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ArchitektenrechtAußergerichtliche Streitbeilegung (Teil 1): Wie funktioniert eigentlich ein Schiedsgutachten?
| Bereits bei Abschluss des Planungsvertrags ist absehbar, das gestritten wird. Die Frage ist nur, wie der Streit ausgetragen wird. Daher ist es sinnvoll, dass sich Auftraggeber und -nehmer auf ein Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung einigen, um von vornherein im Streitfall für eine schnelle, kostengünstige Lösung gerüstet zu sein. Zu den wichtigsten Verfahren zählen u. a. die Mediation, Schlichtung, Dispute Boards oder eben das Schiedsgutachten, das Ihnen PBP in Teil 1 dieser zweiteiligen Reihe vorstellt. |
Schiedsgutachten zur außergerichtlichen Streitbeilegung
Ein Schiedsgutachten ist sinnvoll, um technische oder fachliche Streitfragen zwischen Parteien außergerichtlich zu klären, und zwar durch einen neutralen und sachkundigen Gutachter. Es ist schneller und kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren und bietet eine verbindliche Lösung, wenn dies dem Einigungswillen der Parteien entspricht.
- Teilweise werden die Klauseln zur außergerichtlichen Streitbeilegung und Vereinbarungen zu einem Schiedsgutachten im Streitfall bereits im Architekten-, Ingenieur- oder Bauvertrag verankert.
- Teilweise einigen sich die Streitparteien auf ein Schiedsgutachten erst dann, wenn der Streitfall eintritt und sich die Streitfragen konkretisieren.
Das Schiedsgutachten dient insbesondere bei komplexen Bauprojekten der außergerichtlichen Streitbeilegung. Häufig sind Generalplaner, Fachplaner und eine Vielzahl an Beteiligten mit divergierenden Interessen vereint. Nicht selten kommt es dabei zu Streitigkeiten mit Bauherrn, Nutzern, Bauherrenbevollmächtigten, Projektsteuerern, Bauüberwachern oder Generalunternehmern einerseits und den Architekten, Planern sowie den ausführenden Unternehmen andererseits.
Definition des Schiedsgutachterverfahrens
Die Parteien beauftragen den einvernehmlich bestimmten Sachverständigen oder Juristen mittels Schiedsgutachtervereinbarung. Dabei wird festgestellt, dass nach eingehender Sachverhaltsermittlung durch den Gutachter entweder eine reine Tatsachenfeststellung über den Sachverhalt oder eine technische, rechtliche oder betriebswirtschaftliche Feststellung und Bewertung innerhalb von vereinbarten Fristen erfolgt. Die Konfliktparteien wollen in der Regel den Konflikt und die Konfliktinhalte vertraulich behandeln. Diese Vertraulichkeit ist ein wesentliches Verfahrensmerkmal bei Schiedsgutachten.
