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Entscheidung mit weitreichenden FolgenBezahlte Sportler im Verein: Wann sind sie lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig?
Nicht nur für Übungsleiter und Trainer, sondern auch für Sportler stellt sich die Frage, wie Vergütungen steuer- und sozialversicherungsrechtlich zu behandeln sind. Das gilt nicht nur für Proficlubs. Auch kleine Vereine werten ihre Veranstaltungen oft auf, indem sie bezahlte Sportler als Zugpferde engagieren. Dann ist zu klären, ob die Sportler als selbstständig oder als abhängig beschäftigt gelten und der Verein damit entsprechende Arbeitgeberpflichten hat.
Nicht nur für Übungsleiter und Trainer (mehr dazu in der Ausgabe 12/2009, Seite 209), sondern auch für Sportler stellt sich die Frage, wie Vergütungen steuer- und sozialversicherungsrechtlich zu behandeln sind. Das gilt nicht nur für Proficlubs. Auch kleine Vereine werten ihre Veranstaltungen oft auf, indem sie bezahlte Sportler als Zugpferde engagieren. Dann ist zu klären, ob die Sportler als selbstständig oder als abhängig beschäftigt gelten und der Verein damit entsprechende Arbeitgeberpflichten hat.
Lohnsteuerpflicht
Vergütungen an Sportler sind grundsätzlich einkommensteuerpflichtig, wenn sie über den Ersatz nachgewiesener Aufwendungen hinausgehen. Handelt es sich bei den Sportlern um abhängig Beschäftigte, muss der Verein Lohnsteuer abführen. Die Beurteilung des Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit oder als abhängige Beschäftigung richtet sich dabei im Wesentlichen nach denselben Kriterien wie die Sozialversicherungspflicht (siehe unten).
Die Rechtsprechung rückt dabei vor allem das eigene Unternehmerrisiko des Sportlers in den Vordergrund. Ein Berufssportler (zum Beispiel ein Boxer) kann demnach neben dem Veranstalter ein eigenes Unternehmerrisiko tragen, besonders im Hinblick auf seine hohen Eigenaufwendungen und das schon dadurch gegebene finanzielle Risiko (BFH, Urteil vom 29.11.1978, Az: I R 159/76; Abruf-Nr. 094105094105).
Kein Ehrenamtsfreibetrag für Amateursportler
Der Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG kann für Sportler nicht in Anspruch genommen werden. Nach Auffassung des BMF sind Amateursportler nicht begünstigt (Schreiben vom 25.11.2008, Az: IV C 4 - S 2121/07/0010; Abruf-Nr. 084045084045).
Zweckbetriebszuordnung und 400-Euro-Grenze
Die Höhe der Vergütung spielt für die steuerliche Behandlung grundsätzlich keine Rolle. Die Grenze von 400 Euro (358 Euro bis 2008; Anwendungserlass zur Abgabenordnung Nr. 26 zu § 67a Absatz 3; Abruf-Nr. 094158094158) bezieht sich nur darauf, ob die Veranstaltung, bei der die bezahlten Sportler teilnehmen, ein Zweckbetrieb ist. Das hat aber nichts mit der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht der bezahlten Vergütungen zu tun.
Aufwandsersatz und geringfügige Vergütungen
Einen Sonderfall stellen Vergütungen für Amateursportler, die nur unwesentlich über eine gezahlte Aufwandserstattung (zum Beispiel für Fahrtkosten, Nutzung eigener Sportkleidung und -geräte) hinausgehen.
Typischerweise wird das der Fall sein, wenn vom Veranstalter eine Aufwandspauschale bezahlt wird, die nur wenig über den Eigenkosten liegt, die der Amateursportler aufrechnen kann. In diesem Fall geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Sport nicht wegen des Entgelts ausgeübt wird. Es liegt dann keine Einkunftserzielung vor. Die Zahlungen bewegen sich noch im Bereich der Liebhaberei (BFH, Urteil vom 23.10.1992, Az: VI R 59/91; Abruf-Nr. 094106094106). Diese Vergütungen sind bis zu einer Höhe von 256 Euro im Jahr einkommensteuerfrei (§ 22 Nr. 3 EStG).
