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HOAIOLG Köln: Ein weiterer (gescheiterter) Fall für ein Zusatzhonorar bei Bauzeitverlängerung
| Verzögerungen sind bei Bauprojekten keine Seltenheit. Ein großes Problem besteht darin, dass die Planungszeit im Preisrecht der HOAI keine Rolle spielt. Daher ist es umso wichtiger, bereits bei Vertragsschluss eine solide Anspruchsgrundlage für Bauzeitverlängerungen zu schaffen und den Mehraufwand umfassend zu dokumentieren. Die aktuelle Rechtsprechung unterstreicht dies: Das OLG Köln hat den Anspruch eines Planers im Einvernehmen mit dem BGH abgelehnt. PBP stellt das Urteil vor und zeigt Ihnen Wege auf, wie Sie dieses Problem vermeiden können. |
Der Fall beim OLG Köln
Ein Ingenieurbüro wurde von dem Auftraggeber mit der Bauüberwachung für die Leistungen auf den Fachgebieten Fahrbahn und konstruktiver Ingenieurbau beauftragt. Die Parteien hatten als Leistungsbeginn den 01.03.2013 und als Fertigstellung die Abnahme des ausführenden Unternehmens am 31.10.2017 vereinbart.
Am 19.10.2017 unterbreitete das Ingenieurbüro dem Auftraggeber ein Nachtragsangebot „Mehrleistungen Bauüberwachung“. Dort waren Mehrleistungen des ausführenden Unternehmens genannt, die das Ingenieurbüro laut dem ursprünglichen Vertrag nicht überwachen sollte (z. B. Erneuerung der Fahrbahnbrücke, Neubau der Verkehrsanlage). Das Angebot wurde vom Auftraggeber beauftragt und die Parteien vereinbarten einen neuen Pauschalpreis für den gesamten Vertrag in Höhe von 962.686 Euro. In dem Verhandlungsprotokoll findet sich ein Zusatz, dass für die Ermittlung des Pauschalhonorars eine physische Bauausführung bis Juni 2019 galt.
Nachdem die Arbeiten im Juni 2019 noch nicht abgeschlossen waren, legte das Ingenieurbüro ein weiteres Nachtragsangebot vor. Damit sollten die Leistungen der Bauüberwachung ab Juli 2019 vergütet werden. Der Auftragsumfang hatte sich nicht nochmal geändert. Grundlage für die Kalkulation des zusätzlichen Honorars war ein „fortgeschriebener Personaleinsatzplan“ für die noch anstehende Bauzeit. Die Parteien hatten im Vertrag vereinbart, dass tatsächlich entstandene und nachgewiesene Mehrleistungen auf der Grundlage der vertraglichen Vergütungsvereinbarungen auszugleichen sind.
Die Entscheidung
Das LG Köln hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Das Ingenieurbüro hatte hiergegen Berufung beim OLG Köln eingelegt. Doch auch diese Berufung war ohne Erfolg, denn dem Gericht fehlte es an der schlüssigen Darlegung eines zusätzlichen Vergütungsanspruchs. Insbesondere fehlte es dem Gericht an einer Abgrenzung der nach dem Pauschalhonorar und dem Nachtrag zu vergütenden Leistungen sowie den zusätzlich abgerechneten Bauüberwachungsleistungen (OLG Köln, Urteil vom 11.05.2023, Az. 7 U 96/22, Abruf-Nr. 249200; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 16.04.2025, Az. VII ZR 107/23).
Das OLG begründete dies damit, dass sich die Abgeltungswirkung des Pauschalhonorars nicht nur auf die geleisteten Mannmonate bzw. die Bauzeit bezieht, sondern es gleichzeitig auf die zu erbringenden Bauleistungen des ausführenden Unternehmers ankommt. Maßgeblich für eine zusätzlich zu vergütende Mehrleistung ist nicht (ausschließlich) der Personaleinsatz des Ingenieurbüros. Folgender Satz bringt die Auffassung des Gerichts auf den Punkt:
Auszug aus dem Urteil des OLG Köln |
... zu den zusätzlich abgerechneten Bauüberwachungsleistungen Wie bereits ausgeführt, verkennt die Klägerin in diesem Zusammenhang, dass eine technische Änderung der gegenständlichen Bauleistungen nicht zugleich einen geänderten Bauüberwachungsaufwand bedingt bzw. dass aus der Dauer der zusätzlichen Bauzeit nicht automatisch auf den Zeitaufwand der zusätzlichen Bauüberwachung geschlossen werden kann. |
Im Ergebnis verlangte das Gericht die Darlegung der Mehraufwendungen in zeitlicher Hinsicht sowie die Verknüpfung und gleichzeitig die Abgrenzung dieser Mehraufwendungen von den geschuldeten Leistungen aus dem Hauptauftrag und dem bereits beauftragten Nachtrag. Dies gelang dem Ingenieurbüro nicht.
