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WerkvertragsrechtVorsicht Haftung: Planung nie ohne Zustimmung des Auftraggebers optimieren

Top-BeitragAbo-Inhalt24.03.20223114 Min. Lesedauer

| Die aktuellen Baukostensteigerungen nehmen viele Büros zum Anlass, proaktiv die Planung im Hinblick auf die Baukosten zu optimieren. So komisch es auch klingt: Solche gut gemeinten Aktivitäten sind selbst dann nicht ohne Haftungsrisiken, wenn sie erfolgreich sind. Das lehrt eine alte BGH-Entscheidung mit folgender Essenz: Selbst wirtschaftlich vorteilhafte Abweichungen von vereinbarten Planungsinhalten stellen einen Mangel dar, wenn sie nicht mit dem Auftraggeber abgestimmt bzw. von ihm nicht akzeptiert sind. |

Der BGH-Fall: Planer duldete geänderte Bauausführung

In dem Fall vor dem BGH war die Gründung eines Bauwerks um 1,15 m höher ausgeführt worden als ursprünglich geplant. Der Planer wurde mit einer Mangelrüge des Auftraggebers konfrontiert. Er berief sich darauf, die Planung sei fachtechnisch fehlerfrei gewesen und stelle außerdem eine wirtschaftlich optimierte Lösung dar. Insoweit sei seine Planung nicht zu beanstanden. Der Bauherr sah das anders. Er verlangte, dass die Gründung genau so ausgeführt werden sollte wie ursprünglich geplant.

Im Zuge der Bemühungen um eine Akzeptanz der geänderten Ausführung musste auch ein Nachtrag zum Bauantrag gestellt werden. Der Bauherr war nicht bereit, dem zuzustimmen. Er forderte stattdessen den Abriss der um 1,15 m höher eingebauten Gründung und die Neuerrichtung. Außerdem verlangte er, dass der Architekt die entsprechenden Kosten übernimmt. Der BGH hat dem entsprochen und den Architekten zu Schadenersatz verurteilt (BGH, Urteil vom 07.03.2002, Az. VII ZR 1/00, Abruf-Nr. 020991).

Der BGH begründet das damit, dass der Planer eine Leistung schuldet, die den Vereinbarungen entspricht, die Planer und Bauherr getroffen haben. Abweichungen von einvernehmlichen Vereinbarungen sind Mängel, auch wenn die realisierte Lösung aus technischer Sicht nicht zu beanstanden ist. Dass eine Mangelbeseitigung sehr hohe Kosten verursacht, ändert daran nichts.

Die Folgen für Ihr Tagesgeschäft

Die gravierende Folge dieses Urteils besteht darin, dass Abweichungen von einvernehmlich mit dem Auftraggeber abgestimmten Planungsinhalten Mängeln gleichzusetzen sind. Und zwar auch dann, wenn es sich um Planungsoptimierungen und wirtschaftlichere Planungslösungen handelt, die der Einhaltung von Kostenzielen dienen. Im Ergebnis bedeutet das, dass Einsparbemühungen mittels (auch kleinerer) Planungsänderungen, die nicht mit dem Auftraggeber abgestimmt sind, immer das Risiko unnötiger Auseinandersetzungen – bis hin zum Mangelvorwurf mit Beseitigungsaufforderung – bergen. Diesen Zustand sollten Sie tunlichst vermeiden.

Das empfohlene Vorgehen

Handelt es sich um ein kleines Projekt oder eine kleinere Abweichung von der abgestimmten Planung, empfiehlt PBP, den Auftraggeber per E-Mail um eine entsprechende Entscheidung zu bitten. Bei großen Projekten kann das ggf. durch den Projektsteuerer bewirkt werden. Aber auch hier muss der Auftraggeber entscheiden und nicht der (meist vollmachtlose) Projektsteuerer.

Musterschreiben nutzen und Planungsoptimierung absichern lassen

Nutzen Sie das nachfolgende Musterschreiben, um sich Planungsoptimierungen vom Auftraggeber bestätigen bzw. absichern zu lassen:

Musterschreiben / Planungsänderung/Planungsoptimierung

Betreff: Um- und Erweiterungsbau ...

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge unserer Planungsvertiefung hat sich ergeben, dass die Ausführungsplanung (evtl. Bauausführung) wie folgt geändert werden kann, um eine höhere Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Die Fassadenkonstruktion kann um geschätzt … Euro netto günstiger ausfallen, wenn wir statt ... die …. Fassadenprofile anwenden. Diese Konstruktionen sind bis auf … als gleichwertig einzustufen. Die genannten Abweichungen halten wir aufgrund des hohen Kostenunterschieds im Ergebnis für sinnvoll und vor allem wirtschaftlich. Die gestalterischen Änderungen durch die geänderten Fassadenprofile sind geringfügig; das ersehen Sie aus den in der Anlage beigefügten Abbildungen. Die späteren Betriebskosten bzw. zu erwartenden Bauunterhaltungkosten sind als gleich hoch einzustufen.

Somit schlagen wir ihnen vor, sich für die oben beschriebene Änderung zu entscheiden. Damit die weitere Ausführung nicht terminlich verzögert wird und keine entsprechenden verzögerungsbedingten Zusatzkosten entstehen, ist ihre Entscheidung bis zum … erforderlich. Eine entsprechende Vereinbarung mit der ausführenden Firma ist bis zum … zu treffen. Beachten Sie bitte, dass mit dieser Optimierung kein Änderungshonorar verbunden ist.

Wichtig | Honorarpflichtige Planungsänderungen und selbst vorgeschlagene Optimierungen sind zu unterscheiden. Letztere stammen aus der eigenen Sphäre des Planers. Die Abstimmung soll das aus dem BGH-Urteil resultierende Haftungsrisiko ausschließen. Der Auftraggeber muss in diesem Fall die Tragweite seines Handelns selbst disponieren. Trifft er Entscheidungen nicht zeitnah, ist er mit diesem Schreiben über etwaige Folgen informiert.

Fazit | Keine Alleingänge, Auftraggeber mit ins Boot nehmen zahlt sich aus. Unabgestimmte Veränderungen, auch wenn sie kleinerer Natur sind, kommen einem Mangel gleich. Lässt die abgestimmte Planung dagegen Spielräume offen, dürfen Sie diese Spielräume auch nutzen. Das ist von Fall zu Fall zu entscheiden.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Planungsoptimierung von zu vergütender Planungsänderung vertraglich abgrenzen“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 44813589

AUSGABE: PBP 4/2022, S. 6 · ID: 47998424

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