Preis spielt hier grundsätzlich keine Rolle, weil der Verkauf von Vermögensgegenständen aus dem Zweckbetrieb steuerfrei bleibt.
Bei der Übertragung oder Ausgliederung eines Zweckbetriebs auf einen anderen gemeinnützigen Träger stellt sich das Problem der Besteuerung stiller Reserven nicht. Die Steuerbefreiung für Zweckbetriebe umfasst auch die im Zeitraum der Steuerbefreiung entstandenen stillen Reserven.
Wirtschaftsgüter werden zum Teilwert übernommen
Führt die übernehmende gemeinnützige Körperschaft den Zweckbetrieb fort, entstehen auch hier keine steuerlichen Folgen. Die zugegangenen Wirtschaftsgüter werden in der (Anfangs-)bilanz zum Teilwert ausgewiesen. Das ist nach § 6 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde.
Einbringung nach § 20 Umwandlungsteuergesetz als Sonderfall Praxistipp | Einen Sonderfall stellt eine Einbringung nach § 20 Umwandlungsteuergesetz (UmwStG) dar. Hier muss das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) angesetzt werden. Solche neuen Anteile entstehen nach UmwSt-Erlass aber bei der Gesellschaftsgründung oder einer Kapitalerhöhung. Die verdeckte Einlage, die verdeckte Sachgründung oder die verschleierte Sachkapitalerhöhung fallen dagegen nicht in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG. Es ist allerdings nicht geklärt, ob das auch für die Einbringung von Zweckbetrieben in eine gemeinnützige Kapitalgesellschaft gilt. Aus steuerlicher Sicht wird das nicht relevant sein, weil die Einbringung steuerneutral ist. |
Zeitnahe Mittelverwendung
Wird Vermögen auf eine andere gemeinnützige Körperschaft übertragen, besteht die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung fort. Das gilt für Geld- und Sachmittel gleichermaßen. Bei den übertragenen Sachmitteln aus dem Zweckbetrieb handelt es sich um sog. nutzungsgebundenes Anlagevermögen. In der Praxis entstehen hier bei der Fortführung des Zweckbetriebs in der Tochtergesellschaft keine Probleme, weil die zeitnahe Mittelverwendung damit gegeben ist.
... lässt Problem „zeitnahe Mittel-
verwendung“ gar nicht entstehen Praxistipp | Möglich ist auch eine Sachgründung der Tochter-GmbH. Das bedeutet aber einen erhöhten Gründungsaufwand, weil die eingebrachten Gegenstände im Gesellschaftsvertrag möglichst konkret benannt werden müssen. Außerdem muss ein schriftlicher Sachgründungsbericht erstellt und von allen Gesellschaftern unterzeichnet werden. In der Praxis wird man deswegen meist eine Bargründung durchführen und die Sachmittel nach Gründung einbringen. |
Weitere Tätigkeit der Muttergesellschaft
Werden wesentliche Tätigkeitsbereiche in eine Tochtergesellschaft ausgelagert, muss sichergestellt sein, dass die Mutterorganisation weiter über ausreichende eigene gemeinnützige Tätigkeiten verfügt. Andernfalls wäre die Gemeinnützigkeit gefährdet, weil ein Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsgebot vorliegt. Denkbar wäre auch, dass die Mutterorganisation neben dem ausgelagerten Zweckbetrieb nicht begünstigte wirtschaftlichen Tätigkeiten verfolgt, die dann ein Übergewicht erhalten. Dann wäre die Gemeinnützigkeit bedroht, weil die Satzungstätigkeiten zu bloßen Nebenzwecken werden.
Das Gemeinnützigkeitsrecht kennt zwei Ausnahmen vom Gebot der Unmittelbarkeit, mit denen eine Organisation, die ihre Satzungstätigkeiten auslagert, weiter gemeinnützig sein kann – Förderkörperschaften und Holdings nach § 57 Abs. 4 AO.
Weiterführung der Mutterorganisation als Förderverein
Denkbar ist eine Weiterführung der Mutterorganisation als Förderkörperschaft. Das setzt eine Änderung des Satzungszwecks voraus, wenn sie keine eigenen gemeinnützigen Zwecke mehr verfolgt. Der Satzungszweck richtet sich dann auf die Mittelbeschaffung für die ausgegliederte Tochtergesellschaft. Diese Mittelweitergabe muss dann aber tatsächlich erfolgen, sonst verfolgt die Muttergesellschaft auch keinen mittelbaren gemeinnützigen Zweck. Aus diesem Grund wird das gemeinnützigkeitsrechtliche Konstrukt der Förderkörperschaft nur im Ausnahmefall in Frage kommen.
Muttergesellschaft als reine Holding
Gibt die Muttergesellschaft ihre eigenen steuerbegünstigten Tätigkeiten mit der Ausgründung auf, kommt nur das o. g. Holdingmodell nach § 57 Abs. 4 AO in Frage. Nach dieser Regelung verfolgt eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. Dabei genügt auch die Beteiligung an nur einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft. Auch eine Mindestbeteiligungsquote ist nicht erforderlich.
Ob auch dafür eine Satzungsänderung bei der Muttergesellschaft erfolgen muss, ist durch Gesetzgeber und Finanzverwaltung nicht geklärt worden. Mindestens dann, wenn außer der Holdingfunktion keine weiteren gemeinnützigen Tätigkeiten verfolgt werden, wird das aber erforderlich sein.
Leistungstausch zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft
Werden wirtschaftliche Tätigkeiten ausgelagert, die auch künftig ganz oder teilweise für die Muttergesellschaft erbracht werden, gibt es für die Preisbildung keine gemeinnützigkeitsrechtlichen Einschränkungen. Ein marktübliches oder auch nur kostendeckendes Entgelt ist also nicht erforderlich. Auch andere steuerliche Folgen entstehen nicht, wenn die Leistungen aus einem Zweckbetrieb der Mutter- an die Tochtergesellschaft erbracht werden.
Erbringt die Muttergesellschaft Leistungen an die Tochter, die nicht steuerbegünstigt sind (z. B. Buchführungs- und Verwaltungstätigkeiten), fallen diese grundsätzlich in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Möglich ist aber eine Steuerbegünstigung als Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO. Hier werden die Leistungen dann ertragsteuerlich wie ein Zweckbetrieb behandelt. Dafür ist aber eine entsprechende Satzungsgestaltung erforderlich, d. h. die Kooperation und die Kooperationspartner müssen im Satzungszweck benannt sein.
- Die Teile 1 bis 5 der Beitragsreihe „Die ertragsteuerfreie Vermögensverwaltung und die Abgrenzung zu den anderen Vereinssphären“ finden Sie auf vb.iww.de unter den Abruf-Nrn. 49768850, 49807228, 49881194, 49930910 und 49975611.
AUSGABE: VB 5/2024, S. 11 · ID: 50010816