Auswirkungen des Urteils auf die Praxis
Dem Fall lag eine besondere vertragliche Konstellation zugrunde, welche abseits davon selten anzutreffen sein wird. Insofern ist es schwer, den Inhalt auf den Großteil der Praxis anzuwenden. Der Klassiker in der Praxis ist und bleibt, dass die Parteien überhaupt keine Regelung hinsichtlich einer Bauzeitverlängerung bzw. einer Verlängerung der Leistungen der Lph 8 (Bauüberwachung) getroffen haben.
Bei der Geltendmachung von zusätzlichen Honoraransprüchen aufgrund einer verlängerten Bauzeit stellen sich im Wesentlichen zwei Probleme:
- 1. Die Begründung eines zusätzlichen Honoraranspruchs dem Grunde nach (vertragliche Regelung oder § 313 BGB)
- 2. Die Darlegung der Höhe des zusätzlichen Honoraranspruchs (nachweisliche Mehraufwendungen, Monatspauschalen etc.).
Hinsichtlich der rechtlichen Anspruchsgrundlage stehen die Chancen ohne eine vertragliche Regelung denkbar schlecht. In diesen Fällen bleibt meistens nur der Rückgriff auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).
Zur Darlegung einer gestörten Geschäftsgrundlage hatte zuletzt das OLG Köln (Beschluss vom 22.12.2021, Az. 16 U 182/20, Abruf-Nr. 240861; BGH, Beschluss vom 08.11.2023, Az. VII ZR 16/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung gefordert. Demnach ist der Vortrag jeder einzelnen Störung sowie deren Dauer, die zu einer Verlängerung des Zeitraums der Bauüberwachung geführt hat, im Rahmen einer „Ist-Soll-Darstellung“ erforderlich. Bei monokausalen Ereignissen dürften diese Anforderungen erfüllbar sein. Wenn jedoch – wie häufig in der Praxis – eine verlängerte Bauzeit auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen ist, stellt diese Anforderungen eine sehr hohe Hürde dar.
Hinsichtlich der Darlegung der Anspruchshöhe sind die Ausführungen der besprochenen Entscheidung zumindest mittelbar relevant. Denn daraus wird deutlich, dass die Dokumentation des Bauvorhabens für die Durchsetzung von zusätzlichen Honoraransprüchen infolge einer verlängerten Bauzeit elementar ist. Dies bezieht sich sowohl auf die Dokumentation des zusätzlichen Aufwands als auch auf die Tätigkeiten während des Zusatzaufwands.
So schaffen Sie sich eine Anspruchsgrundlage
Ein Zusatzhonorar können Sie nur berechnen, wenn Sie eine Anspruchsgrundlage haben. Beachten Sie diesbezüglich folgende Punkte:
- 1. Wenn der Vertrag keinen zeitlichen Rahmen für das Projekt vorsieht, kann bereits keine „Soll-Bauzeit“ aufgestellt werden. Versuchen Sie daher, die Projektlaufzeit vertraglich zu fixieren.... und sich dadurch eine ...
- 2. Der Rückgriff auf § 313 BGB ist zwar denkbar, aber die Erfolgsaussichten sind im Ergebnis sehr gering. Eine vertragliche Regelung zu dem Thema Honorar bei Bauzeitverlängerung ist deshalb unabdingbar für die zuverlässige Geltendmachung solcher Ansprüche.
- 3. Wie bereits aufgezeigt, müssen die Projekte bestmöglich dokumentiert sein. Das fängt bei einer Aufwandskalkulation an und hört bei der Dokumentation des verlängerten Überwachungszeitraums in zeitlicher und fachlicher Hinsicht auf.... belastbare Geschäftsgrundlage für ein Zusatz- honorar schaffen
- 4. Deutlich erfolgreicher als die gerichtliche Geltendmachung ist die Verhandlungslösung. Dabei ist es oftmals hilfreich, wenn Sie so früh wie möglich an den Auftraggeber herantreten und Ihre Ansprüche substantiiert beziffern und vortragen können. Denn eines ist klar: Die Geltendmachung innerhalb der letzten 15 Prozent der Lph 8 oder im Rahmen der Schlussrechnung trifft deutlich häufiger auf fundamentalen Widerstand.
- Das Thema „Zusatzhonorar für verlängerte Bauüberwachung“ wird auch beim ersten großen „Lph 8-Kongress“ eine wichtige Rolle spielen, den PBP am 28.01.2026 mit einer Reihe von Top-Referenten in Würzburg ausrichten wird. Über das Programm informieren wir Sie in Kürze.
- Beitrag „(Zusatz-)Honorar bei Bauzeitverzögerung: Aktuelle Entwicklungen kennen und für sich nutzen“, PBP 11/2024, Seite 3 → Abruf-Nr. 50207178
AUSGABE: PBP 10/2025, S. 5 · ID: 50542132