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V+V-EinkünfteSanierungsbedürftige Bestandsimmobilie: Abreißen oder lieber doch sanieren?

Top-BeitragAbo-Inhalt27.05.20259 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Vor allem bei älteren Immobilien mit Sanierungsbedarf stehen Vermieter vor einer schwierigen Entscheidung: Soll die kostspielige Sanierung durchgeführt werden oder ist ein Abriss verbunden mit einem teuren Neubau die bessere Alternative? Wie lassen sich die jeweils aufgewandten Kosten steuerlich optimal absetzen? Gibt es bei einem Neubau gar die Sonder-AfA nach § 7b EStG? SSP geht allen Fragen auf den Grund. |

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Variante 1: Die umfangreiche Immobiliensanierung

Lassen Sie eine Immobilie sanieren, handelt es sich vom Grundsatz her um Erhaltungsaufwendungen. Die Kosten sind deshalb im Zeitpunkt der Bezahlung als Werbungskosten abzugsfähig (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG) und mindern sofort Ihre Vermietungseinkünfte – und zwar unabhängig von der Höhe der Aufwendungen.

Sofortabzug versus freiwillige Verteilung der Aufwendungen

Diesen sofortigen Abzug müssen Sie nicht zwingend wählen. Sie haben nämlich ein Wahlrecht. Wird das Vermietungsobjekt

  • 1. überwiegend für Wohnzwecke genutzt,
  • 2. gehört es zu Ihrem Privatvermögen und
  • 3. handelt es sich um größere Erhaltungsaufwendungen,

können Sie die Aufwendungen durch einen Antrag auch gleichmäßig auf einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren verteilen (§ 82b EStDV). Ob Sie die Verteilung nun auf zwei, drei, vier oder fünf Jahre wünschen, ist Ihre Entscheidung. Auch wenn der Gedanke naheliegt, dass die Verteilung infolge der später eintretenden Steuerentlastung ungünstig sei, kann das Gegenteil der Fall sein. Etwa dann, wenn Sie im Zahlungsjahr ohnehin keine Steuern zahlen (der Aufwand würde verpuffen) oder durch die Verteilung Progressionsvorteile erzielen können.

Beispiel 1

Linda besitzt seit 1990 ein bereits 1965 gebautes Einfamilienhaus, das sie vermietet. Im Jahr 2024 hat sie die Immobilie im Zuge eines Mieterwechsels umfangreich sanieren lassen. Dafür musste sie 50.000 Euro bezahlen.
Lösung: Linda hat die Wahl. Sie kann die Aufwendungen entweder im Jahr 2024 vollständig als Werbungskosten geltend machen oder gleichmäßig auf einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahre verteilen (§ 82b EStDV):
Verteilung auf 2 Jahre
2024 bis 2025 jeweils jährlich
25.000 Euro
Verteilung auf 3 Jahre
2024 bis 2026 jeweils jährlich
16.667 Euro
Verteilung auf 4 Jahre
2024 bis 2027 jeweils jährlich
12.500 Euro
Verteilung auf 5 Jahre
2024 bis 2028 jeweils jährlich
10.000 Euro

In diesen Fällen sind die Sanierungskosten nur über die AfA abschreibbar

Die Möglichkeit zum Sofortabzug bzw. zur Verteilung der Aufwendungen haben Sie nicht immer. Es kann nämlich auch sein, dass die Aufwendungen nur über die Gebäudeabschreibung abzugsfähig sind. Das ist der Fall, wenn einer der drei nachfolgend genannten Sachverhalte vorliegt (BMF, Schreiben vom 18.07.2003, Az. IV C 3 – S 2211 – 94/03, Abruf-Nr. 031908):

Beispiel 2

Marie hat am 15.01.2024 ein leer stehendes Mehrfamilienhaus erworben. Die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten betragen 300.000 Euro. Von Februar bis Mai ließ sie das Gebäude umfangreich sanieren und modernisieren. Das kostete netto 50.000 Euro. Im Juni zogen die ersten Mieter ein.
Lösung: Grundsätzlich hätte Marie die Sanierungs- und Modernisierungskosten 2024 in voller Höhe als Werbungskosten absetzen oder eine freiwillige Verteilung auf zwei bis fünf Jahre vornehmen können. Da die Aufwendungen mit 50.000 Euro jedoch die Grenze von 15 Prozent der Anschaffungskosten übersteigen (300.000 Euro x 15 Prozent = 45.000 Euro), liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor. Die Aufwendungen sind nur über die Gebäudeabschreibung zu berücksichtigen.
Praxistipp | Die oben genannten Aufwendungen stellen zwar Herstellungskosten dar. Sie können trotzdem als sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand behandelt werden, wenn der Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer für die einzelne Maßnahme nicht mehr als 4.000 Euro beträgt (R 21.1 Abs. 2 EStR).
Praxistipp | Von dieser schädlichen Substanzmehrung ist regelmäßig nicht auszugehen bei Anbringen einer zusätzlichen Fassadenverkleidung zu Wärme- oder Schallschutzzwecken, bei Umstellung einer Heizungsanlage von Einzelöfen auf eine Zentralheizung, bei dem Ersatz eines Flachdaches durch ein Satteldach, wenn dadurch lediglich eine größere Raumhöhe geschaffen wird, ohne die nutzbare Fläche und damit die Nutzungsmöglichkeit zu erweitern, bei dem Vergrößern eines bereits vorhandenen Fensters oder bei einem reinen Versetzen von Wänden (BMF, Schreiben vom 18.07.2003, BStBl I 2003, S. 386, Rz. 23).

