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Lph 4Änderungen und Nachträge zum Bauantrag: Zusatzhonorar sichern und Risiken vermeiden
| Die erteilte Baugenehmigung sorgt zunächst für Planungssicherheit. Sie besteht aber nicht nur aus dem (teils umfangreichen) Baugenehmigungsbescheid, sondern auch aus Plänen, Berechnungen und Beschreibungen, die eingereicht wurden, und die die Behörde mit Prüfstempel, Aktenzeichen, Eintragungen und Datum versehen hat. Diese Planungsunterlagen sind in ihrer Gesamtheit Bestandteil der Genehmigung und nicht nur „Beiwerk“. Soll davon später abgewichen werden, geht das mit Risiken einher, die Sie kennen und auch honorartechnisch bestmöglich managen sollten. |
Abweichungen vom Genehmigungszustand und die Folgen
Wird durch eine vom Auftraggeber angeordnete Planungsänderung im Zuge der Planungsvertiefung oder Bauausführung davon, also auch von den durch die Genehmigungsbehörde gestempelten Planungsunterlagen, abgewichen, hat das vielfältige Konsequenzen:
- Es stellt sich die Frage, ob die jeweilige Abweichung genehmigungsrelevant ist.
- Es kann notwendig werden, einen Nachtrag zum Bauantrag einzureichen, damit der tatsächlichen Ausführung eine genehmigte Planung zugrunde liegt.
- Im oben genannten Fall müssen Sie rechtzeitig ein Nachtragsangebot für die Erarbeitung des Nachtrags zum Bauantrag vorlegen.Einhaltung bauordnungsrechtlicher Bestimmungen ...
- Es muss geklärt werden, welche Planungsbeteiligten fachlich an der Änderung mitarbeiten müssen.
- Es muss geklärt werden, wie die Änderungen in die weitere Abwicklung terminlich integriert werden.
- Es stellt sich die Frage, wer ein etwaiges Genehmigungsrisiko übernimmt, das hohe Kosten oder Verzögerungen auslösen kann.
Wichtig | Es geht also nicht nur darum, Genehmigungsrisiken zu vermeiden, sondern Vorsorge dafür zu treffen, dass Sie notwendige Planungsänderungen auch honoriert bekommen. Die Einhaltung strenger bauordnungsrechtlicher Bestimmungen und die formal gesicherte Durchsetzung von Änderungshonorar sind also zwei Seiten ein- und derselben Medaille.
Es gilt der Grundsatz: Genehmigungsrisiken (und Honorarrisiken) sollten Sie keinesfalls übernehmen. Denn die haben Sie (außer bei Planungsmängeln) nicht zu vertreten. Wir zeigen heute, wie das am besten geht.
Wo Nachträge zum Bauantrag unumgänglich sind
Es gibt eine ganze Reihe von Planungsinhalten, die nicht ohne Nachtrag zum Bauantrag, also Nachtragsbaugenehmigung, geändert werden dürfen.
Beispiele für Änderungen zum Bauantrag | Hinweise |
Änderungen gegenüber dem genehmigten Lüftungsgesuch (Entrauchung Tiefgarage) | Beispiele
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Änderungen bei den notwendigen Fluren gegenüber dem genehmigten Brandschutzgutachten | Beispiele
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Verlagerung des Feuerlöschwasserreservoirs von Nordseite auf Südseite | Beispiele
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Änderung bei Freianlagen mit Auswirkungen auf Feuerwehraufstellflächen | Grundsätzlich neu genehmigungsbedürftig |
Relevante Veränderungen in Eingangshallen, die gleichzeitig erster Rettungsweg sind | Veränderung der Fluchtwege bzw. zusätzliche Brandlasten |
Erhöhung des Kniestocks bei Wohnungsbau um 30 cm | Veränderung der Traufhöhe, Veränderung der Gebäudehöhe |
Stellt sich im Zuge der Planungsvertiefung – oder noch schlimmer – kurz vor der Schlussabnahme durch die Behörde heraus, dass (auch vermeintlich kleinere aber) genehmigungsrelevante Abweichungen baulich umgesetzt wurden, kann die Bauaufsicht die Inbetriebnahme untersagen oder diese nur unter strengen Auflagen (Nachfrist zur Legalisierung der Änderungen) genehmigen.
