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Anpassung an RechtsprechungÄnderungen und Klarstellungen bei Minijobs durch neue Geringfügigkeits-Richtlinien
Zahlreiche Entscheidungen und Gesetzesänderungen haben es erforderlich gemacht, dass die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger ihre Geringfügigkeits-Richtlinien überarbeiten mussten. Erfreulicherweise haben sie das oft zum Vorteil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer getan.
Zahlreiche Entscheidungen und Gesetzesänderungen haben es erforderlich gemacht, dass die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger ihre Geringfügigkeits-Richtlinien überarbeiten mussten. Erfreulicherweise haben sie das oft zum Vorteil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer getan.
Ende/Beginn einer geringfügigen Beschäftigung im Monat
Beginnt oder endet eine regelmäßige geringfügig entlohnte Beschäftigung während eines Kalendermonats, gilt künftig trotzdem die volle Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 400 Euro. Bislang musste für Teilmonate die Grenze anteilig angesetzt werden, mit der Folge, dass die Geringfügigkeitsgrenze oft überschritten wurde und volle Beitragspflicht bestand.
Beispiel
Eine Verkäuferin hat am 18. Januar 2010 eine Beschäftigung gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 360 Euro aufgenommen. Weil es zu Jahresbeginn viel zu tun gab, arbeitete sie bereits im Januar die vereinbarten zwölf Arbeitstage (jeweils vier Stunden) und erhielt deshalb auch die vollen 360 Euro ausbezahlt.Bislang galt eine anteilige Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 160 Euro (= 400 Euro : 30 Tage x 12 Tage). Da diese überschritten war, mussten die erzielten 360 Euro auf eine fiktive Monatsvergütung hochgerechnet werden. Diese hätte 900 Euro betragen (360 Euro : 12 Tage x 30 Tage). Damit war auch die Gleitzonenregelung nicht anwendbar, und es hätten auf die 360 Euro volle Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen (69,57 Euro für den Arbeitgeber und 73,71 Euro für den Arbeitnehmer).Nach den neuen Geringfügigkeitsrichtlinen (Abschnitt 2.2, Seite 23) gilt auch für den Monat Januar die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 400 Euro. Der Arbeitgeber zahlt daher einen Pauschalbeitrag (inklusive pauschale Lohnsteuer) in Höhe von 108 Euro (= 360 Euro x 30 Prozent).
Beachten Sie: Das gilt aber nicht, wenn die Beschäftigung von vornherein auf weniger als einen Monat befristet ist. In diesen Fällen ist auch weiterhin von einem anteiligen Monatswert auszugehen.
Beispiel
Ein Bezieher von Arbeitslosengeld vereinbart eine ausschließlich auf fünf Tage (Montag bis Freitag) befristete Beschäftigung als Aushilfe zu je fünf Stunden täglich. Das Arbeitsentgelt beträgt pro Tag 40 Euro. Da der Arbeitnehmer als Bezieher von Arbeitslosengeld als berufsmäßig Beschäftigter anzusehen ist und das Arbeitsentgelt für den Beschäftigungszeitraum (200 Euro) die anteilige Grenze von 66,67 Euro (= 400 Euro : 30 Tage x 5 Tage) übersteigt, liegt keine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor.
Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts
Die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts zur Prüfung, ob eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vorliegt, ist grundsätzlich vorausschauend (über zwölf Monate) bei Beginn der Beschäftigung bzw. bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen vorzunehmen. Stellen Arbeitgeber aus abrechnungstechnischen Gründen zu Beginn eines Kalenderjahres erneut eine vorausschauende Betrachtung zur Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts an, bestehen hiergegen keine Bedenken.
Vorteil für den Arbeitgeber: Er kann das regelmäßige Arbeitsentgelt erneut zu Beginn des Kalenderjahres ermitteln. Damit entspricht der Zeitraum für die vorausschauende Jahresbetrachtung dem abrechnungstechnisch relevanten Kalenderjahr. In der Praxis wurde diese Vorgehensweise in der Vergangenheit bereits vielfach so akzeptiert.