Beispiel 3

Frank ist seit zehn Jahren Eigentümer eines vermieteten, aber verwahrlosten Wohnhauses. Er lässt die alten Kohleöfen durch eine moderne Heizungsanlage ersetzen, baut anstelle der einfach verglasten Fenster Isolierglasfenster ein und modernisiert das Bad, wobei er neben der Badewanne separat eine Dusche einbauen und das Bad durchgängig fliesen lässt.
Lösung: Weil drei der vier zentralen Ausstattungsmerkmale wesentlich verbessert wurden, liegen Herstellungskosten vor. Die Aufwendungen sind nicht sofort als Erhaltungsaufwand abzugsfähig, sondern müssen abgeschrieben werden.
  • 1. Anschaffungsnahe Herstellungskosten
  • 2. Aufwand für Erweiterungen
  • 3. Wesentliche Verbesserung
  • 1. Anschaffungsnahe Herstellungskosten: Werden die Sanierungen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt und übersteigen die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 Prozent der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten, handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 9 Abs. 5 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Die Steuerfolgen sind fatal: Sie können die Aufwendungen nicht flexibel auf den Zeitraum von bis zu fünf Jahren verteilen (§ 82b EStDV) und können sie auch nicht vollständig im Zahlungsjahr absetzen! Die Aufwendungen werden den Anschaffungskosten der Immobilie zugerechnet, sodass sie nur über die lineare (oder degressive) Gebäudeabschreibung abzugsfähig sind.
  • 2. Aufwand für Erweiterungen: Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen bilden unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i. S. v. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB entstehen. Auch diese Einstufung bedeutet, dass die Aufwendungen nicht sofort abzugsfähig, sondern mit den typisierenden AfA-Sätzen für Gebäude abzuschreiben sind. Eine Erweiterung liegt vor bei
    • einer Aufstockung oder einem Anbau;
    • einer zumindest geringfügigen Vergrößerung der Nutzfläche des Gebäudes. Davon ist z. B. auszugehen, wenn die Nutzfläche durch eine zuvor nicht vorhandene Dachgaube oder den Anbau eines Balkons vergrößert wird oder durch ein das Flachdach ersetzendes Satteldach erstmals ausbaufähiger Dachraum geschaffen wird;
    • einer Substanzmehrung des Gebäudes, ohne dass zugleich seine nutzbare Fläche vergrößert wird. Diese Voraussetzung wird z. B. erfüllt, wenn zusätzliche Trennwände, eine Alarmanlage, eine Sonnenmarkise, ein Kachelofen bzw. Kamin oder eine Treppe zum Spitzboden eingebaut werden oder eine Außentreppe errichtet wird.
  • 3. Wesentliche Verbesserung: Auch sie führt zu Herstellungskosten. Diese liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Gebäude generalüberholt wird, d. h. Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Jahr anfallen. Vielmehr erfordert eine wesentliche Verbesserung, dass die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgehen, also den Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich erhöhen und damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird. Davon ist z. B. auszugehen, wenn der Standard gehoben wird; also der Gebrauchswert der Immobilie von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird.
  • Diese Standardhebung liegt vor, wenn Sie die Immobilie innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren in drei von vier Merkmalen wesentlich verbessern. Diese zentralen Ausstattungsmerkmale sind:
    • 1. Heizungsinstallation
    • 2. Sanitärinstallation
    • 3. Elektroinstallation
    • 4. Fenster
  • Es spielt keine Rolle, innerhalb welchen Zeitraums nach dem Erwerb die Aufwendungen anfallen. Eine Standardhebung kann also auch erst 20 Jahre nach Anschaffung der Immobilie erfolgen. Entscheidend ist nur, dass die wesentliche Verbesserung innerhalb des fünfjährigen Zeitraums eintritt und durch diese mindestens drei der vier zentralen Merkmale der Immobilie betroffen sind.

Variante 2: Abriss des Altbaus und Neubau einer Immobilie

Entscheiden Sie sich dafür, das sanierungsbedürftige Gebäude abzureißen und dafür einen Neubau zu errichten und zu vermieten, sehen die Steuerfolgen komplett anders aus.

