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HonorargestaltungAlternative Honorarmodelle in der TA: Möglichkeiten, Risiken und Verhandlungsoptionen
| Der Startschuss für die HOAI 20XX ist gefallen, genauso wie der Mindestsatz. Noch ist unklar, wo die Reise konkret hingehen wird. Es wird wohl „bunter“. Dabei ist festzuhalten, dass zwischen den Vertragsparteien schon heute eine Vielzahl von Honorarmodellen verhandelt werden, die von den klassischen HOAI-Honorarberechnungsmethoden massiv abweichen. Aber welche sind fair, transparent und angemessen? PBB stellt Ihnen in dieser und der nächsten Ausgabe drei Berechnungsansätze vor, die Ihnen und Ihrem Auftraggeber als Vorlage dienen können könnten. |
Die immer noch nachhallenden „Webfehler“ der HOAI 1996
Die schon fast in Vergessenheit geratene HOAI 1996 hatte eine Vielzahl von guten Ansätzen. Einer war z. B. die Vergütungsregelung nach Phasen und der damit verbundenen – fortschreitenden – Kostensicherheit als Honorarbasis. In der Honorarableitung der Technischen Ausrüstung waren aber auch damals schon – bewusst oder unbewusst – „Webfehler“ integriert, die sich bis in die HOAI 2021 fortgesetzt haben.
Strukturfehler der HOAI und ihre Folgen für die Vertragsabwicklung
Dazu gehören die Diskrepanz zwischen dem Aufwand in den einzelnen Phasen und dem zugehörigen Honorar – Stichwort Phasenrendite.
Gleiches gilt für den Verzicht auf die Berücksichtigung unterschiedlicher Aufwände der Fachgewerke im Planungsprozess in Kombination mit Honorarpauschalen der dazu ungleich verteilten anrechenbaren Kosten. Hier wird in der TA-HOAI-Tafel nicht unterschieden.
Beispiele |
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Im pauschalen Vergütungsmodell der HOAI wurde ebenfalls nicht nach Bearbeitungs- bzw. Leistungscharakter der Planungsphase differenziert. Gemeint sind damit vor allem die Unterschiede zwischen
- dem kreativ konzeptionellen Charakter z. B. einer Lph 2 und
- dem darstellenden und detaillierenden Charakter einer Lph 5,
die über die gleiche Pauschalen-Logik vergütet werden.
Dieser „Webfehler“, der allen HOAI-Fassungen immanent ist, wird durch neue Anforderungen aus Themen wie
- der Lph 0 (§650p Abs. 2 BGB),
- BIM oder
- innovativen oder erweiterten Leistungsbildern
noch kritischer. Die undifferenzierte Pauschalen-Logik in der TA führt in Projekten immer wieder dazu, dass versucht wird, Aufwand einzusparen, um das Honorar in spätere Planungsphasen oder arbeitsintensive Anlagengruppen zu „schleppen“ bzw. zu verschieben. Dies wird meist dadurch umgesetzt, dass der Aufwand minimiert wird – mit schlimmen Folgen wie z. B. mangelhafter Leistung oder gravierenden Folgefehlern.
Nicht auf Befreiungsschlag durch die HOAI 20XX warten
Es ist zu hoffen, dass hier über die HOAI 20XX Lösungen gefunden werden. Bis es jedoch so weit ist, nutzt der Markt die Vertragsfreiheit und entwickelt eigene projektspezifische Modelle.
Honorarbemessungsgrundlage muss zur geforderten Leistung passen
Dabei ist es für beide Parteien wichtig, eine faire Balance zwischen Leistung und Honorar zu finden, um mit der notwendigen Qualität den gewünschten Projekterfolg zu erzielen. Wichtigster Grundsatz dabei: Das Honorar muss zu der geforderten Leistung passen. Es ist auch zu unterscheiden, welche Leistung tatsächlich zu pauschalieren ist und welche nicht.
Beispielsweise macht es viel mehr Sinn, kreative Phasen in der Konzeption nach Aufwand (ggf. mit spezifischen Senior-Personal) zu bezahlen. Auch können Hybrid-Modelle aus Kosten und Aufwand wie in der Schweiz sinnvollere Ergebnisse erzielen.
Welche alternativen Honorarmodelle sind in der TA denkbar?
Am Markt tauchen bereits verschiedene „HOAI-Chimären“ auf. Es wird pauschaliert und gekoppelt, erweitert und einreduziert. Momentan ist dies jedoch oft nur ausschließlich honorarfixiert. Die Auseinandersetzung mit dem projektspezifisch notwendigen Leistungsbild und Planungsablauf der Anlagengruppen tritt sehr selten auf.
