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LeserforumPlanung und Installation von PV-Anlagen: Null oder 19 Prozent Umsatzsteuer?

Abo-Inhalt24.10.202587 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Planung von PV-Anlagen ist aktuell ein lukratives Geschäftsfeld für die planenden Berufe. Jenseits von Planung und Objektüberwachung stellen sich dabei (v. a. bei der Abrechnung zwischen Installateur und Bauherr) recht komplexe umsatzsteuerliche Fragen. Um für sich selbst Sicherheit zu gewinnen und beide Seiten solide beraten zu können, hat ein Leser PBP gebeten, doch einmal aufzubereiten, ob und wann der Installateur gegenüber dem Bauherrn mit null oder 19 Prozent Umsatzsteuer abzurechnen hat. Erfahren Sie nachfolgend, wann welcher Steuersatz gilt. |

Grundsatz: Es ist mit 19 Prozent abzurechnen

Die Lieferung und Installation von PV-Anlagen im Inland sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbar und mangels Steuerbefreiung (§ 4 UStG) auch umsatzsteuerpflichtig. Maßgeblich ist der Regelsteuersatz von 19 Prozent nach § 12 Abs. 1 UStG. Der Installateur weist daher gegenüber dem Bauherrn 19 Prozent Umsatzsteuer in der Rechnung aus.

Wann der „Nullsteuersatz“ gilt

Seit dem 01.01.2023 gilt eine entscheidende Ausnahme: Nach § 12 Abs. 3 UStG ist ein null Prozent Umsatzsteuersatz maßgebend, wenn die Lieferung bzw. Installation von Solarmodulen an den Betreiber einer PV-Anlage erfolgt. Voraussetzung ist aber, dass die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden mit gemeinwohlorientierter Nutzung installiert wird. Erhält nicht der Betreiber die Lieferung, sonden z. B. ein Zwischenhändler, dann gilt für diesen 19 Prozent.

Beispiel

Das Bauunternehmen erstellt für die Gemeinde einen Neubau mit PV-Anlage. Die PV-Anlage lässt das Bauunternehmen von dem Installationsunternehmen liefern und installieren. Das Installationsunternehmen stellt seine Rechnung an das Bauunternehmen und dieses die Gesamtrechnung an die Gemeinde.

Lösung: Betreiber der PV-Anlage ist die Gemeinde. Daher ist nur für die Rechnung vom Bauunternehmen an die Gemeinde zu prüfen, soweit der Rechnungsbetrag auf die PV-Anlage entfällt, ob null oder 19 Prozent gilt. Das Installationsunternehmen hingegen liefert die PV-Anlage an das Bauunternehmen. Das ist nicht Betreiber der Anlage. Damit muss das Installationsunternehmen mit 19 Prozent abrechnen.

Wichtig | Der Nullsteuersatz umfasst Solarmodule und Installationsleistungen. Begünstigt sind auch wesentliche Komponenten der PV-Anlage, wie z. B. Wechselrichter, Dachhalterungen (Abschn. 12.18 Abs. 12 UStAE ) und Speicher zum Speichern des erzeugten Stroms (Abschn. 12.18 Abs. 7 UStAE). Zudem können unter weitergehenden Voraussetzungen auch Nebenleistungen begünstigt sein. Das sind z. B. die Erneuerung des Zählerschranks oder auch Schrauben und Kabel (Abschn. 12.18 Abs. 1 UStAE).

Die Voraussetzungen für den Nullsteuersatz

Für den Nullsteuersatz zählen Installationsort und Lieferung an den Betreiber. Betreiber der PV-Anlage sind die natürlichen oder juristischen Personen sowie Personenzusammenschlüsse, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber der jeweiligen Anlage im Marktstammdatenregister registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden. Ob sich der Betreiber später ändert, ist unerheblich (Abschn. 12.18 Abs. 2 UStAE).

Das Abstellen auf den Installationsort hingegen bedeutet, dass der Lieferant oder Installateur immer prüfen muss, wie das Gebäude genutzt wird, für das die PV-Anlage bestimmt ist. Je nachdem, ob die Nutzung unter § 12 Abs. 3 UStG fällt oder nicht, muss er für die Rechnung einen Umsatzsteuersatz von null oder 19 Prozent nutzen.

Dem Nullsteuersatz unterfallende Installationsorte

Nach Abschn. 12.18 Abs. 3 UStAE sind dabei folgende Installationsorte begünstigt:

Beispiel

Auf einem Mehrfamilienhaus soll eine PV-Anlage errichtet werden.

Lösung: Weil das Mehrfamilienhaus Wohnungen beinhaltet, ist der Installationsort von § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung des Nullsteuersatzes begünstigt.

Beispiel

Auf dem Dach einer Feuerwehr soll eine PV-Anlage installiert werden.

Lösung: Die Feuerwehr erbringt Aufgaben zur Sicherung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit hoheitliche Tätigkeiten. Der Installationsort ist damit von § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung des Nullsteuersatzes privilegiert.

  • Wohnungen: Das ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Als Wohnung gelten daher auch Gebäude auf Freizeitgrundstücken und Gartenlauben in Kleingartensiedlungen.
  • Öffentliche und anderen Gebäude mit gemeinwohlorientierter Nutzung: Begünstigt ist die Nutzung für Umsätze nach § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25, 27 und 29 UStG (z. B. Arztpraxis) oder für Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG mit ermäßigtem Steuersatz oder für hoheitliche bzw. ideelle Tätigkeiten).