Das kann erhebliche Schadenersatzforderungen des Auftraggebers nach sich ziehen, wenn Sie als Planer den Auftraggeber auf die Risiken und deren Tragweite nicht ausreichend hingewiesen hatten.
Die einzig wahre Risikovermeidungsstrategie
Ihre Risikovermeidungsstrategie muss also darin bestehen, dem Auftraggeber klar zu machen, dass
- bei genehmigungsrelevanten Änderungen sofort Kontakt mit der Genehmigungsbehörde aufzunehmen ist, um die Genehmigungsfähigkeit der Änderung zu klären, und dass
- geregelt werden muss, wann diese Änderungen erarbeitet werden und dem Bauamt zur Erteilung einer Nachtragsgenehmigung vorzulegen sind.
Beratener Auftraggeber kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen
Der Auftraggeber kann sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen. Werden auf der Baustelle Abweichungen von der Baugenehmigung (auch von den abgestempelten Planungsunterlagen) realisiert, handelt es sich formal um einen bußgeldbewerten (anteiligen) Schwarzbau. Auch die Bauüberwachung darf dies nicht wissentlich dulden, sonst übernimmt sie ebenfalls ein Risiko.
Nachträge zum Bauantrag strategisch terminieren
Oft werden Nachträge zum Bauantrag terminlich gebündelt, damit der Verwaltungsaufwand und die Gebühren verhältnisgerecht sind. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass enorme zeitliche Verzögerungen bei der Einreichung von Nachtragsbauanträgen das Genehmigungsrisiko erhöhen. Das Risiko besteht insbesondere darin, dass vorgesehene Änderungen (trotz vorheriger Abstimmung) nicht oder nur mit Auflagen genehmigungsfähig sind. Dann stellt sich immer die Frage, wer die daraus resultierenden Mehrkosten verantwortet. Die Genehmigungsbehörde ist es nicht, denn die darf bis zur endgültigen Nachtragsbaugenehmigung autonom entscheiden.
Praxistipp | Um hier Planungssicherheit zu erhalten, empfiehlt PBP, mit dem Bauherrn und der Behörde zu regeln, in welchen zeitlichen Abständen die Nachträge abgestimmt und eingereicht werden. Wobei projektrelevante Nachträge ohnehin sofort eingereicht werden sollten. Vorabstimmungen mit der Genehmigungsbehörde werden durch konkrete Protokollierung der Besprechungsergebnisse so dokumentiert, dass bei der Einreichung keine fachlichen Unsicherheiten mehr bestehen. Aber wie o. e.: Die Bauaufsicht entscheidet final erst mit dem Genehmigungsbescheid. |
Nachträge zum Bauantrag und Ihr Honorar
Um „Genehmigungsärger“ zu minimieren, sind die Vorleistungen für die Nachträge zum Bauantrag, Ihre Planungsänderungen, möglichst zeitnah zu erarbeiten. An dieser Stelle greift § 650b BGB. Das BGB ist hier wesentlich konkreter als die HOAI, die nur die Honorarhöhe, aber nicht das Zustandekommen eines Planungsnachtrags regelt. Nach BGB müssen Sie nicht auf bloßen Zuruf arbeiten, sondern auf Grundlage einer gesetzlichen, der Regelung des § 650b BGB entsprechenden, Leistungs- und Vergütungsvereinbarung. Ihre Position, diese durchzusetzen, ist an dieser Stelle stark.
