Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Juni 2025 abgeschlossen.
Vertretervereinbarung„Gewünschte Vertretung“ bei Wahlleistungen – zeigt aktuelles BGH-Urteil nun die Rote Karte?
| Teile der Rechtsliteratur und einzelne Landgerichte (LG Regensburg, Urteil vom 22.02.2022, Az. 23 S 63/21, CB 07/2022, Seite 3 ff. und LG Hamburg vom 27.04.2022 – Az. 336 O 141/21; CB 05/2024, Seite 6 ff.) vertraten bislang die Auffassung, dass bei wahlärztlichen Leistungen auch eine „gewünschte Vertretung“ des Wahlarztes möglich sei. Für den Einsatz dieses „gewünschten Vertreters“ solle der Patient genau wie für den Einsatz des Wahlarztes wahlärztliche Leistungen bezahlen. Eine solche Vereinbarung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun als nichtig angesehen. Eine Vertretung des Wahlarztes sei nur möglich, wenn dieser verhindert ist, nicht aber dann, wenn der Patient sich einen anderen Arzt wünscht (Urteil vom 13.03.2025, Az. III ZR 40/24). Was auf den ersten Blick klar aussieht, eröffnet Krankenhausträgern eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten. |
BGH weist Zahlungsklage des Krankenhauses ab ...
Der beklagte Patient war am 19.08.2019 wegen einer hochgradigen Neuroforamenstenose in das Krankenhaus der Klägerin als Privatpatient aufgenommen worden. Vor Behandlungsbeginn unterzeichnete er eine Wahlleistungsvereinbarung und eine „Patientenerklärung zur Vertretung des Wahlarztes“.
Diese drei Optionen waren zur Vertretung des Wahlarztes vorgesehen |
|
Bei den ersten beiden Optionen sollte der Patient auch wahlärztliche Leistungen bezahlen. Der Patient entschied sich für die zweite Option und erhielt im Anschluss an die stationäre Behandlung eine Rechnung über 3.300,87 Euro für die vom „gewünschten Vertreter“ erbrachten ärztlichen Leistungen. Da der Patient nicht zahlte, erhob das Krankenhaus Klage beim zuständigen Amtsgericht (AG) Münster. Das AG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Krankenhauses hin änderte das LG Münster das amtsgerichtliche Urteil ab und verurteilte den Beklagten antragsgemäß, den gesamten Rechnungsbetrag zu zahlen. Gleichzeitig wurde die Revision zum BGH zugelassen. Der BGH wiederum hob das Urteil des LG Münster auf und wies die Klage ab.
... ohne eine plausible Begründung zu liefern!
Der BGH war der Auffassung, dass eine Vereinbarung auf Initiative des Krankenhausträgers oder eines Wahlarztes, wonach wahlärztliche Leistungen ohne besondere Bedingungen (z. B. Verhinderung des Wahlarztes) durch einen anderen Arzt als Vertreter des Wahlarztes erbracht werden, gegen § 17 Abs. 3 S. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) verstoße und daher nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig sei.
BGH liefert keine Begründung und lässt Argumente der Befürworter unberücksichtigt |
Eine Begründung für seine Rechtsauffassung nennt der BGH nicht. Der BGH setzt sich vor allem auch nicht mit den Argumenten für eine „gewünschte Vertretung“ auseinander, die man zwar nicht teilen muss, die aber durchaus gewichtig sind. Eine Abweichung von der Vorschrift des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG, wonach wahlärztliche Leistungen nur von den dort genannten Wahlärzten oder dem Krankenhausträger erbracht werden können, sei weiterhin nur möglich, wenn entweder schon bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung feststeht, dass der Wahlarzt verhindert ist (vorhersehbare Verhinderung) oder die Verhinderung des Wahlarztes bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung unvorhersehbar ist (unvorhersehbare Verhinderung). Warum Abweichungen nicht auch in anderen Fällen auf Wunsch des Patienten möglich sein sollen, sagt der BGH nicht. |
Urteil erteilt „gewünschter Vertretung“ eine Absage ...
Der BGH hat hier gewissermaßen ein Machtwort gesprochen, dass vonseiten der Krankenhausträger, der Ärzte und der anwaltlichen Berater akzeptiert werden muss. Man kann diese Auffassung des BGH akzeptieren. Es hätte die Akzeptanz der Entscheidung aber deutlich erhöht, wenn der BGH es für nötig gehalten hätte, seine Rechtsauffassung auch zu begründen.
Mit dem BGH-Urteil kann mit Vereinbarungen einer „gewünschten Vertretung“ auf Initiative des Krankenhausträgers oder eines Wahlarztes nicht mehr gearbeitet werden. Honoraransprüche lassen sich auf der Grundlage solcher Vereinbarungen nicht mehr durchsetzen. Offengelassen hat der BGH, ob er solche Vereinbarungen anders beurteilen würde, wenn sie auf Initiative des Patienten zustande kommen. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts war dies aber nicht zu beurteilen. Dem Urteil des BGH lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass das Gericht eine solche Vereinbarung anders beurteilen würde, weil es eben an der Begründung für die Ablehnung solcher Vereinbarung – egal von wem die Initiative dazu ausgeht – fehlt. Daher muss der Verfasser dazu raten, auf derartige Vereinbarungen über die „gewünschte Vertretung“ zukünftig generell zu verzichten, auch wenn dies bedauerlich ist. Es bleibt der Eindruck, dass die private Krankenversicherung, die hinter der Revision steht, und der BGH offensichtlich nicht davon ausgehen, dass Patienten mündig genug sind, sich auch für einen anderen Arzt als den Wahlarzt entscheiden zu können.
... wird aber durch eine Parallelentscheidung kompensiert
Das vorliegende Urteil dürfte zudem durch eine Parallelentscheidung vom gleichen Tage in erheblichem Umfang kompensiert werden (Urteil vom 13.03.2025, Az. III ZR 426/23, Abruf-Nr. 50387714). Darin stellt der BGH klar: Maßgeblich für die Bestellung eines Arztes als Wahlarzt sei, dass dieser eine besondere Behandlungsqualität anbieten könne, die im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen über den ohnehin geschuldeten Facharztstandard hinausgehe. Diese Entscheidung eröffnet Krankenhausträgern eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, die Wahlleistungsvereinbarung um weitere Wahlärzte zu erweitern und den Patienten dadurch neue Optionen zu bieten.
AUSGABE: CB 6/2025, S. 6 · ID: 50394362