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SteuerhinterziehungSteuerhinterziehung gefährdet Heilpraktikererlaubnis

Abo-Inhalt27.08.2024581 Min. LesedauerVon RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin

| Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ebenso wie der Widerruf einer ärztlichen Approbation der Widerruf einer sonstigen heilberuflichen Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit auch auf Verstöße gegen Berufspflichten, die sich auf den Bereich der Abrechnung beziehen, gestützt werden kann. Es gehört auch zu den Berufspflichten eines heilberuflich Tätigen, die Heilbehandlung mit den Kostenträgern korrekt abzurechnen. Das hat der VGH München entschieden. |

Sachverhalt

Der Kläger K wendet sich gegen den Widerruf seiner Heilpraktikererlaubnis. Er betreibt eine Praxis für Naturheilkunde sowie eine Zweigstelle in seiner Privatwohnung, wo er als Heilpraktiker tätig ist. Mit rechtskräftigem Urteil des AG wurde K wegen Betrugs in 127 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit fünf tatmehrheitlichen Fällen der Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

K hatte seit Mitte der 2000er-Jahre in Absprache mit Patienten Scheinrechnungen für Heilpraktikerleistungen, die er an diesen Patienten nie erbracht hatte, erstellt. Die Patienten sollten diese Scheinrechnungen bei ihren privaten Krankenversicherungen und – soweit vorhanden – auch bei den Beihilfestellen einreichen und einen abgesprochenen Teil der zu Unrecht erfolgenden Erstattung an K weiterreichen. Der Anteil, den K erhalten sollte, betrug regelmäßig 50 % der Erstattung. Der Gesamtbetrag der zu Unrecht erlangten Leistungen, für die noch keine Verjährung eingetreten war, belief sich auf über 114.000 EUR. K führte darüber hinaus mindestens seit 2003 in einer Vielzahl von Fällen Behandlungen ohne offizielle Rechnung durch und vereinnahmte das Entgelt hierfür in bar, ohne diese Betriebseinnahmen gegenüber dem zuständigen FA zu deklarieren. In 2011 bis 2015 erlangte er so eine einkommensteuerrechtlichen Vorteil von mehr als 68.000 EUR.

Die Stadt widerrief die Heilpraktikererlaubnis des K. Das VG hat die gegen den Widerruf gerichtete Klage abgewiesen. Der VGH hat den Antrag, die Berufung zuzulassen, abgelehnt.

Entscheidungsgründe

Die geltend gemachten Zulassungsgründe gem. § 124 Abs. 2 Nrn. 1-4VwGO liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt (VGH München 22.3.24, 21 ZB 20.2245, Abruf-Nr. 243274).

Merke | Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart infrage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG 10.9.09, 1 BvR 814/09).

Relevanz für die Praxis

Eine Heilpraktikererlaubnis ist zu widerrufen, wenn der Betroffene im Hinblick darauf, den Beruf eines Heilpraktikers auszuüben, unzuverlässig ist.

Merke | An der Zuverlässigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 f) S. 1 HeilprGDV fehlt es, wenn keine ausreichende Gewähr dafür besteht, dass der Betroffene in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß unter Beachtung aller in Betracht kommenden Vorschriften und Berufspflichten ausüben wird, und sich dadurch Gefahren für die Allgemeinheit oder die von ihm behandelten Patienten ergeben (BVerwG 28.4.10, 3 C 22/09; BayVGH 28.7.00, 21 ZB 98.3498). Die danach erforderliche Prognose ist anhand der jeweiligen Situation des Heilpraktikers, seiner Lebensumstände sowie seiner Persönlichkeit zu treffen, insbesondere seines durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordenen Charakters.

Vorliegend rechtfertigen die der rechtskräftigen Verurteilung des K zugrunde liegenden Betrugs- und Steuerhinterziehungstaten den Widerruf der Heilpraktikererlaubnis. Dies begegnet im Hinblick auf den sich über mehrere Jahre erstreckenden Tatzeitraum und den eingetretenen Schaden i. H. v. mehr als 114.000 EUR bzw. einer Steuerverkürzung von mehr als 68.000 EUR keinen Bedenken. Zudem hat K bei den Taten des Abrechnungsbetrugs einen Teil seiner Patienten in sein strafbares Wirken einbezogen und dabei ein hohes Maß an krimineller Energie gezeigt.

Der Abrechnungsbetrug stellt einen Verstoß gegen eine Berufspflicht dar, da zu den Berufspflichten eines heilberuflich Tätigen auch die korrekte Abrechnung der Heilbehandlung mit den Kostenträgern gehört (Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten). Auch fehlerhafte Angaben gegenüber der Steuerbehörde (ohne Rechnung erbrachte Behandlungen) weisen auf ein gesteigertes Gewinnstreben des K hin, das einen Rückschluss auf die Unzuverlässigkeit ermöglicht.

Mit nicht zu beanstandenden Erwägungen sei das VG zu dem Ergebnis gelangt, dass der seit der strafrechtlichen Verurteilung verstrichene Zeitraum von etwa 11 Monaten zu kurz sei, um eine grundlegende Verhaltensänderung tragfähig zu begründen.

Merke | Die Frage, welcher Zeitraum verstrichen sein muss, um ein ausreichendes Gegengewicht zu den Zeiten des beanstandungswürdigen Verhaltens zu bilden, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantwortet werden.

AUSGABE: PStR 10/2024, S. 222 · ID: 50016935

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