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BefundungWie gehe ich rechtskonform mit fremdsprachigen Patientenbefunden um?
| Frage: „Wie ist die rechtliche Situation bei der Bearbeitung fremdsprachiger Unterlagen von Patienten aus dem Ausland? Muss grundsätzlich jeder Befund durch einen beglaubigten Übersetzer übersetzt sein? Oder reicht es bei entsprechenden Sprachkenntnissen des Arztes auch aus, dass er sie nach eigener Einschätzung hinreichend gut versteht, dass z. B. englischsprachige Befunde auch so benutzt werden dürfen? Wie verhält es sich mit durch Online- oder KI-Übersetzungstools übersetzten Texten? Muss der Text im Wortlaut vollständig korrekt wiedergegeben sein oder reicht die orientierende Übersetzung aus, um sich ein Bild zu machen?“ |
Inhaltsverzeichnis
- Eine beglaubigte Übersetzung ist nur selten erforderlich
- Ohne vereidigten Übersetzer bleibt die Letztverantwortung beim Arzt
- Onlinedienste oder KI bergen ein Haftungsrisiko für den Arzt
- Nehmen Sie eine klinikinterne Übersetzung zur Patientenakte!
- Ärzte können für Behandlungsfehler wegen fehlerhafter Übersetzung haften
Antwort: Ihre Fragen sind nicht nur aus praktischen Gründen relevant, sondern auch im Hinblick auf mögliche Haftungsrisiken. Denn der behandelnde Arzt trägt immer die Endverantwortung dafür, dass die Weiterbehandlung unter Beachtung des ausländischen Befundes behandlungsfehlerfrei erfolgt.
Eine beglaubigte Übersetzung ist nur selten erforderlich
Eine beglaubigte Übersetzung ist nur dann obligatorisch, wenn der betreffende Befund in einem rechtlichen Kontext verwendet werden soll – beispielsweise bei behördlichen Verfahren oder vor Gericht. Im Behandlungsalltag muss hingegen nur sichergestellt werden, dass der jeweils behandelnde Arzt sowie etwaige Mitbehandler den Inhalt des fremdsprachigen Befundes korrekt verstehen. Dies kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Für die klinische Nutzung reicht es in der Regel aus, wenn ein Arzt eine sinngemäße und korrekte Übersetzung des Befundes erhält, die ihm die nötigen Informationen für die Diagnose und Behandlung liefert. Eine wörtliche, minutiöse Übersetzung ist dabei nicht zwingend erforderlich. Wichtiger ist, dass keine wesentlichen Informationen verloren gehen, die für die Gesundheit des Patienten relevant sind.
Ohne vereidigten Übersetzer bleibt die Letztverantwortung beim Arzt
Wenn der behandelnde Arzt die betreffende Sprache nach diesen Maßstäben ausreichend sicher beherrscht, kann er den Befund durchaus selbst übersetzen. Dies ist sowohl zulässig als auch vertretbar, solange er sprachlich in der Lage ist, den Inhalt des Befundes in Bezug auf alle medizinisch relevanten Informationen korrekt zu erfassen. Ohne die Zuhilfenahme eines vereidigten Übersetzers trägt der Behandler aber immer die Letztverantwortung für die Korrektheit der Übersetzung. Vor diesem Haftungshintergrund ist auch mit äußerster Vorsicht zu genießen, wenn die Übersetzung nicht durch den Arzt selbst, sondern unter Hinzuziehung von nicht ärztlichem Klinikpersonal oder gar durch eine Begleitperson des Patienten erfolgt.
Onlinedienste oder KI bergen ein Haftungsrisiko für den Arzt
Aus dem gleichen Grund birgt die Nutzung von Online-Übersetzungsdiensten wie Google Translate oder KI-gestützten Übersetzungswerkzeugen ein Haftungsrisiko. Denn diese Tools bieten keine Garantie für die Genauigkeit oder die kontextgerechte Übersetzung von medizinischen Fachbegriffen und -informationen. Sie sind daher nicht geeignet für die Bearbeitung von rechtlich relevanten Dokumenten oder für die klinische Entscheidungsfindung. Insbesondere bei komplexeren oder technischeren Befunden könnten durch eine maschinelle Übersetzung kritische Informationen verloren gehen oder falsch interpretiert werden. Aus diesem Grund sollten Ärzte bei der Verwendung solcher Tools stets vorsichtig sein. Sie können für den Arzt allenfalls eine schnelle und praktische Hilfe sein, um sich einen groben ersten Überblick über den Inhalt eines fremdsprachigen Befundes zu verschaffen.
Nehmen Sie eine klinikinterne Übersetzung zur Patientenakte!
Da im Klinikalltag regelhaft mehrere Behandler involviert sind, sollte eine klinikinterne Eigenübersetzung schriftlich zur Patientenakte genommen werden. Um Haftungsrisiken für die Mitbehandler zu minimieren, sollte derjenige, der die Übersetzung vornimmt, darauf das Datum, seinen Namen, seine Funktion in der Klinik sowie sein Sprachniveau angeben (z. B. Dr. Max Mustermann, Assistenzarzt Station 10B, 04.04.2025, Italienischkenntnisse: sehr gut). Dabei geht es nicht darum, die übersetzende Person haftbar zu machen, sondern um die Nachvollziehbarkeit der fachlichen und sprachlichen Qualifikation für den Nach- oder Mitbehandler. Nur so können diese verantwortungsvoll für sich entscheiden, ob sie ohne beglaubigte Übersetzung weiter- bzw. mitbehandeln.
Ärzte können für Behandlungsfehler wegen fehlerhafter Übersetzung haften
Die Verantwortung für die korrekte Bearbeitung und Interpretation eines fremdsprachigen Befundes liegt immer beim behandelnden Arzt. Auch wenn der Arzt eine Fremdsprache spricht, bleibt es seine Aufgabe, die Informationen korrekt zu verstehen und sie im Rahmen der Behandlung zu nutzen. Sollte es aufgrund einer fehlerhaften Übersetzung zu einem Behandlungsfehler kommen, kann der Arzt persönlich haftbar gemacht werden.
Praxistipp | Falls es Unklarheiten bei der Übersetzung gibt, verweisen Sie Patienten bei nicht dringlichen Behandlungen an einen professionellen Übersetzer, um die Sprachbarriere als mögliche Fehlerquelle zu vermeiden. Kommt der Patient als Notfall zu Ihnen, bleibt i. d. R. keine Zeit für eine beglaubigte Übersetzung. Vermerken Sie dann in der Patientenakte, dass nur ein unübersetzter Fremdbefund vorliegt, auf den Sie die Behandlung in der akuten Lage nicht stützen konnten. |
- Haftungsrecht: Was, wenn der Patient den ausländischen Arzt nicht versteht? (CB 06/2020, Seite 14 f.)
- Aufklärungsgespräch mit Flüchtlingen: Gericht stellt hohe Anforderungen an Klinikärzte (CB 11/2016, Seite 10 f.)
AUSGABE: CB 6/2025, S. 14 · ID: 50380444