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FahrerlaubnisentzugEntziehung/Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
| Die Praxis beschäftigen immer wieder die mit der Entziehung bzw. Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach dem StVG zusammenhängenden Fragen. Wir stellen dazu noch einmal drei – für die Betroffenen allerdings nachteilige – Entscheidungen vor. |
1. Bei Ungeeignetheit hat Behörde keinen Ermessensspielraum
Im Fall des BayVGH (10.10.23, 11 CS 23.1476, Abruf-Nr. 238183) hatte die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis im Juni 2022 entzogen. Grundlage war ein MPU-Gutachten. Dieses war auf der Grundlage mehrerer aktenkundiger Straftaten im Zeitraum 2012 bis 2019 zu dem Ergebnis gekommen, dass es zu erwarten sei, dass der Betroffene erneut erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche/strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Im Widerspruchsverfahren teilten die Bevollmächtigten mit, der Betroffene wolle sich im Widerspruchsverfahren einer weiteren Begutachtung der bisherigen Begutachtungsstelle unterziehen. Daraufhin forderte die Antragsgegnerin ihn auf, binnen drei Monaten ein MPU-vorzulegen. Ein Gutachten wurde aber nicht vorgelegt.
Der Antrag des Betroffenen nach § 80 Abs. 5 VwGO hatte weder beim VG noch beim BayVGH Erfolg. Bei feststehender Ungeeignetheit sei die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend. Die Fahrerlaubnisbehörde habe keinen Ermessensspielraum. Dies gelte auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens. Der Betroffene könne sich auch nicht darauf berufen, mit der erneuten Begutachtungsanordnung habe die Verwaltungsbehörde zum Ausdruck gebracht, das vorliegende Gutachten sei nicht mehr in der Weise verwertbar, dass es eine abschließende Entscheidung über die Fahreignung erlaubte. Der insoweit angeführten BayVGH-Entscheidung (4.2.21, 11 ZB 20.2594) habe eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen. Dort sei das ursprüngliche Gutachten nach mehr als viereinhalb Jahren nicht mehr aktuell und belastbar gewesen. Das sei hier aber nicht der Fall, das der Entscheidung zugrunde gelegte Gutachten stamme aus 2022.
2. Sechs Monate drogenfrei reicht für Wiedererteilung nicht aus
In einem vom BayVGH 5.10.23 (11 CS 23.1413, Abruf-Nr. 238184) entschiedenen Fall war der Betroffenen die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG wegen Konsums harter Drogen entzogen worden. Im Verfahren hat sie ein Gutachten vorgelegt, das ihr eine Drogenabstinenz für einen Zeitraum von sechs Monaten bescheinigte. Der Verwaltungsbehörde hat das für die Wiedererlangung der Fahreignung nicht ausgereicht. Die Wiedererlangung der Fahreignung nach dem Konsum harter Drogen – also der Nachweis, dass kein Konsum mehr besteht – setze eine Abstinenz über einen ausreichend langen Zeitraum sowie einen motivational gefestigten Verhaltens- und Einstellungswandel. Für eine positive Verkehrsprognose ist wesentlich, dass zur positiven Veränderung der körperlichen Befunde einschließlich der Laborbefunde ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel hinzutritt, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene die notwendige Abstinenz auch in Zukunft einhält. Dafür sei ein Zeitraum von sechs Monaten nicht ausreichend.
3. Fehlende Ausfallerscheinungen können auch negativ gewertet werden
Im Beschluss des BayVGH vom 16.10.23 (11 CE 23.1306, Abruf-Nr. 238185) ging es schließlich um die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach einer Alkoholfahrt mit einer BAK von 1,17 ‰ nahezu ohne Ausfallerscheinungen. Der Betroffene hatte das im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) verlangt. Der BayVGH hat deren Erlass unter Hinweis auf BVerwGE 172, 18 und BVerwGE 175, 206 abgelehnt.
Danach sei das Fehlen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen bei einer Fahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ oder mehr, d. h. bei einer Fahrt im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit nach strafgerichtlicher Rechtsprechung, eine aussagekräftige, auf Alkoholmissbrauch hinweisende Zusatztatsache. Bei einer Alkoholkonzentration von 1,1 ‰ und mehr handle es sich ohne Weiteres um hohe Blutalkoholwerte im Sinne der Begutachtungsleitlinien. Deren Erreichen bzw. Überschreiten lasse bereits auf eine hohe und ungewöhnliche Trinkfestigkeit schließen. Das rechtfertige den Schluss auf Alkoholmissbrauch. Auch eine (behauptete) länger bestehende Trinkpause biete für sich allein genommen noch keine ausreichende Gewähr für eine positive Verkehrsverhaltensprognose. Der bloße Zeitablauf besage noch nichts über eine gefestigte Änderung der durch die Trunkenheitsfahrt belegten problematischen Trinkgewohnheiten, da nicht auszuschließen sei, dass der Betroffene nur unter dem Druck des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens keinen Alkohol mehr konsumiert.
AUSGABE: VA 2/2024, S. 31 · ID: 49784329