Gegenstand des Schiedsgutachtens
In der Regel geht es bei der Analyse und Bewertung durch den Schiedsgutachter um Fragen zu
Beispiel |
Ein Elektrounternehmer erklärt, die Ausführungsplanung enthalte nicht die Detailtiefe, die für die fehlerfreie Montage- und Werkstattplanung erforderlich sei. Aufgrund der aus seiner Sicht fehlerhaften Planunterlagen meldet er sowohl Bedenken als auch Behinderung an und erklärt, Materialbestellungen für Schaltschränke nicht auslösen zu können. Der Elektroplaner ist der Auffassung alle wesentlichen Details seien erkennbar. Darüber hinaus sei die Lph 5 abgeschlossen, so dass er die Fortschreibung der Ausschreibungsplanung auf den Stand der Ausschreibungsergebnisse und der dann vorliegenden Ausführungsplanung des Objektplaners und der ausführenden Unternehmer ohnehin nicht mehr erbringen müsse. Da es sich um ein zeitkritisches Bauvorhaben handelt, das unbedingt zum vereinbarten Fertigstellungstermin abgeschlossen sein muss, hat der Bauherr schnellstmöglich sicherzustellen, dass die aktuellen Ausführungspläne in der geschuldeten Qualität an den Elektriker übergeben werden. Um dabei Planungssicherheit zu erhalten, vereinbaren Bauherr, Elektroplaner und Elektriker die gemeinsame Beauftragung eines Schiedsgutachters, mit folgenden Feststellungsfragen:
Das Ergebnis des Schiedsgutachten dient den betroffenen Parteien als Verhandlungsgrundlage für eine außergerichtliche Streitbeilegung, um zügig eine einvernehmliche Lösung zur Vermeidung von Bauzeitverzögerungen – auch bei der Koordination dritter Ausführungsgewerke –zu erzielen und Mehrkosten zu vermeiden. |
- Planungs- und Überwachungsmängeln oder Baumängeln,
- Honorar- und Abrechnungsfragen in Bezug auf
- Honorarzonen,
- anrechenbare Kosten der mitzuverarbeitenden Bausubstanz,
- auf Umplanung in Abgrenzung von Hauptvertragsleistungen oder
- die Prüfung von Honorarnachträgen,
- der Angemessenheit von Stundenlohnabrechnungen und Nebenkosten,
- Ablaufstörungen in der Planung – Pflicht zur Leistungserbringung,
- Zahlungsverzug des Auftraggebers,
- der Ermittlung der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen,
- Urheberrechtsverletzungen oder
- Haftungsfragen bei Baumängeln, die sich aufgrund von Planungsfehlern manifestiert haben und die Ermittlung der Mangelbeseitigungskosten oder des Minderwerts.
Rechtliche Grundlagen des Schiedsgutachtens
Kraft Schiedsgutachtervertrag, den der Schiedsgutachter mit den Konfliktparteien abschließt, können seine Tatsachenfeststellungen, Bewertungen oder Anpassungsgutachten als verbindlich gelten. Alternativ können die Parteien die Ergebnisse des Schiedsgutachtens auch als unverbindlich erklären. Eine Bindungswirkung mit Dritten, die selbst nicht Partei des Schiedsgutachtervertrages sind, kann nur über zusätzliche Vereinbarungen herbeigeführt werden. Die rechtlichen Grundlagen für das Schiedsgutachten finden sich in den §§ 317 bis 319 BGB. Die Regelungen betreffen die Bestimmung der Leistung durch Dritte. Dem Schiedsgutachter ist es gestattet, seine Feststellungen im Zweifel auch nach „billigem Ermessen“ (§ 317 Abs 1 BGB) zu treffen. Das heißt, die Entscheidung hat angemessen, nachvollziehbar und unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten zu erfolgen.
Die Feststellungen des Schiedsgutachters sind nur bei Gericht wegen offensichtlicher Unbilligkeit anfechtbar. Eine Unrichtigkeit kann in dem inhaltlichen Ergebnis begründet sein oder in der Verfahrensweise des Schiedsgutachters. Häufig rügen die Parteien die offenbare Unbilligkeit, weil aus ihrer Sicht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei. Das Schiedsgutachten ist kein vollstreckbarer Titel. Unter der Voraussetzung, dass das Schiedsgutachten einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, kann ein Vollstreckungstitel durch zusätzliche gerichtliche Maßnahmen geschaffen werden.
Teilinhalt und Bindungswirkung des Schiedsgutachtens
Das Schiedsgutachten wird durch den Schiedsgutachter erstellt. Dieser entscheidet in der Regel über einzelne Sachverhaltsfragen, die die Parteien vorab vereinbart haben. Das Schiedsverfahren regelt somit üblicherweise nicht den Gesamtanspruch, sondern Einzelpositionen eines Anspruchs.