Die Abschreibung der Abbruch-Immobilie

Für den Abbruch gilt H 6.4 „Abbruchkosten“ EStH. Weil Sie das Gebäude vor dem Abbruch typischerweise schon viele Jahre (mehr als drei) in Ihrem Besitz haben und es nicht in der Absicht erworben haben, es abzureißen, sind die Abbruchkosten sofort als Werbungskosten abzugsfähig. Gleiches gilt für den noch nicht abgeschriebenen Restwert des Gebäudes, der über eine Abschreibung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) berücksichtigungsfähig ist. Denn das Gebäude wird durch den Abbruch zerstört (§ 7 Abs. 4 S. 3 EStG).

Beispiel 4

Andre ist langjähriger Eigentümer eines Vermietungsobjekts (nicht abgeschriebener Gebäuderestwert 50.000 Euro). Das Gebäude wird abgerissen, um einen Neubau zu errichten. Die Kosten des Abbruchs betragen 10.000 Euro.
Lösung: Über eine AfaA sind 50.000 Euro als Werbungskosten abzugsfähig. Zudem sind die 10.000 Euro im Zahlungszeitpunkt als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Praxistipp | Die Finanzämter haben nicht zu prüfen, ob Ihre Entscheidung zum Gebäudeabriss wirtschaftlich oder technisch sinnvoll ist, ob sie notwendig oder für Sie sogar nachteilig war. Sollte aber der Abbruch allerdings überwiegend aus privaten Gründen erfolgen, z. B. weil Sie selbst in den Neubau einziehen möchten, wird das Finanzamt den Abzug versagen. Der Grund: Nun steht der Abbruch mit der privaten Nutzungsabsicht in Zusammenhang (§ 12 Nr. 1 EStG).

Die Abschreibung der Neubaukosten

Im zweiten Schritt wird auf dem freien Grundstück der Neubau errichtet. Die dafür aufgewandten Herstellungskosten können Sie nicht sofort als Werbungskosten absetzen. Sie müssen sie abschreiben. Dient der Neubau wieder Wohnzwecken, bestehen für die Abschreibung zwei Möglichkeiten:

  • 1. Lineare Abschreibung: Die Abschreibung beträgt jährlich drei Prozent der Herstellungskosten, wenn das Gebäude nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wird (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG).
  • 2. Degressive Abschreibung: Die Abschreibung beträgt im ersten Jahr fünf Prozent der Herstellungskosten und in den Folgejahren fünf Prozent des noch nicht abgeschriebenen Restwerts. Die Abschreibung reduziert sich also von Jahr zu Jahr, weshalb Sie in späteren Jahren auch zur linearen Abschreibung wechseln können. Voraussetzung für die degressive Abschreibung ist allerdings, dass Sie mit der Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen haben (§ 7 Abs. 5a EStG).

Sind Sonderabschreibungen nach § 7b EStG zulässig?

Weil es sich um den Neubau einer Wohnimmobilie handelt, stellt sich die Frage, ob Sie zusätzlich zur linearen bzw. degressiven Abschreibung unter den weiteren Voraussetzungen des § 7b EStG auch Sonderabschreibungen geltend machen können. Der Vorteil wäre, dass Sie im Jahr der Herstellung und in den folgenden drei Jahren jeweils zusätzlich bis zu jährlich 5 Prozent abschreiben könnten.

Ob Sie diese Sonderabschreibungen geltend machen können, ist fraglich. Voraussetzung ist nämlich, dass durch die Baumaßnahme bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden (§ 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG). Und dieser Tatbestand könnte zu einem Problem werden. Reißen Sie ein Einfamilienhaus ab und stellt der Neubau ebenfalls ein Einfamilienhaus dar, haben Sie nämlich keine neue Wohnung hergestellt, sondern nur eine bestehende ersetzt. Entsprechend urteilte zumindest jüngst das FG Köln und verwehrte die Sonderabschreibungen. Auch der von den Klägern angeführte verbesserte Ausbau- und Energiestandard änderte nichts an dieser Beurteilung (FG Köln, Urteil vom 12.09.2024, Az. 1 K 2206/21, Abruf-Nr. 246321).

Wichtig | Das FG hat die Revision zugelassen zum BFH. Die Steuerzahler haben sie eingelegt. Der Musterprozess trägt das Az. IX R 24/24.

Praxistipp | Anders dürfte die Lösung aussehen, wenn ein Einfamilienhaus abgerissen und ein Vierparteienhaus errichtet wird. Weil nun neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden, dürfte die Sonderabschreibung zu gewähren sein.
Fazit | Egal für welche Variante Sie sich entscheiden, eines ist immer gleich: Auf Sie kommen hohe Kosten zu. Um diese steueroptimal geltend machen zu können, sollten Sie sich im Vorfeld auch mit den steuerlichen Fragestellungen befassen. Gerade wenn Sie zwischen Sanierung und Abbruch nebst Neubau schwanken, kann die steuerliche Beurteilung der ausschlaggebende Punkt sein. Denn sollten sich die Sanierungskosten sofort absetzen lassen, während Sie den Neubau abschreiben müssten, spräche das – steuerlich – für die Sanierung.

AUSGABE: SSP 6/2025, S. 14 · ID: 50321984

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