Wichtig | Dabei müsste nach Projekterfordernis und Projekt- und Phasenrisiko kalkuliert werden. Die Realität sieht aber anders aus. Hier gehören
- Ausschreibung auf dem Entwurf,
- zeitoptimierte Phasenparallelität,
- BIM-Anforderungen,
- vorgezogene Mieterdetailplanungen,
- Beschleunigung der Bauphasen oder
- baubegleitende Planung
zum TA-Tagesgeschäft.
Dies durchbricht aber immer öfter den sinnvoll strukturierten Planungsablauf der HOAI.
Besondere Leistungen führen in Angeboten noch ein Schattendasein
In der heutigen Zeit werden zudem eine Vielzahl von Besonderen Leistungen je Anlagengruppe erforderlich. Für diese Anforderungen und den wachsenden unternehmerischen Marktverhältnissen müssten bereits im Angebotsprozess kreative Ansätze gefunden werden.
Die Kalkulation des Honorarangebots ist jetzt das Gebot der Stunde
Eines der größten Risiken für den wirtschaftlichen Projekterfolg ist die Angebotskalkulation. Vor der HOAI 2021 konnten gravierende Kalkulationsfehler noch über Aufstockungsklagen „geheilt“ werden. Das ist jetzt vorbei. Daher sollte jedes Angebot über eine Aufwandskalkulation anhand des vertraglichen (!) Leistungsbilds geprüft werden.
Drei Honorarmodelle als Denkanstoß
Im Folgenden finden Sie Beispiele für unterschiedliche Ansätze (Neubau) als Denkanstoß. Diese müssen Sie immer an die Projekterfordernisse anpassen und mit einem klaren – geschlüsselten – Leistungsbild je Anlagengruppe versehen (z. B. VDI 6026 als Hilfestellung). Ziel muss es sein, eine praxisnahe Honorarregelung zu finden, um Konflikte zu vermeiden.
Grundregeln für den Aufbau aller drei Honorarmodelle
Zunächst sind die kreativen Lph 1 und 2, aber auch die Lph 0 (PBP-Beitrag 3/2018, Seite 12 und 8/2022, Seite 12) zu betrachten. Die Erfahrung lehrt, dass festgelegte Honorarpauschalen selten kreatives und konzeptionelles Arbeiten fördern. Anstatt sich mit übergreifenden Problemlösungen zu beschäftigen und gemeinsam im Planerteam zu diskutieren, ist die Gefahr groß, dass Teilleistungen „schnell abgehakt“ werden (nach dem Motto: Variante 1,2,3 – fertig). Man will die Honorarpauschale der Lph 2 ja nicht unnötig belasten. Isolierte TA-Fachgewerks-Lösungen sind jedoch im Gesamtkunstwerk Gebäude selten zielführend.
Praxistipp | Um qualitativ hochwertige Lösungen zu entwickeln, muss das Planungsteam gemeinsam arbeiten können, ohne den „kalten Atem“ der Lph 2-Phasenrendite des Gewerks im Nacken zu spüren. Daher sind nach Aufwand honorierte Intensiv-Workshops für die Lph 0/1/2 mit Senior-Personal und entscheidungsfähigen Bauherrnvertretern viel sinnvoller – für beide Seiten. Dieser aufwandsbasierte Ansatz in frühen Phasen gilt für alle Modelle, die hier vorgestellt werden. |
Weitere zwingende Bestandteile jedes Honorarmodells
Wenn Sie nach Aufwand abrechnen, müssen Sie sich über Ihren Stundensatz im Klaren sein. Es sei Ihnen daher dringend empfohlen,
- Ihren Bürostundensatz und auch
- den kalkulatorischen Personenstundensatz für spezielle Mitarbeiter
zu bestimmen.
Außerdem gehören präventiv vereinbarte Konfliktlösungsstrategien in Ihr Angebot. Sie sind eine der wesentlichen Säulen des Projekterfolgs.
Honorarmodell 1: Ausgleich Planungs- und Bauzeitrisiken
Honorarmodell Nummer 1 gliedert das Honorar für die Lph 0 bzw. 1 bis 8 in drei Gruppen. Für jede Gruppe gelten andere Honorarbemessungsparameter, die auf die Anforderungen der jeweiligen „Lph-Gruppe“ zugeschnitten sind und so ein faires und transparentes Honorar ergeben.
Honorarmodell 1 | |
Lph | Honorierung |
0-2 | nach Aufwand |
3-7 |
+
|
8 |
|
Modell berücksichtigt Risiko von langlaufenden Projekten für Lph 3 bis 7
Planungszeitverlängerungen vor allem bei TA-Großprojekten führen immer mehr zu massiven Konflikten. Daher muss das Honorarmodell das Risiko von langlaufenden Projekten für die Lph 3 bis 7 berücksichtigen und abfangen. Das gilt vor allem dann, wenn die Planungszeit nicht durch Änderungen, sondern z. B. durch Kündigungen anderer Fachplaner, langwierige Entscheidungen oder Finanzierungsprobleme verlängert wird.
