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MitarbeiterkapitalbeteiligungMitarbeiterbindung durch -beteiligung: Neue „Konzernklausel“ macht Gestaltung attraktiver
| Die Besteuerung von Vermögens- bzw. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen an Start-up-Unternehmen, Kleinst-, kleinen sowie mittleren Unternehmen (KMU) wird durch § 19a EStG geregelt. Nunmehr wurde mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) der Anwendungsbereich der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (Aktien, GmbH-Anteile etc.) auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen durch Einführung einer „Konzernklausel“ erweitert. LGP macht Sie vor dem Hintergrund mit den Gestaltungen in § 19a EStG vertraut. |
Der Lohnsteueraufschub in § 19a EStG
§ 19a EStG regelt die Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei Start-up-Unternehmen und Kleinst-, kleinen sowie mittleren Unternehmen (KMU). Hierbei ist nach § 19a Abs. 1 bis 3 EStG bestimmt, dass der geldwerte Vorteil aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen im Kalenderjahr des Zuflusses beim Arbeitnehmer nicht steuerbar ist.
Voraussetzungen für den Steueraufschub nach § 19a EStG
Damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorteile des § 19a EStG nutzen können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Diese Anforderungen müssen Unternehmen erfüllen
Das Unternehmen, an dem sich der Arbeitnehmer beteiligt, darf im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder im vorangegangenen Jahr bestimmte Schwellenwerte bei Größe und Umsatz nicht überschreiten.
Demnach sind nach § 19a Abs. 3 EStG Mitarbeiterbeteiligungen an solchen Unternehmen begünstigt, die aktuell oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre
- weniger als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigen und
- einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. Euro erzielen oder deren Bilanzsumme 86 Mio. Euro nicht überschreitet und
- seit deren Gründung nicht mehr als 20 Jahre vergangen sind.
Start-ups erfüllen typischerweise diese Voraussetzungen.
Weitere Voraussetzungen nach § 19a Abs. 1 EStG
Voraussetzung nach § 19a Abs. 1 EStG ist, dass
- 1. einem Arbeitnehmer (zukünftiges, aktives oder passives Arbeitsverhältnis)
- 2. von seinem Arbeitgeber
- 3. zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn (keine Entgeltumwandlung)
- 4. eine Vermögensbeteiligung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und f bis l und Abs. 2 bis 5 des 5. VermBG,
- 5. am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder verbilligt übertragen wird (direkt oder mittelbar über eine Personengesellschaft).
- Wichtig | Neu ist hier eine sog. Konzernklausel in § 19a Abs. 1 S. 3 EStG, die mit dem JStG 2024 rückwirkend zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist: Als ein Unternehmen des Arbeitgebers gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 AktG. Sprich: Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i. S. v. § 18 AktG können nun als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers gelten.Über die Konzernklausel hat sich Anwendungsbereich erweitert
Beispiel |
... ist jetzt begünstigt Lösung: Durch die Neuregelung in § 19a Abs. 1 S. 3 EStG ist nun auch die Übertragung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung an der Tochter-GmbH der Start-up-GmbH vom Anwendungsbereich des § 19a EStG erfasst. |
Um zu vermeiden, dass durch die sog. Konzernklausel mittelbar auch Arbeitnehmer großer Aktiengesellschaften begünstigt werden, indem im Rahmen von Steuergestaltungen Geschäftsbereiche auf kleinere Tochtergesellschaften ausgelagert und dann Anteile an der Muttergesellschaft steuerbegünstigt übertragen werden, ist der Anwendungsbereich begrenzt worden. Der Anteil an einem Konzernunternehmen kann nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn
- die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und
- die Gründung keines Konzernunternehmen mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Praxistipp | Der Arbeitgeber kann sich rechtlich absichern, ob die Voraussetzungen für den Besteuerungsaufschub vorliegen. Hierzu räumt § 19a Abs. 5 EStG die Möglichkeit einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim Betriebsfinanzamt ein. Dieses hat den nicht zu besteuernden Vorteil zu bestätigen. |
Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich!
