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EuGHRichtlinie zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung ist weitgehend gültig
Abruf-Nr. 243501
| Der EuGH hat entschieden, dass mehrere Bestimmungen der EU-Richtlinie zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung (2011/16/EU) gültig sind (EuGH 29.7.24, C-623/22 „Belgian Association of Tax Lawyers u. a.“, Abruf-Nr. 243501). |
Die Richtlinie sieht vor, dass an aggressiven grenzüberschreitenden Steuergestaltungen (die zu Steuervermeidung und -hinterziehung führen können) beteiligte Intermediäre (bzw. der Steuerpflichtige selbst) die Gestaltungen den Steuerbehörden melden müssen.
Der Umstand, dass die in der Richtlinie vorgesehene Meldepflicht nicht auf den Bereich der Gesellschaftssteuer beschränkt ist, berührt nicht ihre Gültigkeit nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie der Art. 20 und 21 der EU-Grundrechte-Charta.
Die Bestimmungen der Richtlinie, um die Meldepflicht zu erfüllen (u. a. die Begriffe „grenzüberschreitende Gestaltung“, „marktfähige Gestaltung“, „maßgeschneiderte Gestaltung“, „Intermediär“, „Beteiligter“, „verbundenes Unternehmen“, „Kennzeichen“, „Kriterium des ,Main benefit‘-Tests“ und der Beginn 30-Tage-Frist), sind – auch im Hinblick auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gesetzmäßigkeit in Strafsachen – hinreichend bestimmt gefasst.
Zudem ist der mit der Meldepflicht verbundene Eingriff in das Privatleben des Intermediärs und des Steuerpflichtigen im Hinblick auf die Informationen, die diese Meldung enthalten muss, hinreichend genau bestimmt und als verhältnismäßiger und gerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens einzuordnen.
Der im EuGH-Urteil vom 8.12.22, C-694/20, „Orde van Vlaamse Balies u. a.“ erkannte Verstoß gegen das anwaltliche Berufsgeheimnis im Fall eines Anwalts, der wegen seiner Verschwiegenheitspflicht von der Meldepflicht befreit ist, gleichwohl aber verpflichtet bleibt, die anderen an der steuerlichen Gestaltung beteiligten Intermediäre über deren Meldepflichten zu unterrichten, kann nach der neuen Entscheidung nicht auf andere zur Vertretung befugte Berufsgruppen ausgedehnt werden; er bleibt damit auf Anwälte i. S. d. Richtlinie 98/5/EG beschränkt.
Beachten Sie | Neben den o. g. Urteilen ist noch die Rs. C-432/23 „Ordre des avocats du Barreau de Luxembourg“ beim EuGH anhängig. Auch dort geht es um Fragen der anwaltlichen Verschwiegenheit angesichts der steuerrechtlichen Meldepflichten der Richtlinie 2011/16/EU (EuGH-Generalanwältin, 30.5.24, C-432/23, ZIP 2024, 1399).(DR)
AUSGABE: PStR 11/2024, S. 242 · ID: 50145447