Vorteile und Nachteile eines Schiedsgutachtens
Ein Schiedsgutachten bietet viele Vorteile. Dazu zählen folgende Punkte:
- Durch ein Schiedsgutachten können Planungsbüros einen langwierigen Gerichtsprozess vermeiden und die Verfahrenskosten senken.
- Die Parteien bestimmen den aus ihrer Sicht richtigen Schiedsgutachter für die Streitigkeiten bei Mängeln, Schäden, Mehrkosten und Dauer der Bauzeitverlängerung aus Planungs- und Bauablaufstörungen sowie deren Bewertung. Weil der Schiedsgutachter entsprechend seiner juristischen, bautechnischen oder baubetrieblichen Expertise von den Parteien gewählt wird, erhalten die Parteien in der Regel qualifizierte Feststellungsergebnisse.... reduziert Gerichtskosten und unterstützt ...
- Die Parteien stellen die Fragen an den Gutachter selbst und können eine qualifizierte und verbindliche Entscheidung zu den strittigen Sach- oder Verteilungsfragen erwarten. Das Schiedsgutachten hilft, komplexe Streitfragen „abzuschichten“, damit schrittweise eine einvernehmliche Einigung der Streitparteien erreicht wird.... einvernehmliche Lösungen zwischen den Parteien
- Die Beschränkung des Gutachtens auf einzelne Aspekte hilft dabei, dass die Streitigkeit schnell geklärt wird und die Fortführung des Bauvorhabens sowie der Erhalt der Geschäftsbeziehung ermöglicht wird.
- Gerade bei Streit über Nachtragsforderungen ist ein schneller Geldmittelzufluss essenziell – denn ein stabiler Cashflow sichert die Leistungsfähigkeit und unternehmerische Stabilität des Planungsbüros.
- Der Schiedsgutachter bestimmt die Planung und Durchführung der einzelnen Verfahrensschritte. Dabei kann er zur Prüfung und Bewertung der Streitfragen erforderliche Ortsbegehungen, Untersuchungen und die Einholung weiterer Expertisen anordnen. Sachverhalte werden in Planungs- und Bausachen auf der Baustelle besser geklärt und können qualifiziert beurteilt werden. Bei gemeinsamen Tatsachenfeststellungen können die Parteien Teilaspekte unstreitig stellen und auf diese Weise zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen.Schiedsgutachter kann weitere Experten hinzuziehen
- Die Streitparteien können beim Schiedsgutachtenverfahren die Schlussfolgerungen aus dem Feststellungsergebnis selbst ziehen und über die Art und Weise der Fortsetzung oder Auflösung ihrer Vertragsbeziehung entscheiden. Sie sind auf Grundlage des Gutachtens befähigt, eigenständig eine konsensuale Erledigung der Streitigkeiten herbeizuführen.Schiedsgutachten dient als Basis für Abschluss-vereinbarung
Doch natürlich gibt es bei einem Schiedsgutachten auch Nachteile. Dazu zählen folgende Aspekte:
- Die Qualität eines Schiedsgutachtens hängt in hohem Maße von der Präzision und Relevanz der Fragen ab, die die Parteien selbst an den Sachverständigen richten.Gutachtenqualität hängt stark von der Präzision der Fragestellungen ...
- Das Ergebnis des Schiedsgutachtens ist das Resultat der Fachkompetenz des Schiedsgutachters.
- Da der Gutachter die Verfahrensschritte selbst bestimmt, können Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung eintreten. Die Parteien können auf den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss nehmen.
- Für die Akzeptanz des Gutachtens ist die Unparteilichkeit des Schiedsgutachters unverzichtbar. Aufgrund des begrenzten Teilnehmerkreises beim Planen und Bauen kann es immer wieder zu Interessenskollisionen der Gutachter kommen. Häufig sind diese Beschränkungen zu Beginn des Auftrags für ein Schiedsgutachten noch nicht erkennbar.... und der fachlichen Kompetenz des Gutachters ab
- Die Kosten des Sachverständigen müssen von den Parteien getragen werden, selbst wenn das Ergebnis als „offenbar unbillig“ angezweifelt wird.
- Die Feststellungen eines ungeeigneten Gutachtens bleiben bestehen, wenn die Parteien die Bindungswirkung vereinbart haben.
- Oft bezieht sich das Schiedsgutachten nur auf einzelne Fragestellungen; eine umfassende Klärung aller Streitpunkte erfolgt nicht. Wenn sich die Vertragsparteien nach Vorlage des Gutachtens nicht auf die Konsequenzen und Schlussfolgerungen einigen können, bleibt der Konflikt bestehen. Im ungünstigsten Fall mündet die Streitigkeit in Gerichtsverfahren – und trotz des Gutachtens droht ein langwieriger, kostenintensiver Rechtsstreit.Der Weg zu staatlichen Gerichten ist eingeschränkt
Verfahrensgestaltung
Bei der Gestaltung des Verfahrens sollten im Vorfeld folgende wesentliche Fragen geklärt werden:
Vorab zu klärende Fragen | |
Formulierung der Fragen an den Schiedsgutachter | Benötigen die Streitparteien zusätzliche Hilfe für die Fragestellungen durch einen Sachverständigen oder Baujuristen? Die Ergebnisqualität des Schiedsgutachtens hängt von der Formulierung der Fragen an Gutachter ab. Die Verantwortung dafür obliegt den Parteien selbst. Der Schiedsgutachter kann „objektiv unnötige Fragen“ sanktionieren, indem er bei der Kostentragung nach billigem Ermessen entscheidet, wenn „objektiv unnötiger“ Aufwand von einer Partei durch unqualifizierte Fragen verursacht wird. Grundsätzlich gibt es keine Beschränkung bei Fragestellungen. |
Ortstermine | Ist zur Klärung der Planungsstreitigkeiten ein Ortstermin erforderlich? Auch wenn die Ortsbegehung nicht zwingend notwendig erscheint, kann der Vor-Ort-Termin vorteilhaft sein. Der Sachverhalt kann mit den Streitparteien anschaulich erläutert werden. Ein rein schriftliches Verfahren bei der Erstellung des Schiedsgutachtens birgt häufig Risiken in der Verständigung. Tatsachen, die den Interessen der Konfliktparteien zugrunde liegen, oder widerstreitende Interessen und deren Gewichtung, bleiben verborgen. Eine einvernehmliche Streitlösung könnte den Streitparteien in der Folge misslingen. |
Beiziehung eines weiteren technischen oder rechtlichen Schiedsgutachters | Kann bei Bedarf zur Sachverhaltsermittlung entweder ein technischer oder baubetrieblicher Schiedsgutachter oder ein weiterer rechtlicher Schiedsgutachter hinzugezogen werden? Besonders häufig werden Feststellungen in technischen Schiedsgutachten oder Honorarschiedsgutachten wegen „offensichtlicher Unbilligkeit“ angegriffen. Eine sich benachteiligt fühlende Streitpartei argumentiert mit „der Verletzung des rechtlichen Gehörs“, wenn erforderliche Untersuchungen nicht oder nicht richtig durchgeführt wurden. Erfahrungsgemäß ist eine „Tandem-Lösung“ zur rechtlichen Würdigung der Planungsstreitigkeit durch einen Baujuristen und eine technische oder bauwirtschaftliche Feststellung durch einen ö.b.u.v. Sachverständigen gemeinsam vorzugswürdig. Dies gilt auch, wenn durch die Doppelbesetzung zusätzliche Kosten entstehen. |
Umgang mit der Zeugenvernehmung | Zu klären ist, ob die Vernehmung von Zeugen gewollt ist. Dies ist in der Regel zulässig und sollte bei Abschluss des Streitlöservertrages mit dem Schiedsgutachter vereinbart werden. |
Umgang mit Ergänzungsfragen nach Vorlage des Schiedsgutachtens | Wie wollen die Parteien mit Ergänzungsfragen nach Vorlage des Schiedsgutachtens zu den Planungsstreitigkeiten umgehen? Welcher Umfang und welche Fristen sollen hierfür vereinbart werden? Grundsätzlich sind Ergänzungsfragen unbeschränkt möglich. Ergänzungsfragen stellen sicher, dass Fehler oder Missverständnisse bei der Sachverhaltsermittlung aufgeklärt werden und das Schiedsgutachten korrigiert oder nachgebessert werden kann, noch bevor es in Rechtskraft erwächst. Allerdings kann der Schiedsgutachter die Bearbeitung ablehnen, wenn nach seiner Auffassung die Ausgangsfragen bereits erschöpfend und umfassend beantwortet sind. |
Zulässigkeit von Alternativgutachten und ihre Bindungswirkung | Soll ein Alternativgutachten eingeholt werden, wenn eine Partei das Ergebnis des Schiedsgutachters anzweifelt? Das kann deutlichen Mehraufwand verursachen. Wer ist der neue Sachverständige oder Jurist, wenn ein Alternativgutachten gewollt wird? Soll das Alternativgutachten als „Obergutachten“ verbindlich gelten? |
Beendigung des Schiedsgutachtenverfahrens | Gilt das Schiedsgutachtenverfahren als beendet, wenn das Gutachten vorgelegt wurde? |
Kostenverteilung | Wie sollen die Kosten zwischen den beteiligten Parteien verteilt werden? Erfolgt die Kostenquotelung im Verhältnis des Obsiegens oder sollen die Parteien die Kosten unabhängig vom Ergebnis – z. B. je zur Hälfte – tragen? |
Kriterien zur Auswahl des Schiedsgutachters
Im Idealfall einigen sich die Parteien auf einen Schiedsgutachter bereits vor Abschluss des Planervertrags, den sie je nach fachlicher Eignung (Jurist und/oder Bausachverständiger) bestimmen und im Vertrag namentlich benennen.
Soll ein Schiedsgutachter erst beauftragt werden, wenn der Streitfall eintritt, sollte zumindest das Schiedsgutachten als Streitlösungsverfahren und die Qualifikation des zu beauftragenden Schiedsgutachters in den Planervertrag bindend aufgenommen werden. Die Schiedsgutachter ad hoc zu beauftragen, birgt das Problem, dass sich die Parteien gemeinsam auf einen geeigneten „Entscheider“ einigen müssen, obwohl sie bereits im Clinch liegen.
Schiedsgutachter benötigen in Planungsangelegenheiten und Honorarfragen eine überdurchschnittliche Fach- und Branchenkenntnis. Darüber hinaus müssen sie auch in der Verfahrensführung kompetent sein. Die DGA-Bau Gesellschaft zur außergerichtlichen Streitbeilegung in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. empfiehlt bei der Auswahl des geeigneten Schiedsgutachters einen Nachweis einer zehnjährigen einschlägigen Berufserfahrung und ergänzend die Qualifikation als Streitlöser DGA-Bau-Zert® oder als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bzw. als Richter in einer Baukammer.
Bei der Auswahl des Schiedsgutachters sind ö. b. u. v. Sachverständige aufgrund ihrer Bestellung besonders befähigt. Vergleichbar qualifiziert sind Sachverständige, wenn sie einschlägige Kompetenzen und Ausbildungen in außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren nachweisen und Gutachten zu den gutachtenrelevanten bauspezifischen Fragen einbringen. Erfahrungsgemäß können auch Inhaber oder Führungskräfte von Architektur- und Ingenieurbüros qualifizierte und praxistaugliche Antworten geben.
Die zeitliche Verfügbarkeit des Schiedsgutachters ist unbedingt vorab zu klären, damit eine zügige Konfliktbearbeitung ermöglicht werden kann. Eine Auswahl der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren und geeignete Streitlöser finden Sie auf einer Liste der DGA-Bau Gesellschaft für außergerichtliche Streitbeilegung e. V., bei einschlägigen Kammern, Verbänden oder der IHK.
Vertragsgestaltung von Schiedsgutachtenverfahren
Konfliktparteien können eine Schiedsgutachtervereinbarung zwar auch nach Entstehung eines Konflikts festlegen, jedoch gelingt in der Praxis selten eine Einigung, wenn Konflikte schon eskaliert sind. Deshalb sollten Sie bereits bei der Verhandlung von Planerverträgen wesentliche Punkte zum Gelingen dieser nachhaltigen Konfliktlösung vereinbaren.
Prüfen Sie Ihre Schiedsgutachtenverträge fachkundig. Vermeiden Sie Risiken wegen Intransparenz. Die Rechtsprechung zu Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung (sowohl zwischen Streitlöser und Parteien als auch zwischen den Parteien selbst) und den Verfahrensordnungen werden fortlaufend weiterentwickelt.
Klauseln in Verträgen, die den Rechtsweg der Parteien ausschließen und die Pflicht zur außergerichtlichen Streitbeilegung vor Klageerhebung vorschreiben, können unwirksam sein, wenn insbesondere folgende Punkte unklar geregelt sind:
Wichtige Gestaltungskriterien bei der Verfahrensvereinbarung: |
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Fehlen solche Regelungen – auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (AGB-Recht) – oder ein Verweis auf eine anerkannte Verfahrensordnung, kann die Klausel bei Schiedsgutachtenverfahren unwirksam sein und eine Klageerhebung zulässig bleiben. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang insbesondere das Urteil des OLG Naumburg (Urteil vom 07.06.2024, Az. 2 U 93/23 (Hs), Abruf-Nr. 250313; BGH, Beschluss vom 02.04.2025, Az. VII ZR 111/24 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen]). Bewährte Verfahrensordnungen finden Sie u. a. bei der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e. V. (SL-Bau).
Schiedsgutachten vermeiden lang-wierige Gerichts-verfahren FAZIT | Der Gang zum Gericht sollte in Planungssachen immer die Ultima Ratio sein. Für das Planungsbüro stellt das Schiedsgutachten ein praxisrelevantes Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung dar. Das Schiedsgutachten ist wegen der gezielten Abschichtung der Streitfragen auch während der Bauzeit ein geeignetes Verfahren, um den Baufortschritt zu forcieren. Wenn die Sachverständigen als Streitlöser gut ausgebildet sind, kommt ihnen bei Streitigkeiten im Planungsprozess eine wesentliche Rolle zu. Für die Tätigkeit als Schiedsgutachter sind sie bestens geeignet. Durch die „Gewährung des rechtlichen Gehörs“ können sie den Sachverhalt umfassend aufklären und die Interessen der Parteien nachvollziehen, damit praxistaugliche und zeitsparende Konfliktlösungen auf Grundlage der Schiedsgutachten mit den Parteien vereinbart werden können. |
- Rosina Sperling ist Geschäftsführerin der BVM BauVertragsManagement GmbH, Vorständin der DGA-Bau Deutsche Gesellschaft für außergerichtliche Streitbeilegung, Streitlöserin und Ausbilderin Wirtschaftsmediation (Schwerpunkt Bauwirtschaft). Interssieren Sie sich für eine Fortbildung in außergerichtlicher Streitbeilegung, dann informieren Sie sich auf: https://bvm-seminare.de/streitloeser/
- Diese Beitragsreihe wird fortgesetzt: In der nächsten Folge informieren wie Sie über weitere Formen der außergerichtlichen Streitbeteiligung.ihr Plus Im NetzReihe wird in 11 I 2025 fortgesetzt
AUSGABE: PBP 10/2025, S. 19 · ID: 50477126