Das dem Nullsteuersatz unterfallende „in der Nähe-Kriterium“

Auch in der Nähe von privaten oder öffentlichen Gebäuden installierte PV-Anlagen sind nach § 12 Abs. 3 UStG privilegiert. In der Nähe befindet sich eine PV-Anlage insbesondere dann, wenn sie auf dem Grundstück installiert wird, auf dem sich auch die betreffende Wohnung bzw. das betreffende begünstigte Gebäude befindet (z. B. Garage, Gartenschuppen, Zaun). Von einer Nähe ist daher auch auszugehen, wenn zwischen dem Grundstück und der PV-Anlage ein räumlicher oder funktionaler Nutzungszusammenhang besteht (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal).

Beispiel

Auf einem größeren Grundstück befindet sich ein Mehrfamilienhaus. Getrennt von dem Objekt, aber auf dem gleichen Grundstück, befindet sich ein Garagenkomplex. Auf diesem soll eine PV-Anlage installiert werden.

Lösung: Weil sich der Garagenkomplex in der Nähe von privilegierten Wohnungen befindet, ist der Installationsort von § 12 Abs. 3 UStG begünstigt.

Das gilt bei gemischt genutzten Gebäuden

Wird ein Gebäude teils begünstigt und teils nicht begünstigt genutzt (z. B. Wohnen und Gewerbe), ist gemäß Abschn. 12.18 Abs. 4 UStAE grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Das gilt nur dann nicht, wenn die unschädliche Nutzung so sehr hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt, dass eine Anwendung der Begünstigung nicht sachgerecht wäre. Davon ist auszugehen, wenn die unschädliche Nutzung in so engem Zusammenhang mit der schädlichen Nutzung steht, dass ihr kein eigener Zweck zukommt (z. B. Hausmeisterwohnung in einem Gewerbekomplex) oder wenn die auf die unschädliche Nutzung entfallenden Nutzflächenanteile weniger als zehn Prozent der Gesamtgebäudenutzfläche ausmachen.

Beispiel

In einem Objekt befinden sich zwölf Einheiten. Die drei Einheiten im Erdgeschoss werden von Einzelhändlern genutzt (600 m²), während die neun darüber liegenden Einheiten zu Wohnzwecken genutzt werden (900 m²). Auf dem gemeinsamen Dach soll eine PV-Anlage installiert werden.

Lösung: Auch wenn das Gebäude zu 40 Prozent schädlich genutzt wird, ist es von § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung des Nullsteuersatzes begünstigt.

Sonderregel: Vereinfachung bei Anlagen bis zu 30 kWp

Die Voraussetzungen für den begünstigten Installationsort gelten gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 UStG immer dann pauschal als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage lt. Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt oder betragen wird. Damit kann sich der Lieferant bzw. Installateur regelmäßig auf die Anlagengröße berufen. Beläuft sich diese auf maximal 30 kWp, dann unterliegt die erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung an den Betreiber immer dem Steuersatz von null Prozent – auch wenn das Gebäude eigentlich schädlich genutzt wird und mit 19 Prozent abzurechnen wäre.

Diese Vereinfachung gilt hingegen nicht für die Anforderung, dass die Leistung an den Betreiber erbracht werden muss. Wird also eine PV-Anlage mit 15 kWp nur an einen Zwischenhändler geliefert, lässt sich die Vereinfachung nicht anwenden (der Zwischenhändler ist nicht der Betreiber).

Beispiel

Ein Gewerbetreibender (Kfz-Händler) lässt auf seinem Betriebsgebäude eine PV-Anlage mit einer Leistung von 20 kWp installieren.

Lösung: Grundsätzlich wäre mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent abzurechnen, weil die Gewerbeimmobilie keinen begünstigten Installationsort darstellt. Aufgrund der Vereinfachung gilt dennoch der Umsatzsteuersatz von null Prozent. Damit sind in der Rechnung null Euro Umsatzsteuer auszuweisen.

Praxistipp | Erst ab mehr als 30 kWp ist der Installationsort konkret zu prüfen. Die 30 kWp-Grenze gilt je Einheit. Bei einer Erweiterung addieren sich Bestandsleistung und Erweiterung. Wird die Grenze dadurch überschritten, gilt die Vereinfachung für den neu hinzugekommenen Teil nicht.

Diese Nachweise müssen geführt werden

Der Lieferant oder Installateur weist gegenüber dem Finanzamt die Voraussetzungen für den Nullsteuersatz nach. Ausreichend ist die Erklärung des Erwerbers, dass er Betreiber der Anlage ist und dass entweder ein begünstigter Installationsort vorliegt oder die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt bzw. betragen wird (Abschn. 12.18 Abs. 6 UStAE). Die Erklärung kann vertraglich erfolgen, z. B. in den AGB.

Ein Muster (zur Empfehlung an Ihren Bauherrn) finden Sie auf https://www.iww.de/pbp → Abruf-Nr. 50602126.

So rechnen Sie Ihre Leistung gegenüber dem Bauherrn ab

Für die von Ihnen erbrachten Leistungen ist hingegen immer der Regelsteuersatz von 19 Prozent maßgebend, auch wenn Sie Ihre Planungsleistungen gegenüber dem Betreiber der PV-Anlage erbringen. Der Nullsteuersatz des 12 Abs. 3 UStG findet für Planungsleistungen keine Anwendung, weil nach dieser Vorschrift nur die Lieferung der PV-Anlage nebst ihrer wesentlichen Komponenten und Speicher sowie die Installation der Anlage begünstigt sind.

Auch kann Ihre Leistung regelmäßig nicht als Nebenleistung zur Lieferung bzw. Installation der PV-Anlage angesehen werden, weil es sich um eine von Ihnen eigenständig erbrachte Hauptleistung handelt (Sie liefern dem Kunden ja nicht zugleich die PV-Anlage bzw. installieren diese).

AUSGABE: PBP 11/2025, S. 21 · ID: 50587004

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