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MitarbeiterkapitalbeteiligungMitarbeiterbindung durch -beteiligung: Neue „Konzernklausel“ macht Gestaltung attraktiver

Abo-Inhalt08.01.20256 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. (FH), Thomas Rennar, Hannover

| Die Besteuerung von Vermögens- bzw. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen an Start-up-Unternehmen, Kleinst-, kleinen sowie mittleren Unternehmen (KMU) wird durch § 19a EStG geregelt. Nunmehr wurde mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) der Anwendungsbereich der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (Aktien, GmbH-Anteile etc.) auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen durch Einführung einer „Konzernklausel“ erweitert. LGP macht Sie vor dem Hintergrund mit den Gestaltungen in § 19a EStG vertraut. |

Der Lohnsteueraufschub in § 19a EStG

§ 19a EStG regelt die Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei Start-up-Unternehmen und Kleinst-, kleinen sowie mittleren Unternehmen (KMU). Hierbei ist nach § 19a Abs. 1 bis 3 EStG bestimmt, dass der geldwerte Vorteil aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen im Kalenderjahr des Zuflusses beim Arbeitnehmer nicht steuerbar ist.

Voraussetzungen für den Steueraufschub nach § 19a EStG

Damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorteile des § 19a EStG nutzen können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Diese Anforderungen müssen Unternehmen erfüllen

Das Unternehmen, an dem sich der Arbeitnehmer beteiligt, darf im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder im vorangegangenen Jahr bestimmte Schwellenwerte bei Größe und Umsatz nicht überschreiten.

Demnach sind nach § 19a Abs. 3 EStG Mitarbeiterbeteiligungen an solchen Unternehmen begünstigt, die aktuell oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre

  • weniger als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigen und
  • einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. Euro erzielen oder deren Bilanzsumme 86 Mio. Euro nicht überschreitet und
  • seit deren Gründung nicht mehr als 20 Jahre vergangen sind.

Start-ups erfüllen typischerweise diese Voraussetzungen.

Weitere Voraussetzungen nach § 19a Abs. 1 EStG

Voraussetzung nach § 19a Abs. 1 EStG ist, dass

  • 1. einem Arbeitnehmer (zukünftiges, aktives oder passives Arbeitsverhältnis)
  • 2. von seinem Arbeitgeber
  • 3. zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn (keine Entgeltumwandlung)
  • 4. eine Vermögensbeteiligung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und f bis l und Abs. 2 bis 5 des 5. VermBG,
  • 5. am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder verbilligt übertragen wird (direkt oder mittelbar über eine Personengesellschaft).
  • Wichtig | Neu ist hier eine sog. Konzernklausel in § 19a Abs. 1 S. 3 EStG, die mit dem JStG 2024 rückwirkend zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist: Als ein Unternehmen des Arbeitgebers gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 AktG. Sprich: Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i. S. v. § 18 AktG können nun als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers gelten.

Beispiel

Die Start-up-GmbH (KI-Consulting) überträgt einem Angestellten bei Gründung zum 01.01.2024 eine begünstigte Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Durch das rasant wachsende operative Geschäftsfeld wird zeitnah eine Tochter-GmbH der Start-up-GmbH unter einheitlicher Leitung zum 01.07.2024 etabliert. Auch an der Tochter-GmbH erhält der Angestellte eine entsprechend begünstigte Mitarbeiterkapitalbeteiligung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn. Der Angestellte stimmt einer jeweiligen Besteuerung zu einem späteren Zeitpunkt nach § 19a EStG zu.
Lösung: Durch die Neuregelung in § 19a Abs. 1 S. 3 EStG ist nun auch die Übertragung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung an der Tochter-GmbH der Start-up-GmbH vom Anwendungsbereich des § 19a EStG erfasst.

Um zu vermeiden, dass durch die sog. Konzernklausel mittelbar auch Arbeitnehmer großer Aktiengesellschaften begünstigt werden, indem im Rahmen von Steuergestaltungen Geschäftsbereiche auf kleinere Tochtergesellschaften ausgelagert und dann Anteile an der Muttergesellschaft steuerbegünstigt übertragen werden, ist der Anwendungsbereich begrenzt worden. Der Anteil an einem Konzernunternehmen kann nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn

  • die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und
  • die Gründung keines Konzernunternehmen mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Praxistipp | Der Arbeitgeber kann sich rechtlich absichern, ob die Voraussetzungen für den Besteuerungsaufschub vorliegen. Hierzu räumt § 19a Abs. 5 EStG die Möglichkeit einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim Betriebsfinanzamt ein. Dieses hat den nicht zu besteuernden Vorteil zu bestätigen.

Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich!

Die vorläufige Nichtbesteuerung durch Freistellung im Lohnsteuerabzugsverfahren kann nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers angewendet werden und ist damit faktisch als Wahlrecht ausgestaltet (§ 19a Abs. 2 EStG). Der Arbeitnehmer entscheidet also, ob er eine sofortige oder eine aufschiebende Besteuerung wünscht.

Wichtig | Diese Entscheidung ist bindend. Auch im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung kann der Arbeitnehmer keine andere Wahl treffen und eine vorläufige Nichtbesteuerung herbeiführen.