Reduzierung der Arbeitszeit
Wird eine Beschäftigung mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von mehr als 400 Euro durch eine Vereinbarung über die Reduzierung der Arbeitszeit auf eine geringfügig entlohnte Beschäftigung umgestellt, gilt Folgendes:
Die Beschäftigung ist ab dem Zeitpunkt bzw. während der Arbeitszeitreduzierung gesondert zu beurteilen. Eine Durchschnittsberechnung des regelmäßigen Arbeitsentgelts im Rahmen einer Jahresbetrachtung erfolgt nicht. Das gilt zum Beispiel für Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit. Sehen Sie dazu auch unseren Beitrag auf Seite 51 in dieser Ausgabe.
Überschreiten der Arbeitsentgeltgrenze
Die Arbeitsentgeltgrenze darf aus nicht vorhersehbaren Gründen künftig in mehr als zwei Monaten innerhalb eines Zeitjahres (12 Monate) überschritten werden. Voraussetzung ist aber, dass in dem vom Arbeitgeber gewählten Jahreszeitraum (in der Regel das Kalenderjahr, siehe oben) für die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts die Grenze von 4.800 Euro (12 x 400 Euro) nicht überschritten wird (Abschnitt 3.1., Seite 47).
Beachten Sie: Vorhersehbar ist zum Beispiel ein Überschreiten durch regelmäßig gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Als nicht vorhersehbar gilt ein längerer (erhöhter) Arbeitseinsatz aufgrund krankheitsbedingtem Ausfall von anderen Arbeitnehmern.
Beispiel
Eine Reinigungskraft arbeitet seit dem 1. Januar 2009 gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 340 Euro. Im Oktober 2009 bittet der Arbeitgeber sie vom 1. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 die Krankheitsvertretung für eine andere Mitarbeiterin zu übernehmen. Dadurch erhöht sich das monatliche Arbeitsentgelt im November und Dezember 2009 auf 1.000 Euro. Ergebnis: Zwar übersteigt das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt im Durchschnitt der Jahresbetrachtung (Januar 2009 bis Dezember 2009) die Arbeitsentgeltgrenze von 400 Euro. Weil es sich nur um ein gelegentliches (maximal zwei Monate) und nicht vorhersehbares (Krankheit) Überschreiten handelt, bleibt es trotzdem bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung. Der Arbeitgeber hat auch im November und Dezember 2009 Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu zahlen.Fortführung: Im März 2010 übernimmt die Reinigungskraft erneut eine Krankheitsvertretung (Arbeitsentgelt 1.000 Euro). Zwar wird damit innerhalb von zwölf Monaten (April 2009 bis März 2010) mehr als zweimal die anteilige Grenze überschritten. Innerhalb des Kalenderjahrs 2010 bleibt das Arbeitsentgelt mit insgesamt 4.740 Euro unter den 4.800 Euro. Folge: Am Status der geringfügig entlohnten Beschäftigung ändert sich zunächst nichts.
Rückwirkende Versicherungspflicht
Wird nachträglich festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung nicht vorliegen (zum Beispiel aufgrund mehrerer Minijobs), gibt es regelmäßig Streit darüber, inwieweit Beiträge für die Vergangenheit nacherhoben werden können.
Grundsätzlich tritt die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe der Feststellung ein. Aus Sicht der Sozialversicherungsträger soll die Versicherungspflicht rückwirkend gelten, wenn der Arbeitgeber es vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt habe, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären. Seit 1. Januar 2009 steht dies auch ausdrücklich so im Gesetz (§ 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV).
Wichtig: Ungeklärt ist aber weiterhin, wie weit die Erkundungspflicht des Arbeitgebers geht. Muss er zum Beispiel nur bei Beschäftigungsaufnahme schriftlich nach weiteren Beschäftigungen fragen oder muss er diese Befragung in regelmäßigen Abständen wiederholen?
Minjobzentrale darf Versicherungspflicht (noch) nicht feststellen
Das BSG hat die Minijobzentrale darauf hingewiesen, dass sie die Versicherungspflicht nicht feststellen darf, sondern nur das Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze (Ausgabe 8/2009, Seite 140).
