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HaftungFliesentauglichkeit: Architekt muss kein Labor beauftragen
| Zur Planungstätigkeit eines Architekten gehört auch die Auswahl der Materialien, die für die Maßnahme geeignet sind. Auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf sich der Architekt grundsätzlich verlassen. Er ist nicht verpflichtet, sämtliche Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben überprüfen zu lassen. Das hat das OLG Karlsruhe mit rechtskräftiger Entscheidung festgestellt. |
Im konkreten Fall war ein Architekt mit den Lph 1 bis 8 sowie einem Fliesengewerk bei der Sanierung einer Saunalandschaft beauftragt. Die Fliesen sollten säure- bzw. chemiebeständig sein. Der Architekt wählte ein Fabrikat, das nach dem Datenblatt des Herstellers diese Anforderungen erfüllte – und legte sie der Ausschreibung zugrunde. Nach Abnahme der Leistungen zeigten sich weißliche Ausblühungen, und die Fliesen lösten sich ab. Der Betreiber verklagte den Architekten auf Kostenvorschuss wegen Planungs- und Überwachungsfehlern und den Fliesenleger wegen Ausführungsfehlern.
Das OLG sprach den Architekten von Planungs- und Überwachungsfehlern frei. Seine Planungsverantwortung bestehe zwar auch darin, geeignete Materialen auszuwählen. Dabei könne er sich aber auf die Richtigkeit der Datenblätter des Herstellers verlassen. Er sei nicht verpflichtet, einzelne Fliesen in einem Labor daraufhin überprüfen zu lassen, ob diese die im Datenblatt beschriebenen Eigenschaften besitzen. Träfe das zu, wäre ein Architekt verpflichtet, so gut wie alle verwendeten Baustoffe durch ein Labor prüfen zu lassen. Damit wäre aber ein Aufwand verbunden, der die Durchführung von Bauvorhaben praktisch unmöglich machen würde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2021, Az. 4 U 199/20, Abruf-Nr. 230595; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 29.06.2022, Az. VII ZR 63/22).
AUSGABE: PBP 12/2022, S. 3 · ID: 48522115