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BundesfinanzministeriumBMF äußert sich zum Verwaltungsvermögen: Entschärfung für Hotels – aber wenig mehr
| Mit einem Satz hatte der II. Senat des BFH jüngst in seinem Parkhaus-Urteil vom 28.2.24 (II R 27/21, BFH/NV 24, 995) nicht nur die Erwartungen von Parkhausbetreibern zur Begünstigung der Übertragung ihrer Gewerbebetriebe gem. §§ 13a, b ErbStG zunichte gemacht, sondern viele andere Branchen in Aufruhr versetzt, die selbst keinen Bezug zum Parkhausbetrieb haben. Nun hat sich das BMF in einem Erlass vom 19.11.24 zu der Problematik geäußert; neben einer Entschärfung für Hotelbetriebe lässt sich dem Verwaltungsschreiben aber leider wenig Positives entnehmen (siehe jüngst zur Einordnung der Problematik Christoffel, ErbbStg 24, 218 ff.). |
1. Problemaufriss: Die Rechtsprechung des II. Senats
Nach Ansicht des II. Senats kann lediglich die Überlassung von
- Wohnungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 AO (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG),
- Grundstücksteilen zum Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten im Rahmen von Lieferungsverträgen (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. e ErbStG) und
- Grundstücksteilen zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. f ErbStG)
ungeachtet einer Überlassung an Dritte als begünstigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG angesehen werden.
Im Umkehrschluss zu dieser enumerativen, abschließenden Aufzählung im Katalog des § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG soll jede andere Überlassung von Grundstücksteilen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, wie z. B. die Überlassung von Zimmern im Rahmen von Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Campingplätze) und Räumen in Gaststätten nach der gesetzgeberischen Entscheidung nicht begünstigt sein. Nach diesen deutlichen Ausführungen in den Urteilsgründen der Entscheidung II R 27/21 bewirkt die Mitübertragung einer Immobilie insbesondere bei Zuwendungen von Hotel- und Gaststättenbetrieben Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG.
2. Verwaltungsauffassung der ErbStR 2019
Die Finanzverwaltung hingegen vertritt seit dem Jahr 2019, dass bei entsprechender Einheitlichkeit von gewerblicher Leistung und Grundbesitzüberlassung kein Verwaltungsvermögen gegeben sein soll. R E 13b.13 S. 3 ErbStR führt daher aus:
„Werden neben der Überlassung von Grundstücksteilen weitere gewerbliche Leistungen einheitlich angeboten und in Anspruch genommen, führt die Überlassung der Grundstücksteile nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn die Tätigkeit nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist (z. B. bei Beherbergungsbetrieben wie Hotels, Pensionen oder Campingplätzen, vgl. R 15.7 [2] EStR, H 15.7 [2] EStH).“
Demzufolge widersetzt sich die aktuelle Rechtsprechung des II. Senats der bisherigen Verwaltungsauffassung.
3. Erlass vom 19.11.24: Rettungsring der Finanzverwaltung
Angeführt von massiver Kritik der einschlägigen Wirtschaftsverbände des Hotel- und Gaststättengewerbes hat sich die Finanzverwaltung nunmehr in einem aktuellen Erlass zur Beibehaltung der bisherigen Richtlinienauffassung in R E 13b.13 S. 3 ErbStR entschlossen. Nach dem gleichlautenden Erlass vom 19.11.24 (s. NRW S 3812b – 3 – 2024 – 18856 – VA6; Bayern: 34 – S 3812b – 3/16) zur Anwendung des BFH-Urteils vom 28.2.24 (II R 27/21) wird entgegen der Rechtsauffassung des BFH an der Richtlinie R E 13b.13 S. 3 ErbStR festgehalten. Es handelt sich um einen Nichtanwendungserlass zugunsten des Steuerpflichtigen. Daher wird sich die Besteuerungspraxis weiterhin an der Rechtslage orientieren können, die der Richtlinie zugrunde liegt.
4. Weitere Folgen aus dieser Gesamtlage bei Differenz von Verwaltungs- und Rechtsprechungsansicht
Für Steuerpflichtige, die durch ihre Branchenzugehörigkeit direkt vom Wirkungskreis der Richtlinie R E 13b.13 S. 3 ErbStR erfasst sind, hat sich die Rechtslage entspannt. Neben dem Wortlaut des Erlasses ist allerdings auch nach Äußerungen von Vertretern der Finanzverwaltung davon auszugehen, dass keine extensive Auslegung der Richtlinie R E 13b.13 ErbStR durch die Finanzverwaltung erfolgen wird. Gerade für Parkhausbetriebe (vgl. den Erlass vom 19.11.24, Tz. 3) wird es bei der Qualifizierung als Verwaltungsvermögen bleiben. Entsprechendes dürfte auch für Lagergrundstücke gelten, die der II. Senat am 10.5.23 als Verwaltungsvermögen klassifizierte (II R 217/21, BStBl II 24, 116). Gleiches gilt für andere Betriebsformen, die nicht direkt von der Richtlinie erfasst werden.
Beachten Sie | Da der II. Senat offensichtlich eine andere und vor allem weniger steuerpflichtigenfreundliche Rechtsposition vertritt als die Finanzverwaltung, ist in diesen Fällen kein durchschlagender Rechtsschutzerfolg gegen abschlägige Entscheidungen der Verwaltung mehr zu erwarten. Vielmehr sollten Steuerpflichtige erwägen, die aktuelle Verwaltungssichtweise für ihre jeweilige Fallgestaltung durch Einholung verbindlicher Auskünfte abzusichern. Dies gilt insbesondere dann, wenn keiner der ausdrücklich in Richtlinie R E 13b.13 ErbStR genannten Beherbergungsbetriebe betroffen sein sollte.
- Zum Parkhausurteil und den weitreichenden Auswirkungen auf die Besteuerungspraxis siehe Christoffel, ErbBstG 24, 218 – 223.
- Zum Urteil des BFH vom 28.2.24 (II R 27/21) siehe zuvor bereits Dorn/Stein, Geerbtes Parkhaus als erbschaftsteuerlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen, ErbBstg 24, 179 ff.
AUSGABE: ErbBstg 1/2025, S. 4 · ID: 50261420