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VersicherungHOAI-Mindesthonorar und Versicherungsschutz: Worauf Planungsbüros achten sollten
| HOAI-Mindesthonorar unterschritten – gefährdet das den Versicherungsschutz? Diese Frage wird in diversen Foren problematisiert. Erfahren Sie deshalb, warum Planer auch bei reduziertem Honorar vollen Schutz erwarten können – und worauf sie trotzdem achten müssen. |
Hat sich mit der Unverbindlichkeit der HOAI etwas geändert?
Seit dem EuGH-Urteil vom 04.07.2019 sind die Mindest- und Höchstsätze der HOAI nicht mehr verbindlich (EuGH, Urteil vom 04.07.2019, Rs. C-377/17, Abruf-Nr. 209725). Planungsbüros stehen seither verstärkt unter Preisdruck. Viele fragen sich: „Wenn ich nur 60 Prozent des früheren Mindestsatzes abrechne – bekomme ich im Schadenfall auch nur 60 Prozent ersetzt?
So ist der versicherungstechnische Stand der Dinge
Die gute Nachricht: Moderne Berufshaftpflichtversicherungen decken Planungsfehler unabhängig vom vereinbarten Honorar ab. Dennoch gibt es wichtige Voraussetzungen, damit der Schutz im Ernstfall nicht gefährdet ist.
Kein Einfluss des Honorars auf die Leistung – aber auf die Prämie
Nach heute üblichen Versicherungsbedingungen für Architekten- und Ingenieur-Haftpflichtversicherungen wird die Versicherungsleistung nicht proportional zum Honorar gekürzt. Entscheidend ist allein, dass
- die betreffende Tätigkeit im Rahmen der Police versichert ist,
- das Projekt im vereinbarten Umfang ggf. vorab gemeldet wurde und
- die Honorarumsätze korrekt angegeben wurden.
Das vereinbarte Honorar hat allenfalls Einfluss auf die Beitragshöhe, nicht auf die Höhe der Ersatzleistung. Der Versicherungsschutz bleibt also auch bei „Dumpinghonoraren“ grundsätzlich bestehen – solange keine Obliegenheitsverletzungen vorliegen.
Was früher war – und warum diese Praxis heute keine Rolle mehr spielt
Frühere Versicherungsverträge enthielten teilweise Klauseln, die eine Leistungskürzung vorsahen, wenn das vereinbarte Honorar deutlich unter den damals geltenden HOAI-Mindestsätzen lag. Diese Praxis ist heute nicht mehr marktüblich und wird von seriösen Versicherern und Fachmaklern nicht mehr empfohlen oder eingesetzt.
Einige Architekten erinnern sich an entsprechende Aussagen aus älteren Verträgen oder Gesprächen mit Versicherern. Diese Modelle stammten aus einer Zeit als die Prämie meist direkt aus dem Honorarvolumen abgeleitet wurde. Dieses Vorgehen hat sich mit der Einführung moderner, pauschalierter Deckungskonzepte und der Entwicklung einheitlicher Musterbedingungen erledigt.
Haftung bleibt – unabhängig vom Honorar
Rechtlich betrachtet haftet der Architekt oder Ingenieur für Planungsfehler vollumfänglich; unabhängig davon, wie hoch das vereinbarte Honorar ist. Eine „minderwertige Leistung“ bei reduziertem Preis ist nicht zulässig – und entlastet auch nicht von der Haftung. Die Berufshaftpflichtversicherung muss daher grundsätzlich auch 100 Prozent des Schadens decken, sofern der Vertrag korrekt abgeschlossen und geführt wurde.
Drei typische Stolperfallen – und wie man sie vermeidet
Aus der Regulierungspraxis haben sich v. a. die drei folgenden Stolperfallen herauskristallisiert, die Sie kennen und vermeiden sollten:
Stolperfallen aus der Regulierungspraxis |
Bei Honorar-
umsätzen besser nicht tiefstapeln 1. Risiko: Umsätze zu niedrig gemeldet Problem: Versicherer kann im Ernstfall Leistung kürzen (Obliegenheitsverletzung) Lösung: Jährliche, realistische Meldung aller Honorare 2. Risiko: Veraltete Versicherungsbedingungen Problem: Evtl. noch in Kraft, ohne dass es bemerkt wurde Lösung: Vertragsbedingungen prüfen, ggf. modernisieren 3. Risiko: Versicherungssumme zu niedrig Problem: Großprojekte nicht ausreichend gedeckt Lösung: Projektbezogene Erhöhungen oder Zusatzdeckung vereinbaren |
Lösung: Deckung regelmäßig prüfen, klar kommunizieren
Auch wenn die HOAI als Bindungsrahmen gefallen ist, bleiben Haftung und Versicherung volle Realität. Auf der sicheren Seite sind Sie deshalb, wenn Sie folgende Empfehlungen beherzigen:
Fazit | Die Höhe des Honorars hat keinen Einfluss auf die Haftung – und in der Zwischenzeit auch keinen direkten Einfluss mehr auf den Umfang der Versicherungsleistung. Architekten und Ingenieure müssen aber sicherstellen, dass ihre Berufshaftpflichtversicherung aktuell, vollständig und korrekt gemeldet ist. Wer hier sorgfältig arbeitet, kann sich im Schadenfall auf einen robusten Schutz verlassen - unabhängig davon, wie hoch das Honorar am Ende war.
- Vertrag prüfen: Ist noch eine veraltete Police in Kraft?Vier goldene Regeln beherzigen
- Umsätze melden: Immer auf Basis der tatsächlich erzielten Honorare.
- Projekte anpassen: Für Großprojekte ggf. zusätzliche Limits oder Exzedenten vereinbaren.
- Kommunikation mit dem Versicherer offen halten: Eine transparente, realistische Meldung ist die beste Grundlage für verlässlichen Schutz.
AUSGABE: PBP 11/2025, S. 25 · ID: 50473102