Diese Beteiligungen sind steuerbegünstigt

Wie oben erwähnt ist die Übertragung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des Vermögensbildungsgesetzes begünstigt. Dazu zählen u. a.

  • Aktien, Wandelschuldverschreibungen und Genussscheine, GmbH-Anteile oder Genussrechte (keine abschließende Aufzählung),
  • die Beteiligung an einer GbR, die die Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers hält. Auch die Abwicklung über eine GmbH & Co. KG ist möglich.

Wichtig | Es werden aber nur tatsächliche Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers gefördert. Virtuelle Beteiligungen/Bonusversprechen des Arbeitgebers sind nicht begünstigt. § 19a EStG kann allerdings angewendet werden, wenn z. B. nach Ausübung einer Aktienoption eine Vermögensbeteiligung (verbilligt oder unentgeltlich) übertragen wird.

Stundungsumfang und Besteuerungsereignisse

Die im Ausgabejahr nicht erfolgte Besteuerung wird später nachgeholt. Es kommen drei Besteuerungszeiträume infrage (§ 19a Abs. 4 EStG):

  • 1. Das Jahr, in dem der Mitarbeiter die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich (z. B. Verkauf) oder unentgeltlich (z. B. in Fällen des § 17 Abs. 4 und des § 20 Abs. 2 S. 2 EStG oder bei der Einlage in ein Betriebsvermögen) überträgt.
  • 2. Spätestens im 15. Jahr nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung.
  • 3. Es wird das Dienstverhältnis beendet.
  • Sozialversicherungsbeiträge fallen dann nicht mehr an.
Praxistipps |
  • Der zu besteuernde Arbeitslohn zzgl. der durch den Arbeitnehmer direkt aufgewandten Mittel für den Erwerb der Vermögensbeteiligung stellt die Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. v. §§ 17 und 20 EStG dar.
  • Der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG in Höhe von 2.000 Euro und der Steueraufschub nach § 19a EStG sind nebeneinander anwendbar.

Beispiel

Die KMU-AG überträgt am 01.09.2024 Arbeitnehmer D 200 eigene Aktien im Kurswert von jeweils 50 Euro verbilligt gegen eine Zuzahlung von 5.000 Euro.
  • D veräußert 100 Aktien am 01.02.2025.
  • Die verbleibenden 100 Aktien veräußert er am 01.02.2028.
Der an D gewährte und gestundete geldwerte Vorteil beträgt:
Gemeiner Wert (50 Euro x 200)
10.000 Euro
./. Zuzahlung
5.000 Euro
./. Freibetrag § 3 Nr. 39 EStG
2.000 Euro
Steuerpflichtiger Arbeitslohn
3.000 Euro
Ergebnis:
  • Mit der Veräußerung der Hälfte der Aktien am 01.02.2025 ist im Jahr 2025 die Hälfte des geldwerten Vorteils (= 1.500 Euro) der Lohnsteuer zu unterwerfen.
  • Bei der Veräußerung am 01.02.2028 sind bereits mehr als drei Jahre seit der Übertragung der Aktien durch den Arbeitgeber vergangen. Somit ist der übrige gestundete Sachbezug in Höhe von 1.500 Euro im Jahr 2028 nach § 19a Abs. 4 S. 2 EStG mit der Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern.
  • Der Aktienverkauf folgt bei D der allgemeinen Besteuerung und unterliegt der Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Als Anschaffungskosten der verbilligten Anteile des Arbeitnehmers gilt der gemeine Wert bei Übertragung.

Wegfall der Fünftel-Regelung im Lohnsteuerabzugsverfahren

§ 19a Abs. 4 S. 2 EStG regelt im Zusammenhang mit der aufgeschobenen Besteuerung bei Vermögensbeteiligungen die Anwendung der Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte (sog. Fünftel-Regelung). Danach fallen die zu besteuernden Arbeitslöhne unter die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind.

Wichtig | Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 ist die Anwendung der Fünftel-Regelung im Lohnsteuerverfahren entfallen. Demnach kann die Tarifermäßigung bei Vermögensbeteiligungen nur noch ausschließlich im Veranlagungsverfahren geltend gemacht werden, bleibt jedoch im Übrigen unverändert bestehen.

Beendetes Dienstverhältnis – Übernahme der Lohnsteuer möglich

Kommt es zur Versteuerung, weil der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt, kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer übernehmen. Und das, ohne dass er die übernommenen Steuerabzugsbeträge wieder als geldwerten Vorteil versteuern muss (§ 19a Abs. 4 Nr. 3 S. 2 EStG).

Diese Möglichkeit wurde eingeführt, weil befürchtet wurde, dass Arbeitnehmer die Kapitalbeteiligung nicht annehmen würden, wenn ihnen bei einem Arbeitgeberwechsel eine Besteuerung droht. Dadurch kann der Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen, ohne die Vermögensbeteiligungen veräußern oder die Steuerzahlungen anderweitig (z. B. durch Kreditaufnahme) finanzieren zu müssen.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Die neuen Regelungen zur Gewährung von Kapitalbeteiligungen an Arbeitnehmer zum 01.01.2024“, LGP 1/2024, Seite 10 → Abruf-Nr. 49827131

AUSGABE: LGP 2/2025, S. 52 · ID: 50258270

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