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ArbeitgerleistungenMit „begünstigter Wohnraumüberlassung“ mehr neue Mitarbeiter gewinnen
| Alle Stiftungen und ihre operativ am Markt tätigen Tochtergesellschaften kennen das Thema Fachkräftemangel. Vor allem in Ballungszentren, wo die Not an bezahlbarem Wohnraum noch größer ist als anderswo, kann die „begünstigte Wohnraumüberlassung an Mitarbeiter“ ein Game changer sein. SB macht Sie mit den gemeinnützigkeits- und steuerrechtlichen Voraussetzungen vertraut. |
Der Musterfall für eine Wohnraumüberlassung
Das das Thema für Sie möglichst greifbar wird, werden die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen anhand eines Musterfalls durchdekliniert.
Fallbeispiel |
Eine gemeinnützige Stiftung betreibt im ländlichen Bereich eine Klinik. Wohnraum ist zwar vorhanden; dieser ist aber wenig attraktiv, weshalb Personal schwer zu gewinnen ist. Die Klinik plant deshalb, ein stillgelegtes Hotel zu erwerben (alternativ langfristig anzumieten) und zu einem „Mitarbeiterwohnhaus“ umzubauen bzw. zu modernisieren, um es Mitarbeitenden kostenfrei zur vorübergehenden Nutzung zu überlassen. |
Was sagt das Gemeinnützigkeitsrecht?
Im Vordergrund des Projekts steht dessen Finanzierung. Diese hängt nicht unwesentlich davon ab, auf welche Finanztöpfe die Stiftung zugreifen kann. Kann sie etwa den Kaufpreis bzw. die Generalanmietung sowie die Umbaukosten über ihre satzungsmäßigen, zeitnah zu verwendenden Mittel finanzieren? Dies wäre dann möglich, wenn das Mitarbeiterwohnhaus dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zugeordnet werden könnte.
Mitarbeiterwohnhaus dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuordenbar?
Die gemeinnützigkeitsrechtliche Einordnung der Finanzierung und Überlassung von Räumlichkeiten an Beschäftigte ist weder auf Finanzverwaltungsseite noch durch die Gerichte eindeutig geklärt. Einem älteren – zur Grunderwerbsteuer ergangenen – BFH-Urteil (vom 25.02.1981, Az. II R 73/78, BStBl 1981, 382 f) zufolge dient ein Schwesternwohnheim überwiegend zu Wohnzwecken. Das ließe den Schluss zu, dass das Wohnhaus nicht dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zugeordnet werden kann.
Teile der Literatur positionieren sich jedoch anders. Sie vertreten die Ansicht, dass es durchaus dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzurechnen ist (s. Klaßmann/Notz/Schmidbauer in „Die Besteuerung der Krankenhäuser und anderer humanmedizinischer Leistungserbringer“, 5. Auflage 2017, S. 136 f.).
Aus BFH-Urteil aus 1991 Honig saugen?
Eine spätere Entscheidung des BFH zur Grundsteuer (Urteil vom 16.01.1991, Az. II R 149/88, BStBl 1991 II, 535) differenziert zur Raumüberlassung an Ärzte wie folgt: „Werden Räume eines Krankenhauses als Praxisräume an selbstständig tätige Fachärzte vermietet, die allein für die medizinische Betreuung der in dem Krankenhaus untergebrachten Patienten verantwortlich sind und in den Praxisräumen diese Patienten behandeln, so sind auch die diesen Räumen zuzurechnenden Grundstücksteile grundsteuerfrei, auch wenn die Fachärzte darin ambulante Patienten behandeln.“
Der BFH unterstellt hier, dass der Grundbesitz in einer Art und Weise benutzt wird, die für die Erfüllung des auf dem Grundbesitz vom Zurechnungsträger selbst verfolgten begünstigten Zwecks unentbehrlich ist. Bei den sog. Schwesternwohnheimen kann dies durchaus in Frage gestellt werden, insbesondere wenn den Bewohnern eine dauerhafte (einzige) Bleibe als Regelfall gewährt wird. Das Projekt „Mitarbeiterwohnhaus“ hat indes durchaus Parallelen zum BFH-Fall. Denn hier geht es vorrangig darum, dass die Klinik ihren Sicherstellungsauftrag erfüllen kann. Die Überlassung von Wohnraum trägt dazu wesentlich bei:
- So muss neues Personal bei Beschäftigungsantritt nicht erst nach einer Bleibe suchen.