So gehen Sie konkret vor
Sie (und alle weiteren Planungsbeteiligten) reichen gemäß § 650b ein Angebot zur Erarbeitung des Nachtrags zum Bauantrag ein, bevor Sie planerisch mit der Änderung starten. Dann beginnt die Mitwirkungspflicht des Auftraggebers (§ 642 BGB), es läuft die Uhr. Der Gesetzgeber hat in § 650b BGB nämlich geregelt, dass immer dann, wenn keine Vereinbarung in Textform über die mit der Änderung zusammenhängende Mehr- oder Mindervergütung erzielt werden kann, frühestens 30 Tage nach Eingang des Änderungsbegehrens beim Planer die Änderung angeordnet werden darf. Die Frist soll die Vertragsparteien dazu anhalten, eine Honorarvereinbarung zum Änderungshonorar sofort im Zuge der Änderungsregelung zu treffen.
Wichtig | Stress, der besonders gegen Ende des Projekts droht, wenn man „schnell-schnell“ alles auf einmal nachträglich einreichen will, betrifft im Ergebnis den Auftraggeber selbst, wenn Sie ihn rechtzeitig auf diese Risiken hinweisen. Wer glaubt, dass die Behörden da nicht so genau hinschauen, irrt. Das liegt daran, dass sie seit kurzem immer öfter behördenintern Rechenschaft über die Höhe ihrer Personalkosten und Stellenpläne ablegen müssen. Das gelingt den Dienststellen oft anhand der „erwirtschafteten Gebühren“, wozu auch die Nachtragsgebühren zu Bauanträgen zählen. Das bedeutet, dass die Genehmigungsbehörden hier in Zukunft pro-aktiv agieren.
Mit der Genehmigungsbehörde gut kommunizieren und kooperieren
Um einen praxisgerechten Ablauf zu erreichen, sollte mit der Genehmigungsbehörde rechtzeitig abgestimmt werden, in welchen zeitlichen Abständen oder bei welchen inhaltlichen Änderungen Nachträge zum Bauantrag eingereicht werden. Bedenken Sie aber, dass das Genehmigungsrisiko erst dann weg ist, wenn der Nachtrag zum Bauantrag (auch Tektur genannt) genehmigt ist.
Ändert die Genehmigungsbehörde z. B. nach der ersten Abstimmung über die Genehmigungsfähigkeit der vorgesehenen Änderung und vor der Erteilung der Nachtragsgenehmigung ihre Auffassung, ist das nicht deren Problem. Denn sie darf im Rahmen ihres Ermessensspielraums so entscheiden. Je höher das Genehmigungsrisiko, umso eher sollten deshalb Nachträge bei der Genehmigungsbehörde eingereicht werden.
Wer ist Auslöser für erforderliche Nachträge zur Baugenehmigung?
In diesen Prozessen ist auch zu unterscheiden, wer Auslöser der erforderlichen Nachträge ist. Ist das der Auftraggeber (z. B. durch Planungsänderungsanweisungen), muss er die Folgen wie Zusatzhonorare, Terminverschiebungen und Baukostenveränderungen tragen. Liegen Planungsfehler vor, sind diese vom betreffenden Planer selbst zu beseitigen.
Genehmigungsrisiko fair verteilen
Um das Genehmigungsrisiko gerecht zu verteilen, ist eine entsprechende vertragliche Regelung notwendig. Sie soll vermeiden, dass durch das „Nichttreffen von Entscheidungen“ wertvolle Zeit vergeudet wird und die Risiken für alle Beteiligten erhöht werden.
Musterklausel für originären Planungsvertrag oder Nachtrag dazu
Diese Vereinbarung, die sowohl im Planungsvertrag – als auch als Nachtrag – geregelt werden kann, kann wie folgt aussehen:
Vertragsklausel / § ... Nachträge zur erteilten Baugenehmigung |
... auch den Bauherrn mit ins Boot nehmen Soweit der Auftraggeber Planungsänderungen anordnet, die einen Nachtrag zum Bauantrag nach Landesbauordnung erfordern, verpflichten sich die Parteien, zeitnah eine konkrete Leistungs- und Vergütungsvereinbarung gemäß § 650b BGB vor Erarbeitung der Änderungsleistung zu treffen. Es wird vereinbart, dass solche Nachträge zur Baugenehmigung im Rahmen von konkreten Zeitfenstern eingereicht werden, die mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt werden. Um eine zügige weitere Planungsvertiefung zu gewährleisten und Mehrkosten möglichst zu vermeiden, verzichtet der Auftraggeber für den Fall, dass die Nachtragsbaugenehmigung nicht oder nur mit weiteren Auflagen erteilt werden kann, darauf, gegenüber dem Planungsbüro Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Dieser Verzicht gilt für den Fall, dass der Nachtrag nicht auf Planungsfehler des Planungsbüros zurückzuführen ist. |
Wichtig | Der Vorteil einer solchen Regelung besteht darin, dass die ansonsten üblichen negativen Folgen (Terminverzögerungen, Mehrkosten) vermieden werden. Davon profitiert also der Auftraggeber. Seine „Gegenleistungen“ besteht in Form schneller Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen und der Übernahme des Genehmigungsrisikos.
