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CBChefärzteBrief

ArzthaftungArzt haftet nicht: Tod nach Lungenversagen kein typischer Folgeschaden einer Gallenblasen-OP

Abo-Inhalt26.05.20255720 Min. LesedauerVon RA, FA MedR, Dr. Rainer Hellweg, Hannover

| Bei einem groben Behandlungsfehler vermuten die Richter üblicherweise, dass der Behandlungsfehler den Gesundheitsschaden beim Patienten verursacht hat – zulasten der Behandlerseite. Dass die Reichweite dieser Vermutung aber auch Grenzen hat, zeigt ein aktuell veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 06.11.2024 (Az. 5 U 2/24). |

Patient verstirbt einen Monat nach OP – Hinterbliebene klagen erfolglos

Der Patient wurde im Jahr 2021 wegen Oberbauchbeschwerden internistisch stationär aufgenommen. Nach Diagnostizierung einer Entzündung der Gallenblase wurde diese operativ entfernt. Drei Tage vor der OP war der Patient positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die OP verlief soweit erfolgreich, die Gallenblase wurde vollständig entfernt. Der Patient musste aber postoperativ erneut intubiert werden, sein Zustand verschlechterte sich in den folgenden Tagen mit einer zunehmenden Oxygenisierungsstörung bis hin zu einem akuten Lungenversagen. Es wurde eine Punktionstracheotomie durchgeführt. Später wurde der Keim Hanfia alvei im Trachealsekret des Patienten nachgewiesen. Trotz Antibiose und Beatmung verstarb der Patient gut einen Monat nach der Gallenblasen-OP an einem Kreislaufzusammenbruch.

Die Hinterbliebenen verklagten den Klinikträger auf Hinterbliebenengeld und eine entsprechende Rente. Sie warfen den Klinikärzten zahlreiche Behandlungsfehler vor. U. a. sei die Gallenblasen-OP zu spät vorgenommen worden. Den Behandlern seien grobe Behandlungsfehler anzulasten, die den Tod des Patienten verursacht hätten. Das Gericht wies die Klage ab.

Die Richter können keinen Behandlungsfehler feststellen

Die Kölner Richter konnten keinen Behandlungsfehler feststellen. Zur Frage der Kausalität hoben sie hervor: Selbst wenn – hypothetisch unterstellt – die Gallenblasen-OP grob fehlerhaft verspätet durchgeführt worden sei, sei der Kausalitätszusammenhang zum Lungenversagen des Patienten und dessen Versterben juristisch nicht nachgewiesen. Begründung: Die sich aus einem groben Behandlungsfehler ergebende Beweiserleichterung in Bezug auf den Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden bezögen sich nur auf den sogenannten Primärschaden und typische Folgeschäden. Das Lungenversagen sei – anders als etwa eine Zunahme der Entzündung oder eine Nekrose der Gallenwand – im hiesigen Fall aber nicht als typischer Folgeschaden einer verzögerten Gallenblasenoperation anzusehen.

Fazit | Das Kölner Urteil zeigt erfreulicherweise auf, dass die Beweiserleichterung auch im Falle eines – dort hypothetisch unterstellten – groben Behandlungsfehlers nicht uferlos zugunsten der Patientenseite ausfällt. Dies ist eine wichtige Feststellung für die Behandlerseite im Arzthaftungsprozess, da solche Prozesse häufig über die Beweislastverteilung entschieden werden.

AUSGABE: CB 6/2025, S. 12 · ID: 50401780

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