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Gewerberechtliche UnzuverlässigkeitVG untersagt Gewerbe wegen Missachtung der behördlichen Gewerbeuntersagung
| Wird jemand entgegen einer erweiterten Gewerbeuntersagung wiederholt als Geschäftsführer einer GmbH tätig, kann sich daraus seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, die die Wiedergestattung der Gewerbetätigkeit hindert, ergeben. Dies gilt auch, wenn ihm – als ihm die Gewerbeuntersagung offenbart wurde – der Eintrag als Geschäftsführer in das Handelsregister bewilligt wurde. Das hat das VG Berlin entschieden. |
Sachverhalt
Der Kläger (K) begehrt die Wiedergestattung der Gewerbeausübung. Er hatte in der Vergangenheit ein Güterverkehrsgewerbe betrieben. Ein Bezirksamt hatte ihm 2006 dieses Gewerbe sowie jede weitere Gewerbetätigkeit, die Tätigkeit als Vertretungsberechtigen eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs Beauftragten untersagt. Denn K hatte beim örtlichen FA Steuern und Säumniszuschläge i. H. v. ca. 100.000 EUR angesammelt. Seinen steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten sei er in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen. Eingeleitete Beitreibungsmaßnahmen hätten nicht dazu geführt, dass er die Rückstände abgebaut habe. Zudem seien Rückstände durch diverse Krankenkassen mitgeteilt worden. 2014 beantragte K die Wiedergestattung der Gewerbeausübung; dies wurde abgelehnt. Ein weiterer Versuch erfolgte 2017. K beabsichtige, das Unternehmen (GmbH) seines verstorbenen Vaters fortzuführen. Das Unternehmen weise einen Mitarbeiterstamm von 70 Personen auf. Anderenfalls drohe die Auflösung des Unternehmens, da der gegenwärtige Geschäftsführer nur übergangsweise zur Verfügung stehe. Einige Krankenkassen verwiesen in diesem Zusammenhang auf weiterhin offene Forderungen aus dem o. a. Altvorgang, die auch durch eine insolvenzrechtliche Restschuldbefreiung nicht erledigt worden seien.
Mit Bescheid vom 5.9.18 versagte das Bezirksamt die Bewilligung erneut, zumal auch bei der K GmbH inzwischen erhebliche Sozialversicherungsbeiträge offen waren (ca. 500.000 EUR) und ein Insolvenzantrag gestellt war.
Entscheidungsgründe
Die daraufhin erhobene Verpflichtungsklage des K blieb erfolglos (VG Berlin 29.1.21, 4 K 16.19, Abruf-Nr. 222151). Maßgeblich war u. a., dass K die öffentlich-rechtlichen Rückstände, die seinerzeit zu seiner Gewerbeuntersagung geführt hatten, noch immer nicht vollständig getilgt hat. Soweit K eine Restschuldbefreiung (vgl. § 301 InsO) erteilt worden war, steht dies nach Ansicht des Gerichts der Versagung ebenfalls nicht entgegen. Denn nach Maßgabe des § 302 InsO sind von der Restschuldbefreiung bestimmte Forderungen ausgenommen („Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt … Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung … oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist“). So liegt es hier, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266a StGB.
Merke | Anspruchsgrundlage für die Wiedergestattung der Gewerbetätigkeit ist § 35 Abs. 6 GewO. Nach dieser Vorschrift ist dem Gewerbetreibenden die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass keine „Unzuverlässigkeit“ mehr vorliegt. § 35 Abs. 6 GewO erfordert eine Prognose über die Zuverlässigkeit |
Relevanz für die Praxis
Nach der Rechtsprechung des BVerwG (2.2.82, 1 C 146.80) ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit ist insbesondere zu bejahen, wenn der Gewerbetreibende seine mit der Gewerbeausübung verbundenen öffentlich-rechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten wiederholt nicht pünktlich erfüllt hat und damit zu rechnen ist, dass er seinen Pflichten auch künftig nicht ordnungsgemäß nachkommen wird (BVerwG 11.12.96, 1 B 250.96).
Derartige Rückstände sind geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu erweisen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur steuerlichen Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden gewichtig sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist für die Prognose, ob er seine steuerlichen Pflichten künftig erfüllen wird oder nicht, bedeutsam. Dies führt dazu, dass auch langjährig zurückliegende Vorgänge sich noch nachteilig auf die angestrebte Verwaltungsentscheidung auswirken können.
Merke | Da für die gewerberechtliche Zuverlässigkeit der Gesamteindruck des Verhaltens des Gewerbetreibenden maßgeblich ist, kann sich dessen Unzuverlässigkeit auch aus anderen Umständen als unbedienten Rückständen bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern ergeben. Zudem genügt es für die Frage eines Anspruchs auf Wiedergestattung nicht, dass die in der Vergangenheit zur Gewerbeuntersagung führenden Gründe nicht mehr fortbestehen. Denn die Wiedergestattung setzt als Kehrseite der Gewerbeuntersagung voraus, dass der Betreffende die Gewähr dafür bietet, dass er das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Er muss also willens und in der Lage sein, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung des Gewerbes zu gewährleisten. Daran kann es fehlen, wenn nach der Gewerbeuntersagung neue Tatsachen bekannt werden, die die Zuverlässigkeit des Betroffenen infrage stellen. Hierfür kommen Verstöße gegen Rechtsvorschriften in Betracht, die sich auf die Gewerbetätigkeit auswirken können. |
AUSGABE: PStR 5/2025, S. 110 · ID: 47380700