Bis zu einer gesetzlichen Änderung soll die Minijobzentrale deshalb dem Arbeitgeber nur das Ende der geringfügig entlohnten Beschäftigung mitteilen. Gleichzeitig wird der Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass sich damit Versicherungspflicht kraft Gesetzes ergibt und der Arbeitnehmer vom Tag nach Ende der geringfügig entlohnten Beschäftigung bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden sei.
Wichtig: Meldet der Arbeitgeber den Minijobber daraufhin nicht bei der Minijobzentrale ab, informiert diese die zuständige Krankenkasse. Die Krankenkasse ist dann berechtigt, den Bescheid über die festgestellte Versicherungspflicht zu erlassen und den Arbeitgeber aufzufordern, entsprechende Meldungen bzw. Beitragszahlungen vorzunehmen.
Kombination Minijob und Ehrenamtspauschale
Geringfügig entlohnte Beschäftigungen können nicht nur mit dem Übungsleiterfreibetrag (§ 3 Nr. 26 EStG) sondern auch mit der Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) kombiniert werden. Sind die Voraussetzungen für die Ehrenamtspauschale erfüllt, bleiben bis zu 441,67 Euro (= 400 Euro + 1/12 x 500 Euro) pro Monat geringfügig entlohnt. Es fallen nur auf 400 Euro pauschale Sozialversicherungsbeiträge und pauschale Lohnsteuer an.
Unser Tipp: Im Einzelfall kann zusätzlich der Übungsleiterfreibetrag genutzt werden. Das gilt aber nur, wenn die Tätigkeiten voneinander trennbar sind, gesondert vergütet werden, getroffene Vereinbarungen eindeutig sind und auch eingehalten werden. Der Betrag pro Monat, der noch als geringfügig entlohnt gilt, erhöht sich dann auf 616,97 Euro.
Beispiel
Der Kassenwart eines Sportvereins ist auch als Übungsleiter tätig. Er kann monatlich 616,97 Euro (1/12 x 500 Euro + 1/12 x 2.100 Euro + 400 Euro) erhalten, ohne dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Die Vergütungen für die Kassenwarts- und die Übungsleitertätigkeit müssen aber klar getrennt werden.
Insolvenzgeldumlage
Der Einzug der Insolvenzgeldumlage (derzeit 0,41 Prozent) wurde zum 1. Januar 2009 von den Unfallversicherungsträgern auf die Einzugsstellen übertragen. Somit ist die Insolvenzgeldumlage für Minijobs an die Minijob-Zentrale als zuständige Einzugsstelle abzuführen. Bemessungsgrundlage ist das Arbeitsentgelt, nach dem die Rentenversicherungsbeiträge im Falle des Bestehens von Rentenversicherungspflicht zu bemessen wären (tatsächliches Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV.) Bei schwankendem Arbeitsentgelt daher auch der die 400 Euro überschreitende Betrag.
Beachten Sie: Das gilt auch für Minijobber, die ihre Rentenversicherungsbeiträge aufstocken (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die Mindestbemessungsgrundlage (§ 163 Abs. 8 SGB VI) wird in diesem Fall nicht angewendet.
Beispiel
C verdient monatlich 100 Euro mit einem Minijob. Er verzichtet auf die Rentenversicherungsfreiheit. Der Rentenversicherungsbeitrag muss mindestens 30,85 Euro (19,9 Prozent von 155 Euro) betragen. Davon übernimmt der Arbeitgeber den Pauschalbeitrag in Höhe von 15 Euro (15 Prozent von 100 Euro), C zahlt die restlichen 15,85 Euro. Bemessungsgrundlage für die Insolvenzgeldumlage sind die 100 Euro und nicht die 155 Euro. Die Insolvenzgeldumlage für C beträgt somit monatlich 0,41 Euro statt 0,64 Euro.
Unser Tipp: Sie finden die neuen Geringfügigkeitsrichtlinien in „myIWW“ (www.iww.de) im „Online-Service“ unter „Arbeitshilfen und Checklisten“ - Stichwort: „Geringfügige Beschäftigung“.
AUSGABE: LGP 3/2010, S. 45 · ID: 134061