- Es kann Personal mit weiten Anreisewegen bei ungünstigen Dienstzeiten eine Übernachtungsmöglichkeit geboten werden.
- So können witterungsbedingte Ausfälle minimiert werden.
- Soziale Härtefälle werden ausgeglichen.
Neue BFH-Entscheidung steht vor der Tür
Einen anderen Ansatz hat das FG Münster in seiner Entscheidung zur Zweckbetriebseigenschaft einer Krankenhaus-Cafeteria gewählt (FG Münster, Urteil vom 13.01.2021, Az. 13 K 365/17 K,G,F, Abruf-Nr. 221113). Dort ging es um die Berücksichtigung von Aufwendungen einer Besucher-Cafeteria für die Beköstigung der Mitarbeitenden des Krankenhauses, die diese Cafeteria ebenfalls aufsuchten. Soweit das Krankenhaus gegenüber seinen im Zweckbetrieb Beschäftigten teilweise auf ein Entgelt für eine Verköstigung verzichtet habe, stelle – so das Gericht – diese teilweise unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Arbeitskraft dar, welche aufgrund der Beschäftigung im Zweckbetrieb durch diesen veranlasst war. Insoweit seien die Aufwendungen, die auf den teilweisen Entgeltverzicht des Krankenhauses gegenüber seinen Arbeitnehmern entfallen, wirtschaftlich betrachtet Lohnaufwand des Zweckbetriebs. Folgt man diesem Gedankengang, wäre das, was durch den Träger lohnzuversteuern wäre, stets Teil des Zweckbetriebs.
Wichtig | Das Urteil des FG Münster ist derzeit beim BFH zur Überprüfung anhängig (Az. V R 2/21). Die mündliche Verhandlung hat bereits stattgefunden, mit einem Urteil darf in Kürze gerechnet werden. Ob der BFH diese weite Auslegung bzw. Zuordnung zum Zweckbetrieb des FG Münster so teilen wird, erscheint aber fraglich.
Praxistipp | Wird die Zuordnung zum Zweckbetrieb vom BFH aber als zulässig entschieden, ist jedenfalls auch eine Kostenunterdeckung, etwa weil die Miete aus der Weitervermietung die Betreiberkosten nicht deckt, unschädlich. Gleiches dürfte auch gelten, wenn Räumlichkeiten von vornherein unentgeltlich den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt würden (in diesem Sinne wohl auch Klaßmann/Notz/Schmidbauer, aaO.). |
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Überlässt der Arbeitgeber Wohnraum verbilligt oder unentgeltlich, erhalten die Begünstigten in der Regel Sachlohn. Zum Arbeitslohn gehören alle Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus einem bestehenden, früheren oder im Hinblick auf ein künftiges Arbeitsverhältnis als Gegenleistung (Entlohnung) für die Überlassung seiner Arbeitskraft zufließen. Arbeitslohn umfasst nicht nur Barvergütungen, sondern auch Sachbezüge und andere geldwerte Vorteile.
Bei wem die Überlassung lohnsteuerpflichtiger Sachlohn ist
In der Regel wird man deshalb davon ausgehen müssen, dass zumindest das Personal, das im Mitarbeiterwohnhaus seinen vorläufigen Lebensmittelpunkt einnimmt, die Vorteile aus der verbilligten oder unentgeltlichen Wohnraumüberlassung lohnversteuern muss. Ausnahmen könnten sich allenfalls ergeben, wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigten Übernachtungsleistungen aus rein unternehmerischen Gründen zuwendet. Das könnte z. B. der Fall sein, wenn der Beschäftigte aufgrund zu großer Entfernung zusätzlich zu seiner Wohnung eine Bleibe benötigt (vgl. BFH, Urteil vom 21.07.1994, Az. V R 21/92 zur USt, Abruf-Nr. 081191, aaO.).