Die vorläufige Nichtbesteuerung durch Freistellung im Lohnsteuerabzugsverfahren kann nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers angewendet werden und ist damit faktisch als Wahlrecht ausgestaltet (§ 19a Abs. 2 EStG). Der Arbeitnehmer entscheidet also, ob er eine sofortige oder eine aufschiebende Besteuerung wünscht.
Wichtig | Diese Entscheidung ist bindend. Auch im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung kann der Arbeitnehmer keine andere Wahl treffen und eine vorläufige Nichtbesteuerung herbeiführen.
Diese Beteiligungen sind steuerbegünstigt
Wie oben erwähnt ist die Übertragung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des Vermögensbildungsgesetzes begünstigt. Dazu zählen u. a.
- Aktien, Wandelschuldverschreibungen und Genussscheine, GmbH-Anteile oder Genussrechte (keine abschließende Aufzählung),
- die Beteiligung an einer GbR, die die Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers hält. Auch die Abwicklung über eine GmbH & Co. KG ist möglich.
Wichtig | Es werden aber nur tatsächliche Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers gefördert. Virtuelle Beteiligungen/Bonusversprechen des Arbeitgebers sind nicht begünstigt. § 19a EStG kann allerdings angewendet werden, wenn z. B. nach Ausübung einer Aktienoption eine Vermögensbeteiligung (verbilligt oder unentgeltlich) übertragen wird.
Stundungsumfang und Besteuerungsereignisse
Die im Ausgabejahr nicht erfolgte Besteuerung wird später nachgeholt. Es kommen drei Besteuerungszeiträume infrage (§ 19a Abs. 4 EStG):
- 1. Das Jahr, in dem der Mitarbeiter die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich (z. B. Verkauf) oder unentgeltlich (z. B. in Fällen des § 17 Abs. 4 und des § 20 Abs. 2 S. 2 EStG oder bei der Einlage in ein Betriebsvermögen) überträgt.
- 2. Spätestens im 15. Jahr nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung.
- 3. Es wird das Dienstverhältnis beendet.
- Sozialversicherungsbeiträge fallen dann nicht mehr an.
Praxistipps |
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Beispiel | ||||||||
So wirken sich Anteils-
veräußerungen aus
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Sie sieht es im konkreten Fall steuerlich aus
Ergebnis:
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Wegfall der Fünftel-Regelung im Lohnsteuerabzugsverfahren
§ 19a Abs. 4 S. 2 EStG regelt im Zusammenhang mit der aufgeschobenen Besteuerung bei Vermögensbeteiligungen die Anwendung der Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte (sog. Fünftel-Regelung). Danach fallen die zu besteuernden Arbeitslöhne unter die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind.
Wichtig | Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 ist die Anwendung der Fünftel-Regelung im Lohnsteuerverfahren entfallen. Demnach kann die Tarifermäßigung bei Vermögensbeteiligungen nur noch ausschließlich im Veranlagungsverfahren geltend gemacht werden, bleibt jedoch im Übrigen unverändert bestehen.
Beendetes Dienstverhältnis – Übernahme der Lohnsteuer möglich
Kommt es zur Versteuerung, weil der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt, kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer übernehmen. Und das, ohne dass er die übernommenen Steuerabzugsbeträge wieder als geldwerten Vorteil versteuern muss (§ 19a Abs. 4 Nr. 3 S. 2 EStG).
Diese Möglichkeit wurde eingeführt, weil befürchtet wurde, dass Arbeitnehmer die Kapitalbeteiligung nicht annehmen würden, wenn ihnen bei einem Arbeitgeberwechsel eine Besteuerung droht. Dadurch kann der Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen, ohne die Vermögensbeteiligungen veräußern oder die Steuerzahlungen anderweitig (z. B. durch Kreditaufnahme) finanzieren zu müssen.
- Beitrag „Die neuen Regelungen zur Gewährung von Kapitalbeteiligungen an Arbeitnehmer zum 01.01.2024“, LGP 1/2024, Seite 10 → Abruf-Nr. 49827131
AUSGABE: LGP 2/2025, S. 52 · ID: 50258270