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WahlleistungenBGH: Auch Krankenhausträger dürfen Wahlleistungen abrechnen
| Zur separaten Berechnung von Wahlleistungen ist es nicht notwendig, dass die erbringenden Ärzte ein originäres Liquidationsrecht haben (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 13.03.2025, Az. III ZR 426/23). Mit dieser Entscheidung hat der BHG eine streitige Rechtsfrage geklärt und eine seit Längerem laufende Diskussion beendet (vgl. CB 12/2024, Seite 4 ff.). |
Hintergrund war eine relativ geringe Vergütungsforderung
Streitig war eine relativ geringe Vergütungsforderung aus Wahlleistungen. Das Amtsgericht Bremen (Urteil vom 21.12.2021, Az. 6 C 32/19) und das Landgericht (LG) Bremen (Urteil vom 18.10.2023, Az. 1 S 27/22) hatten der Zahlungsklage des Krankenhauses stattgegeben. Der BGH hat das Urteil des LG zwar aufgehoben, weil aus seiner Sicht noch nicht hinreichend ermittelt worden sei, ob der Patient vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung wirksam aufgeklärt wurde. Im Hauptteil des Urteils beschäftigt sich der BGH jedoch mit der Frage, ob Wahlleistungen nur berechnet werden können, wenn auch dem einzelnen Arzt ein Liquidationsrecht zugestanden werde oder ob der Krankenhausträger dieses Recht selbst behalten könne. Urteil der Richter: Er kann.
KHEntgG sieht auch die Abrechnung von Wahlleistungen vor
Im Rahmen der Vertragsfreiheit seien zwei Vertragsgestaltungen möglich –entweder ein separater Arztzusatzvertrag mit dem jeweiligen Wahlarzt neben dem totalen Krankenhausvertrag oder ein totaler Krankenhausvertrag, der auch die Wahlleistungen umfasse. In diesem Fall sei der Krankenhausträger in der Verantwortung für die Wahlleistungen und dürfe diese dann auch eigenständig dem Patienten berechnen. Dies sei weder vom Sinn und Zweck noch vom Wortlaut des § 17 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) ausgeschlossen. Im Gegenteil: § 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG sehe ausdrücklich vor, dass die Krankenhausleistung sowohl allgemeine Krankenhausleistung als auch die Wahlleistung umfassten. Diese Leistungen könnten dann auch vom Krankenhausträger berechnet werden. Es wäre unnötige Förmelei, wenn gefordert werde, dass zunächst der Krankenhausträger das Wahlleistungsrecht an den Chefarzt übertragen müsse und dann aber wiederum das Wahlleistungsrecht nur vom Krankenhaus ausgeübt werde. Die seit vielen Jahren übliche Praxis (entsprechend dem Mustervertrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft [DKG, kostenpflichtig online unter iww.de/s12786]) ist damit gerechtfertigt worden.
Wahlärzte müssen keine Leitungsfunktion innehaben
In der Entscheidung versteckt hat der BGH auch betont, dass wahlärztliche Leistungen einen besonderen Charakter haben müssten. Im Rahmen der Krankenhausbehandlung werde ohnehin eine Behandlung entsprechend dem Facharztstandard geschuldet. Jede wahlärztliche Leistung, die der Patient gesondert bezahle, müsse daher eine Leistung sein, die sich vom normalen Facharztstandard abhebe. Dies setze nicht zwingend voraus, dass der entsprechende Arzt auch eine Leitungsfunktion innehabe – auch wenn die Leitungsfunktion meist darauf hindeute, dass der Arzt über eine besondere Qualifikation verfügt. Es könne auch sein, dass ein Wahlarzt auf andere Weise besonders qualifiziert sei, ohne dann jedoch eine Leitungsaufgabe zu übernehmen. Ggf. müssten die besonderen Fähigkeiten im Streitfall vom Krankenhaus nachgewiesen werden.
Die Anzahl der Wahlärzte ist nicht begrenzt
Im vorliegenden Fall hatte der Krankenhausträger seine Einrichtung so aufgeteilt, dass 24 Ärzte in der Wahlleistungsvereinbarung aufgeführt wurden. Dies sah der BGH nicht als problematisch an, solange zum einen sichergestellt sei, dass die Wahlärzte über eine besondere Qualifikation über den Facharztstandard hinaus verfügten und zum anderen, dass die Tätigkeitsbereiche hinreichend klar aufeinander abgegrenzt seien. Hier hatte der Patient auch eingewandt, dass es für ihn kaum absehbar sei, in welchen Bereichen er denn später behandelt werden müsse, sodass er auch nicht wissen könne, welche Wahlärzte bei ihm eingesetzt werden könnten. Dies sei, so der BGH, aber der Natur der Behandlung und der Unvorhersehbarkeit der Abläufe geschuldet.
Gebilligt hat der BGH in dieser Entscheidung auch, dass ein Wahlarzt von mehreren ständigen Vertretern unterstützt wird – wenn die Tätigkeitsbereiche der Vertreter ebenfalls hinreichend abgegrenzt sind. Die Frage, wann ein Vertreter tätig werden könne, ergebe sich vorrangig aus § 4 Abs. 2 S. 3 GOÄ.
Merke | Die Wahlleistungsvereinbarung dürfte, soweit erkennbar, den üblichen Mustern der DKG entsprochen haben. Die dort verwendeten Klauseln, z. B. auch zur Frage der Berechnung von Wahlleistungen, hielt der BGH für gesetzeskonform bzw. einer Inhaltskontrolle nach AGB-Recht entzogen. |
Fazit: Überprüfen Sie Ihre Wahlleistungsvereinbarungen!
Das vorliegende BGH-Urteil sollte – ebenso wie die Parallelentscheidung des BGH vom selben Tage (Az. III ZR 40/24) – dazu führen, dass jedes Krankenhaus die Wahlleistungsvereinbarungen, die bei ihm verwendet werden, kritisch überprüft. Unter Umständen könnten zur Klarheit gewisse Ergänzungen notwendig sein. Vor allem ist Wert darauf zu legen, die Vertretungsregelung in der Wahlleistungsvereinbarung genauestens zu überprüfen.
Patient ist mündlich darüber aufzuklären, welche Leistung er sich „hinzukauft“ Praxistipp | Weisen Sie die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch einmal darauf hin, dass der wirksame Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung nicht nur voraussetzt, dass der Patient das Formular unterschreibt. Vielmehr ist er vorher entsprechend mündlich aufzuklären und darüber zu informieren, welche Leistungen er sich mit der Wahlleistungsvereinbarung gesondert „hinzukauft“. Diese Aufklärung des Patienten sollte in der Akte vermerkt werden, ggf. auch auf der Wahlleistungsvereinbarung mit einem entsprechenden Hinweis. |
AUSGABE: CB 6/2025, S. 4 · ID: 50387714