Bei lohnsteuerlich relevantem Sachverhalt ist zu differieren
Entsteht ein lohnsteuerlich relevanter Sachverhalt, ist wie folgt zu differenzieren:
- Wird eine Wohnung, d. h. eine geschlossene Einheit überlassen, in der ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann, ist nach der Sachbezugsentgeltverordnung (SvEV) als Wert des Sachbezugs bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung grundsätzlich der ortsübliche Mietpreis anzusetzen. Vom Arbeitnehmer gezahlte Beträge sind auf diesen Wert anzurechnen. Der ortsübliche Mietpreis ergibt sich aus dem Mietspiegel, wobei hier der Wert am unteren Ende der Preisspanne verwendet werden kann. Bei möblierten Wohnungen ist der Mietpreis entsprechend anzupassen.Bei Wohnungsüberlassung ist ortsüb-licher Mietpreis anzusetzen
- Bei einer verbilligten Wohnungsüberlassung unterbleibt nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG der Ansatz eines Sachbezugs, „soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt“.In diesen Fällen tritt Steuerfreiheit ein
- Wird nur eine Unterkunft überlassen, ist als Wert des Sachbezugs bei unentgeltlicher Überlassung einer Unterkunft der jeweils geltende amtliche Sachbezugswert gemäß der SvEV anzusetzen. Für 2024 beträgt dieser monatlich 287 Euro. Geleistete Zahlungen werden darauf angerechnet.Bei Unterkunft ist amtlicher Sachbezugswert anzusetzen
Soweit Lohnsteuerpflicht besteht, tritt in gleichem Umfang auch Sozialversicherungspflicht ein.
Zusätzliche Steuerfalle Umsatzsteuer?
Die Wohnraumüberlassung an den Arbeitnehmer ist umsatzsteuerlich eine Leistung des Arbeitgebers. Die Überlassung von Wohnraum an Beschäftigte stellt daher grundsätzlich einen steuerbaren Umsatz dar, weil sie sich im Rahmen eines Leistungsaustausches vollzieht. Die Vermietung von Wohnraum ist jedoch gemäß § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei, soweit sie langfristig ist. Langfristigkeit wird angenommen, wenn die Überlassung auf eine längere Dauer als sechs Monate angelegt ist.
Wichtig | Es kommt also nicht darauf an, wie lange der Mieter die Wohnung tatsächlich bewohnt hat, sondern darauf, ob der Mietvertrag auf eine längere Dauer als sechs Monate ausgerichtet und eine längere Überlassung auch von den Parteien beabsichtigt war.
Soweit es sich um eine kurzfristige Vermietung handelt, ist für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei un- oder teilentgeltlicher Überlassung auf den jeweiligen Sachbezug abzustellen (vgl. Abschn. 1.8 Abs. 9 UStAE). Dieser Wert gilt als Bruttowert, aus dem die Umsatzsteuer (hier unterstellt sieben Prozent – § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG) herauszurechnen ist.
Beispiel | |
Sachbezugswert der Unterkunft | 287,00 Euro |
darin enthalten 7 % USt | 18,78 Euro |
Bemessungsgrundlage | 268,22 Euro |
Soweit Umsatzsteuerpflicht anzunehmen ist, besteht insofern die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs.
Fazit | Die Schaffung und Überlassung von Wohnraum für Mitarbeiter ist gerade für gemeinnützige Einrichtungen ein kompliziertes Thema, bei dem womöglich noch Wechselwirkungen in den einzelnen Steuergebieten beachtet werden müssen. Sie sollten das Ganze nicht angehen, ohne alle steuerlichen Facetten mit dem Finanzamt abzuklären. Gemeinnützigkeitsrechtlich kann ein falscher Mitteleinsatz, insbesondere bei hohen Sanierungs- oder Baukosten, sehr schnell dazu führen, dass die Gemeinnützigkeit gefährdet ist. Möglicherweise trägt aber das demnächst anstehende Urteil des BFH zur Mitarbeiterbeköstigung auch dazu bei, die Wohnraumüberlassung durch gemeinnützige Einrichtungen besser einzugrenzen. SB hält Sie auf dem Laufenden. |
- Übersicht „Sachbezugswerte 2024“ → Abruf-Nr. 49791358
AUSGABE: SB 3/2024, S. 47 · ID: 49893136