FeedbackAbschluss-Umfrage

Reparaturkosten und Regress„Vereinbart“ schlägt „üblich“. Im Regress aber nicht ganz …

Abo-Inhalt17.01.2024264 Min. Lesedauer

| Bei der Frage des berechtigten Werklohns, der dem Geschädigten von der Werkstatt berechnet wird, legt § 632 Abs. 2 BGB fest, dass das Vereinbarte berechnet werden darf. Gibt es keine Vereinbarung und auch keine „Taxe“, dann darf das Übliche berechnet werden. |

Um Streitigkeiten über die Höhe des Üblichen zu vermeiden, hat es sich durchaus bewährt, werkvertraglich die „Begleitkosten“ der Reparatur zu vereinbaren. Zwar wird schadenrechtlich dieser Streitpunkt durch den subjektbezogenen Schadenbegriff deutlich abgefedert, doch gibt es aus den verschiedensten Gründen (gewillkürte Prozessstandschaft, Klage aus abgetretenem Recht) doch im Einzelfall prozessökonomisch sehr unangenehme Beweisaufnahmen zur Üblichkeit.

1. Eine Werkstatt vereinbart jede Nebenposition

Um das zu vermeiden, vereinbart eine gut geschulte Werkstatt direkt auf dem Werkstattauftrag und nicht auf dem Umweg über die AGB und den Preisaushang diese Kostenpositionen.

Im vom AG Wunsiedel entschiedenen Fall sah das so aus:

Preisbestandteile inkl. MwSt

  • Stundenverrechnungssätze:
    • Mechanik: 169,93 EUR
    • Karosserie: 229,91 EUR
    • Elektrik: 202,78 EUR
    • Lack: 229,91 EUR
  • Lackmaterial 45 %
  • Verbringung zum Lackierer 344,86 EUR
  • Probefahrt- und Reinigungskosten werden nach Zeitaufwand berechnet
  • Standkosten täglich
    • Im Freien 15,00 EUR
    • In der Halle 20,00 EUR

Im Rahmen der Schadenregulierung hat der bekannt regressverliebte Versicherer Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Rückforderungsansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt den auf Erstattung der Reparaturkosten gerichteten Schadenersatzanspruch vollständig ausgeglichen.

2. Der Regressprozess folgt auf dem Fuße

Der Versicherer wendet sich gegen die Werkstatt und verlangt den über 100 EUR hinausgehenden Teil der Verbringungskosten auf dem Regressweg zurück. So hohe Verbringungskosten seien nicht üblich.

Das sei egal, kontert die Werkstatt, denn die Kosten seien in der berechneten Höhe vereinbart. Also habe ihr Auftraggeber die in dieser Höhe bezahlen müssen. Er könne wegen der Vereinbarung nichts zurückfordern. Und aufgrund der Abtretung könne auch der Versicherer nur die Beträge fordern, die auch der Geschädigte als Auftraggeber der Werkstatt zurückverlangen könne.

Kurioserweise bestreitet der Versicherer die Vereinbarung. Das AG Wunsiedel weist die Klage ab. Es geht dabei aber einen Umweg (28.12.23, 2 C 285/23, Abruf-Nr. 239003, eingesandt von RAin Andrea Sterl, Schwandorf).

3. Werkvertraglich kann nichts zurückgefordert werden

Werkvertraglich seien die Verbringungskosten vereinbart und damit berechtigt fakturiert. Bei einem Pauschalpreis sei es auch unerheblich, wie viel Zeitaufwand tatsächlich angefallen ist oder objektiv hätte anfallen dürfen, da der Besteller hier nicht nach Zeiteinheiten, sondern pauschaliert bezahlt.

4. Und wie sieht es mit cic wegen einer Hinweispflicht aus?

Das Gericht prüft eine Informationspflichtverletzung. Möglicherweise habe die Werkstatt eine Informationspflicht verletzt. Denkbar wäre, dass sie den Geschädigten hätte aufklären müssen, dass die Pauschale über den tatsächlichen Aufwand hinausgehe. Die Frage der Erforderlichkeit im etwaigen Prozess des Schädigers gegen die Reparaturwerkstatt müsse nämlich prüfbar bleiben. Andernfalls würde das Werkstattrisiko den Schädiger unbillig belasten, während es die Werkstatt unbillig dahin gehend bevorteilen würde, dass diese im Ergebnis faktisch jeden Preis vom Geschädigten verlangen könne, den der Schädiger dann aufgrund des Werkstattrisikos zu erstatten hätte und dann nicht einmal Rückgriff gegenüber der Werkstatt nehmen könnte.

Dieser Kunstgriff ist nicht abwegig, weil der BGH die Anwendung der Figur des „Werkstattrisikos“ von der Regressmöglichkeit abhängig macht (BGH 26.4.22, VI ZR 147/21, Abruf-Nr. 230188). So wäre der Weg in die Angemessenheitsprüfung offen gewesen. Allerdings hat die Einsenderin des Urteils mitgeteilt, dass der Weg zur Lackiererei in den Weiten der Oberpfalz 25 km betrug. Die Gesamtfahrstrecke sind also 100 km für das Bringen und Holen. Mit dem Lkw sind das mindestens 100 Minuten zuzüglich der Rüstzeiten für das Auf- und Abladen und die Ladungssicherung.

Allerdings kam es nicht zu dieser Angemessenheitsprüfung. Denn der Versicherer (Kläger) hat bis zuletzt eine Preisvereinbarung hinsichtlich der Verbringungskosten bestritten. Er hat vielmehr behauptet, die Höhe der Vergütung sei im Reparaturauftrag nicht bestimmt gewesen.

Die Vereinbarung des (pauschalen) Preises von 289,80 EUR netto hat lediglich die Beklagtenseite vorgetragen. Dieser Sachvortrag wurde von der Klägerseite durch entgegenstehenden eigenen Vortrag bestritten und sich nicht zu eigen gemacht. Den für eine Partei günstigen Sachvortrag der Gegenseite könne das Gericht jedoch nur berücksichtigen, wenn sich die Partei diesen Sachvortrag auch zu eigen macht und nicht, wenn er ihn bestreite.

AUSGABE: VA 2/2024, S. 23 · ID: 49863507

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte