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BüroführungNeues anwaltliches Berufsrecht: Erste Kooperation Anwalt – Planer ist unter Dach und Fach

Abo-Inhalt15.02.20232605 Min. LesedauerVon Dr. Andreas Bahner, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Franz+Partner Rechtsanwälte, Köln

| Rechtsanwälte und Ingenieure haben schon immer zusammengearbeitet. Seit dem 01.08.2022 – und dem Inkrafttreten des „Gesetz zur Neuregelung des anwaltlichen Berufsrechts“ – dürfen die beiden Berufsgruppen auch gemeinsam ein Unternehmen gründen. Die (vermutlich) erste GmbH ist jetzt unter Dach und Fach. Die Initiatoren erläutern nachfolgend Hinter- und Beweggründe. PBP dankt der „ARGE Baurecht“ für die Erlaubnis, Auszüge aus dem zugehörigen Interview zu veröffentlichen, das auf der Website der „ARGE Baurecht“ erschienen ist. |

Die erste Kooperation in Form der „schwarzBUNT GmbH“

Konkret handelt es sich bei dem ersten Zusammenschluss um die schwarz BUNT GmbH, die Rechtsanwalt Dr. Andreas Bahner und Ingenieur Prof. Dr. Markus Viering gemeinsam mit ihren Mitgesellschaftern, Rechtsanwältin Dr. Birgit Franz und Ingenieur Matthias Linnemann, gegründet haben. Mit der schwarzBUNT GmbH bieten sie künftig juristische und technische Beratung aus einer Hand an. Hier Auszüge aus dem ARGE-Baurecht-Interview.

Frage: Kommt hier nun endlich zusammen, was zusammengehört?

Antwort: In der Tat. Projektentwickler oder Bauherren stoßen immer wieder auf Probleme, wenn es darum geht, Schnittstellen zwischen Juristen und Baubetrieblern zu organisieren. Ein Beispiel: Schriftsätze sind juristisch, Gutachten sehr technisch gehalten. Wenn es gelingt, beides zusammenzuführen, wird vieles leichter. Ein anderes Beispiel ist der Architektenvertrag. Wenn Sie den gemeinsam erstellen, sowohl juristisch als auch technisch und baubetrieblich durchdenken, erhalten Sie ein gutes Fundament für eine reibungsarme Umsetzung des Vorhabens. Denn die wenigsten Fragen, die sich im Zuge eines Bauvorhabens stellen, lassen sich isoliert aus der Perspektive nur einer der beiden Berufsgruppen betrachten. Dennoch ist das erst einmal der Regelfall, da jeder für sich arbeitet. Damit steigt das Risiko, dass etwas missverstanden wird und eine Eskalationskette ausgelöst wird.

Frage: Beide Berufsgruppen haben schon immer eng zusammengearbeitet. Inwiefern verändert das neue Gesetz diese Zusammenarbeit?

Antwort: Wo es vorher immer zwei Vertragspartner geben musste, ist heute nur noch einer erforderlich, um die Leistungen beider Berufsgruppen verbindlich zu regeln und zu beauftragen. Ein anderes Thema ist der Datenschutz. Wenn Juristen und Ingenieure gesellschaftsrechtlich organisiert sind und unter einem Dach arbeiten, entfällt der ansonsten umständlich zu regelnde Austausch von Informationen, da beide Berufsgruppen auf einen Datenpool zugreifen können und dürfen. Beide Aspekte vereinfachen die Dinge deutlich. Ein drittes dreht sich um Kosten, Termine und Qualitäten – die drei „Säulen“ (oder Hauptziele) des Projektmanagements. Je weniger Beteiligte daran arbeiten, diese Bereiche zu optimieren, desto besser. Weniger Schnittstellen reduzieren das Risiko für Missverständnisse und Informationsverluste. Häufig ist es jedoch so, dass ein Projektsteuerer die Kosten, ein anderer die Zeit und der nächste die Qualität überwacht. Interdependenzen sind dem Einzelnen dann schnell mal egal. Wenn alle Leistungen in einer Hand liegen, passiert das nicht oder zumindest seltener.

Frage: Was machen Sie als Unternehmen anders als Ihre Kollegen, die so wie bisher einzelmandatiert zusammenarbeiten?

Antwort: Ingenieure und Anwälte, die isoliert vom Bauherrn beauftragt werden, können ohne Frage auch sehr gut zusammenarbeiten. Aber es gibt durchaus Hemmnisse, die die Zusammenarbeit erschweren. Das beginnt schon mit ganz simplen praktischen Dingen. Wenn ich als Jurist eine baubetriebliche Frage klären muss, steht der Beantwortung der Frage ein Hindernis im Weg: Darf ich den Baubetriebler einfach anrufen? Das wäre ja der sinnvollste Weg. Aber wer zahlt diesen zeitlichen Aufwand? Die Arbeit der beiden Berufsgruppen verläuft häufig nebeneinander. Unter einem gesellschaftsrechtlichen Dach ist das anders.

Die kammerrechtlichen Voraussetzungen

Natürlich müssen bei der Gründung einer Gesellschaft auch formaljuristische Dinge beachtet werden. So unterliegt die Gesellschaft nach § 59f BRAO der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer, sobald in ihr (auch) Rechtsdienstleistungen erbracht werden.

Aus § 59i BRAO folgt zudem, dass zwar zugelassene Berufsausübungsgesellschaften – gemeint sind Anwaltskanzleien – als Gesellschafter einer interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaft auftreten dürfen, nicht aber Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesrechtsanwaltskammer nicht unterliegen. Das heißt übersetzt, dass beim Zusammenschluss einer Kanzlei mit einem Sachverständigenbüro zu einer GmbH zwar die Kanzlei, nicht aber das Sachverständigenbüro Gesellschafter der GmbH werden dürfte. Anders ist das, wenn die Gesellschafter natürliche Personen sind. Hier ist wichtig, dass mindestens ein zugelassener Rechtsanwalt als Gesellschafter tätig ist und die Gesellschaft ihren Sitz an einem Ort hat, an dem mindestens ein Anwalt zugelassen ist.

Faktisch hat sich also (nur) das Berufsrecht der Anwälte geändert. Diese Änderung hat aber große Auswirkungen, weil die Zulassungsschranke für Zusammenschlüsse mit anderen Berufsgruppen durch die Reform entfallen ist.

Weiterführende Hinweise
  • Den vollständigen Wortlaut des Interviews finden Sie auf der Website der arge baurecht https://arge-baurecht.com → Rubrik „Aktuelles“
  • Beitrag „Die Neuregelung des anwaltlichen Berufsrechts: Neue Kooperations-Chancen für Planer am Bau“, PBP 11/2022, Seite 20 → Abruf-Nr. 48672560
  • Die „schwarzBUNT gmbH“ finden Sie unter www.schwarzbunt.info

AUSGABE: PBP 3/2023, S. 23 · ID: 49053862

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