Die HOAI ist zeit- und aufwandsneutral. Diese vermeintliche Honorarsicherung ist für den Bauherrn aber oft nur ein Pyrrus-Sieg. Blutet der Fachplaner nämlich tröpfchenweise wegen monate-, manchmal jahrelanger ineffizienter Bearbeitung (z. B. wegen fortschreitenden und ausgiebigen Besprechungswesens) finanziell aus – und kann dann keine Leistung mehr erbringen, ist dem Bauherrn auch nicht geholfen. Im technisch orientierten und auf den Projektfortschritt ausgelegten Tagesgeschäft des Fachplaners hilft dann auch kein gutgemeinter Verweis auf § 313 BGB (Stichwort „Wegfall der Geschäftsgrundlage“).
Eine ausgleichende Lösung kann eine Art „Ineffizienz“-Regelung sein. Diese Vereinbarung gewährleistet bei der unverschuldeten Überschreitung der Planungszeit eine prozentuelle Honorarfortschreibung (z. B. monatsweise). Damit wird bereits über den Vertrag bei Projektbeginn ein Konflikt entschärft und der Bauherr erhält weiter ohne Streit Leistung in der Projektbegleitung, auch wenn das Projekt planerisch de facto steht. Damit können auch über mehrjährige Planungszeiten Kostensteigerungen oder Fluktuationskosten gemindert werden. Zusätzlich sind dadurch Personal-Bindungsklauseln leichter zu kombinieren, was Projektwissen und qualifiziertes Personal im Projekt hält – ein immenser Vorteil auch für den Auftraggeber.
Objektüberwachungs-Honorar schon strukturiert anbieten
Ebenso ein Dauerbrenner sind Bauzeitverlängerungen und der damit verbundene Streit über die Vergütung der Objektüberwachung. Um diesen Konflikt bereits im Vorfeld zu vermeiden, sollte das Honorar der Objektüberwachung bereits im Angebot und Vertrag strukturiert werden. Dafür ist zunächst die Bauzeit – besser noch die Zeit der Objektüberwachung – zu fixieren.
Eine Möglichkeit ist die präventive Aufteilung nach zeitabhängigen und zeitunabhängigen Honoraranteilen (PBP 7/2022, Seite 4). Die Aufteilung kann auch nach dem jeweiligen TA-Fachgewerk stark schwanken. Wird die fixierte Bauzeit unverschuldet überschritten, werden dann auf Basis der zeitabhängigen Honorarteile Monatspauschalen gebildet und fortschreitend bis zum Projektende vergütet.
Gekoppelt wird diese Phase dann auch nicht mehr an die Kostenberechnung, sondern – wie bereits bei der HOAI 1996 – an die Kostenfeststellung (bzw. den Kostenanschlag). Werden Risiken in dieser Art zwischen den Parteien verteilt, entstehen auch unternehmerische Möglichkeiten für Nachlässe im Gesamthonorar durch den TA-Fachplaner.
Praxistipp | Die Tafelwerte der HOAI 2021 sind stark veraltet. Sie stammen aus der HOAI 2013. Deshalb – und vor dem Hintergrund der weiter steigenden Kosten – sollten Sie grundsätzlich auf Basis der erhöhten Tafelwerte aus dem Siemon-Gutachten von 2021 anbieten. Dabei wurde für die Technische Ausrüstung eine Erhöhung von ca. 26 Prozent ermittelt (PBP 4/2021, Seite 5) |
Weitere Honorarmodelle folgen
Die TA-Honorarmodelle Nummer 2 und 3 stellt Ihnen PBP in der April-Ausgabe vor.
- Beitrag „Gutachten ermittelt angemessene Honorartafelwerte: So sieht die echte HOAI 2021 aus“, PBP 4/2021, Seite 5 → Abruf-Nr. 47282185Mehr zum Thema auf pbp.iww,de
- Beitrag „Unverschuldete Bauzeitverzögerung: So leiten Sie Lph 8-Zusatzhonorar her und setzen es durch“, PBP 7/2022, Seite 4 → Abruf-Nr. 48417573
- Beitrag „Erstes Urteil zum BGB 2018: Vorpreschen mit der eigenen Planung birgt erhebliche Honorarrisiken“, PBP 8/2022, Seite 12 → Abruf-Nr. 48481549
AUSGABE: PBP 3/2023, S. 9 · ID: 49053867