Beachten Sie: Anders verhält es sich, wenn ein Sportler im Zusammenhang mit seiner Betätigung Zahlungen erhält, die nicht nur ganz unwesentlich höher sind als die Aufwendungen, die ihm entstanden sind. Die Sportausübung ist dann nicht mehr reiner Selbstzweck, sondern auch Mittel zur Erzielung von Einkünften. Davon ist vor allem auszugehen, wenn Sportverein und sporttreibendes Mitglied eine entsprechende Entgeltvereinbarung treffen. Hier ergeben sich dann Vergütungspflichten, die über das Mitgliedschaftsverhältnis hinausgehen (BFH, Urteil vom 23.10.1992, Az: VI R 59/91; Abruf-Nr. 094106094106).
Unser Tipp: Trifft ein Verein mit den Sportlern entsprechende Vereinbarungen, sollte darin klargestellt sein, dass es sich um (pauschale) Zahlungen für Aufwandsersatz handelt.
Selbstständige Sportler sind gewerblich tätig
Sind die Sportler nicht abhängig beschäftigt, üben sie eine gewerbliche Tätigkeit aus (BFH, Urteil vom 22.1.1964, Az: I 398/60 U; Abruf-Nr. 094107094107). Die Einkünfte unterliegen dann nicht nur der Einkommen- sondern auch der Gewerbesteuer.
Die gewerbliche sportliche Tätigkeit umfasst dabei grundsätzlich neben der eigentlichen sportlichen Betätigung auch eine etwaige werbende Tätigkeit, zum Beispiel für Sponsoren in Zusammenhang mit sportlichen Auftritten (BFH, Urteil vom 19.11.1985, Az: VIII R 104/85; Abruf-Nr. 094108094108).
Wichtig: Zahlungen von dritter Seite an Spieler im Rahmen eines Sponsorenvertrags können - je nach Vertragsgestaltung - von dritter Seite gezahlter Arbeitslohn sein und damit beim Verein eine Haftung für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auslösen.
Sozialversicherungspflicht
Auch für Sportler gelten die allgemeinen Vorgaben für die sozialversicherungsrechtliche Einstufung. § 7 SGB IV nennt folgende Kriterien für eine nichtselbstständige Beschäftigung:
- Eine Tätigkeit nach Weisungen. Das heißt, der Beschäftige unterliegt einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers.
- Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Vereins).
Demgegenüber sind typisch für eine selbstständige Tätigkeit
- das eigene Unternehmerrisiko,
- das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Diese Kriterien sind in jedem Einzelfall zu gewichten. Für Sportler gelten hier Besonderheiten. Denn sie müssen ihre „Arbeitsleistung“ in jedem Fall persönlich erbringen. Eine Vertretung durch eine Ersatzperson ist kaum denkbar. Typischerweise gibt es auch - zumindest für den Wettkampf - feste Orts- und Zeitvorgaben. Beides spricht für eine abhängige Tätigkeit, schließt aber eine Selbstständigkeit nicht von vorneherein aus.
Die Einbindung in den „Betrieb“ ist dabei wegen der unterschiedlichen organisatorischen Voraussetzungen (zum Beispiel gemeinsame Trainingszeiten) bei Mannschaftssportarten zwangsläufig höher als bei Einzelsportarten. Als Faustregel gilt deswegen: Athleten aus Einzelsportarten können im Einzelfall als Selbstständige behandelt werden - Mannschaftssportler gelten dagegen fast immer als abhängig Beschäftigte.
Einzelsportarten
Sportler in Einzelsportarten gehen Bindungen gegenüber einem Sportveranstalter in der Regel nur für einen oder einige Termine ein. Sie verpflichten sich zum Beispiel lediglich, an einem Leichtathletikwettkampf, einem Tennisturnier oder einem Boxkampf teilzunehmen. Meist fehlt es hier an weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Dann liegt eine selbstständige Tätigkeit vor.