Musterschreiben und -angebot bei Nachträgen zur Baugenehmigung
Stehen o. g. Änderungen an, ist Ihre Beratung noch einmal gefragt. Das nachfolgende Musterangebotsschreiben greift insbesondere den Fall auf, dass der Auftraggeber auf Zeit spielt und nicht entscheiden will. Die dort angebotene Honorierung nach Zeitaufwand ist nur eine von mehreren Optionen zur Honorarermittlung.
Musterschreiben / Nachtrag zum ursprünglichen Bauantrag (Begründung und Angebot) |
Betr.: Umbau und Erweiterung des ... Sehr geehrte Damen und Herren, beigefügt erhalten Sie das Nachtragsangebot Nr. … zur Ihrerseits angeordneten Planungsänderung Nr. … Beachten Sie, dass diese Änderung nach den Vorschriften der Landesbauordnung einen Nachtrag zum ursprünglichen Bauantrag erfordert. Es dürfen nur genehmigte Planungen auf der Baustelle umgesetzt werden. Das bedeutet, dass die Planungen, die Bestandteil der erteilten Genehmigung sind (siehe gestempelte Pläne), in entsprechend geänderter Form als Nachtrag zum Bauantrag einzureichen sind. Daher ist die Beauftragung jetzt erforderlich, um Verzögerungen, Mehrkosten oder Bußgelder zu vermeiden, denn auch unser Büro, die weiteren Planungsbeteiligten und die Genehmigungsbehörde benötigen Zeit, um die Planungsänderungen und den Nachtrag zu bearbeiten. Bei Nichtbeachtung dieser Maßgaben kann die behördliche Endabnahme dazu führen, dass Ihnen die Nutzung untersagt oder ein Bußgeld verhängt wird. Außerdem können Abweichungen vom genehmigten Bauzustand Terminverzögerungen und Mehrkosten auslösen. Um diese Risiken zu vermeiden, muss der Nachtrag zum Bauantrag jetzt von Ihnen beschlossen und beauftragt werden. Dazu müssen u. a. folgende Planungsleistungen, Berechnungen sowie Beschreibungen geändert werden: ... In der Anlage ist ein Nachtragsangebot beigefügt, in dem wir die Planungsleistungen beschrieben und den zusätzlichen Zeitbedarf geschätzt haben. Da die Aufwände nur schwer voraussehbar sind, bieten wir Ihnen die Vornahme der konkreten Änderungen im Zeithonorar an. Das erscheint aus unserer Sicht am wirtschaftlichsten für beide Vertragspartner. Wir schlagen eine kurzfristige Beauftragung vor. Zu beachten sind neben den o. g. Bearbeitungs- und Genehmigungsfristen auch die Regelungen gemäß § 650b BGB, wonach die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung rechtzeitig vor Beginn der Änderungsleistungen zu treffen ist, um weitere Verzögerungen, Mehrkosten oder ein Genehmigungsrisiko zu vermeiden. Berücksichtigen Sie bitte, dass
Ihrer Beauftragung des beigefügten Nachtragsangebots sehen wir gern entgegen. Mit freundlichen Grüßen ... |
AUSGABE: PBP 3/2023, S. 4 · ID: 49191110