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SchwarzarbeitScheinselbstständigkeit – Folgen im Bereich der Umsatzsteuer

Abo-Inhalt13.08.202578 Min. LesedauerVon RAin Dr. Janika Sievert, LL.M. Eur., FAin StR, FAin StrR, Ecovis L+C, Würzburg

| In seiner am 3.6.25 veröffentlichten Jahresstatistik hat der Zoll mitgeteilt, dass 2024 branchenübergreifend rund 97.000 Strafverfahren und 50.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts der Schwarzarbeit eingeleitet wurden. Der festgestellte Schaden in den straf- und bußgeldrechtlichen Ermittlungen belief sich dabei auf gut 766 Millionen EUR. Ein seitens des Zolls nicht genauer bezifferter Teil betrifft dabei die Umsatzsteuer, die vor allem in Fällen der Scheinselbstständigkeit einen bedeutsamen Teil des strafrechtlichen Vorwurfs ausmachen kann. |

»Frage des Steuerberaters: Mein Mandant M hat als Geschäftsführer seines Betriebs viele Jahre Subunternehmer beschäftigt, die Leistungen für den Betrieb erbringen. Diese Subunternehmer wurden nicht zur Sozialversicherung oder Lohnsteuer angemeldet, sie arbeiteten rein auf selbstständiger Basis. Für ihre Tätigkeiten stellten sie Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis an den Betrieb des M. Diese Eingangsrechnungen wurden natürlich zum Vorsteuerabzug angemeldet und die Vorsteuer gegenüber dem FA geltend gemacht. Nun hat die DRV im Rahmen eines gegen den M eingeleiteten Ermittlungsverfahrens festgestellt, dass es sich bei den Subunternehmern um Scheinselbstständige handelte. Neben dem Vorwurf nach § 266a StGB wurde nun auch ein Verfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer eingeleitet. Ist dieser Vorwurf begründet oder durfte M die Rechnungen zum Vorsteuerabzug anmelden, da im Zeitpunkt der Rechnungstellung und des Vorsteuerabzugs ja von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen wurde?

»Antwort der Strafverteidigerin: Beim Einsatz von Subunternehmern, die die Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit nicht erfüllen und im Nachhinein als abhängige Beschäftigte gewertet werden, gibt es hauptsächlich drei Problemfelder:

  • die Sozialversicherungsbeiträge,
  • die Lohnsteuer und
  • die Umsatzsteuer.

Daher ermitteln oftmals das Hauptzollamt, hier die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), und die Steuerfahndung gemeinsam den Sachverhalt. Die FKS lässt dabei die eingesetzten Subunternehmer von der DRV anhand der von der Rechtsprechung der Sozialgerichte entwickelten, sehr strengen Kriterien überprüfen. Kommt diese zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um Selbstständige handelt, schließt sich i. d. R. auch die Steuerfahndung im Rahmen ihrer eigenen Ermittlungen diesem Votum für die Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag und der Hinterziehung von Umsatzsteuer an. Der Einsatz von Scheinselbstständigen wird damit für den Unternehmer im Nachhinein richtig teuer.

Um die Umsatzsteuer und ihre Bemessungsgrundlagen festzustellen, ist der Betrieb des M verpflichtet, Aufzeichnungen hierüber zu führen und die Steuerbeträge am Schluss des jeweiligen Voranmeldezeitraums selbst zu errechnen und abzuführen. Konkret trifft diese Pflicht den Geschäftsführer gem. §§ 34 AO, 41 GmbHG, der dies natürlich verantwortlich delegieren kann.

Soweit die von den im Nachgang als scheinselbstständig Bewerteten erstellten Rechnungen zum Vorsteuerabzug verwendet wurden, wird ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer eingeleitet. Zwar unterliegt eine sonstige Leistung eines Unternehmers im Inland gegen Entgelt der Umsatzsteuer. Unternehmer ist gem. § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbstständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Hierfür ist eine Gesamtschau nötig. Gegen eine Selbstständigkeit sprechen z. B. Aspekte wie die Zusammenarbeit mit anderen, auch festangestellten Mitarbeitern, die Weisungsgebundenheit, vorgegebene Arbeitszeiten und Arbeitsorte, Gewährung und Abstimmung von Urlaub sowie keinerlei unternehmerisches Risiko. Diese Kriterien werden im Rahmen der Ermittlungen meist durch Zeugenbefragungen und die Auswertung von Unterlagen und Korrespondenz herausgearbeitet.

Eine Rechnung eines selbstständigen Unternehmers, die den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht, darf gem. § 15 Abs. 1 UStG zum Vorsteuerabzug verwendet werden. Gleichermaßen muss der Rechnungssteller die ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 2 S. 1, 2 UStG an das FA abführen.

Wenn nun aber im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festgestellt wird, dass es sich bei den Rechnungsstellern gerade nicht um selbstständige Unternehmer i. S. d. UStG gehandelt hat und der M auch mindestens mit Eventualvorsatz handelte (zu den mitunter unzureichenden Ermittlungen bezüglich des Vorsatzes Wenzel/Sievert, PStR 24, 20 f.), wird der Vorsteuerabzug nachträglich versagt. Es handelt sich hier zwar nicht um Scheinrechnungen, jedoch fällt die Unternehmereigenschaft gem. UStG und damit der Vorsteuerabzug weg. Denn Steuern, die dem Unternehmer von einem Lieferer oder Leistenden in Rechnung gestellt werden, der nicht Unternehmer ist, sind nicht abziehbar, UStAE 15.2a Abs. 2 S. 11, gleichzeitig muss die ausgewiesene Umsatzsteuer jedoch abgeführt werden.

Für den Fiskus sind die Fälle der im Nachgang festgestellten Scheinselbstständigkeit damit ein ergiebiges Feld, für den Unternehmer führen die Ermittlungen oftmals in die Zahlungsunfähigkeit.

AUSGABE: PStR 9/2025, S. 215 · ID: 50460480

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