Die Rechtsprechung hat sich mit der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung von Profisportlern kaum befasst. Das gilt besonders für Einzelsportarten. Überträgt man aber den Fall künstlerischer Solisten auf Einzelsportler, ergeben sich Kriterien, die eine Behandlung als Selbstständige erlauben. So votierte das LSG Niedersachsen bei einer Opernsängerin gegen eine abhängige Beschäftigung und begründete das wie folgt (Urteil vom 16.3.2005, Az: L 4 KR 156/01; Abruf-Nr. 051722051722):
- Allein die Tatsache, dass Ort und Zeit der Tätigkeit (Aufführungen und Proben) feststanden, spricht noch nicht für eine arbeitnehmerähnliche Weisungsgebundenheit.
- Die Tätigkeit war nur zu einem geringen Teil in Bezug auf Zeit und Ort an das Opernhaus gebunden. Ein erheblicher Teil der Arbeit bestand dagegen in der Vorbereitung der Gesangspartie. Die leistete die Sängerin aber selbstständig und ohne fremde Vorgaben.
- Die Künstlerin erhielt kein Honorar, wenn die Vorstellung ausfiel (Unternehmerrisiko).
Nach dieser Einschätzung des LSG wären Einzelsportler als selbstständig einzustufen, wenn sie
- nur für einzelne Veranstaltungen oder eine kürzere Veranstaltungsreihen engagiert werden,
- ihr Training unabhängig vom jeweiligen Veranstalter absolvieren und
- nur für die tatsächliche Teilnahme an der Veranstaltung bezahlt werden, und keine davon unabhängige Festvergütung erhalten. Noch mehr gelte das für erfolgsbezogene Vergütungen (Preisgelder).
Wird der Sportler über einen längeren Zeitraum oder für eine Veranstaltungsreihe verpflichtet, kann das aber zu einer anderen Bewertung führen. Hier kommt es dann auf den Einzelfall an.
Beispiel
Ein sich selbst vermarktender Einzelsportler (zum Beispiel Leichtathlet) der sich zwar verpflichtet, in der laufenden Saison für einen Leichtathletikverein zu starten, aber die Wettkämpfe selbst auswählen kann, einen eigenen Trainer hat, sowie Ort, Zeit und Inhalt des Trainings und der Wettkämpfe selbst bestimmen kann, wird durchaus als selbstständig gelten können.
Mannschaftsportarten
In Mannschaftssportarten ist die Situation in der Regel eine andere. Die Spieler sind durch die Trainingseinheiten, meist auf der vereinseigenen Trainingsanlage, und durch den festen Turnus der Ligawettkämpfe weitgehend gebunden und unterliegen darin engen Weisungen des Vereins.
Für Fußballspieler, die aufgrund eines mit ihrem Verein abgeschlossenen Vertrags nach dem (früheren) Vertragsspieler-Statut des Deutschen Fußballbundes (DFB) laufende Bezüge erhalten, hat das Bundessozialgericht (BSG) deshalb ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angenommen (Urteil vom 20.12.1961, Az: 3 RK 65/57). Auch für Saisonspieler geht die Rechtsprechung von einer Sozialversicherungspflicht aus - so das SG Frankfurt am Main im Fall eines Profibasketballspielers (Urteil vom 14.11.2005, Az: S 25 KR 4401/01; Abruf-Nr. 094109094109). Das gilt zumindest, wenn der Verdienst keine untergeordnete Rolle spielt.
Keine Künstlersozialversicherung für Sportler
Aktive Profisportler, die in Werbefilmen auftreten, gelten nicht als Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes. Sie sind damit nicht in der Künstlersozialversicherung beitragspflichtig, so das BSG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008. Die Erzielung von Werbeeinnahmen ist ein Zubrot zu den Einnahmen aus dem Berufssport. Der Werbeauftritt ändert aber nichts daran, dass die Personen als Sportler wahrgenommen werden (Urteil vom 24.1.2008, Az: B 3 KS 1/07 R; Abruf-Nr. 080305080305).
Auch bei Sportarten, die eine Nähe zu künstlerischen Tätigkeiten aufweisen, geht die Rechtsprechung von einer Zuordnung zum Sport aus. Das gilt zum Beispiel für Standardtänze, Lateinamerikanische Tänze, Jazztanz oder Eistanz (BSG, Urteil vom 7.12.2006, Az: B 3 KR 11/06 R; Abruf-Nr. 070562070562).
AUSGABE: LGP 1/2010, S. 13 · ID: 132733