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LeasingLeasinggeber kündigt vorzeitig: OLG Stuttgart nennt Details zu Kündigung und Schadenersatz
| Das OLG Stuttgart hat sich kürzlich mit den Folgen der vorzeitigen Beendigung eines Kfz-Leasingvertrags befasst – und in seiner Entscheidung zwei bemerkenswerte Klarstellungen getätigt. ASR stellt Ihnen die beiden Kernaussagen vor, ordnet das Urteil für Sie juristisch ein und leitet daraus Handlungsempfehlungen für Ihre Autohaus-Praxis ab. |
Leasinggeberin klagt auf Kündigungsschaden
Im Fall vor dem OLG Stuttgart hatte eine gewerblich tätige Leasingnehmerin die Leasingraten für ihr Kfz nicht mehr gezahlt. Daraufhin kündigte die Leasinggeberin den Kfz-Leasingvertrag und klagte auf Ersatz des Kündigungsschadens. Ein solcher sei ihr nämlich durch die ausbleibenden Zahlungen der Leasingraten und durch die dadurch verursachten Zusatzkosten entstanden.
Den Großteil des geforderten Betrags sprach das LG Stuttgart der Leasinggeberin in erster Instanz auch zu. Weil die Leasingnehmerin die Kündigung des Kfz-Leasingvertrags und die Berechnungen des LG Stuttgart aber als ungerechtfertigt anzweifelte, ging sie in Berufung. Deshalb musste nun das OLG Stuttgart darüber entscheiden, ob die Kündigung des Leasingvertrags durch die Leasinggeberin wirksam ist, obwohl sie die Leasingnehmerin vor der Kündigung nicht angemahnt hatte, und ob – und wenn ja in welcher Höhe – die Leasinggeberin Wertersatz von der Leasingnehmerin fordern kann.
Letztlich gab das Gericht der Berufung der Leasingnehmerin teilweise statt und reduzierte den der Leasinggeberin zustehenden Betrag. Konkret lauteten die zwei Kernaussagen des OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 19.12.2023 (Az. 6 U 9/23, Abruf-Nr. 243187) wie folgt:
- 1. Die Leasinggeberin muss vor der Kündigung wegen Zahlungsverzugs die Leasingnehmerin nicht zwingend zuvor mahnen (Rn. 28).
- 2. Einen Kündigungsschaden kann die Leasinggeberin nur bezüglich solcher Schäden geltend machen, die sich aufgrund der Vorzeitigkeit der Kündigung ergeben. Schadenersatz hinsichtlich der Rückgabe als solcher kann sie nur allgemein nach §§ 280 ff. BGB verlangen (Rn. 40 ff.).... Einschränkung zu
So sind die Feststellungen des OLG Stuttgart einzuordnen
Die Kernaussagen des OLG Stuttgart lassen sich folgendermaßen einordnen:
Erhebliche Pflichtverletzung rechtfertigt Kündigung ohne Mahnung
Eine Mahnung ist grundsätzlich notwendig, wenn der Vertragspartner eine Pflicht aus dem Vertrag verletzt (hier Leasingnehmerin) und der andere Vertragspartner (hier Leasinggeberin) deshalb das Vertragsverhältnis (hier Kfz-Leasingvertrag) kündigen möchte. Eine solche Mahnung setzt den Schuldner (hier Leasingnehmerin) nämlich in Verzug – und das ist Voraussetzung für eine fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses (§ 543 Abs. 3 BGB).
Im konkreten Fall rügte die Leasingnehmerin deshalb, dass die Kündigung des Leasingvertrags unwirksam sei, weil die Leasinggeberin keine Mahnung ausgesprochen hatte. Sie war der Ansicht, dass ihr die Leasinggeberin zunächst eine Frist hätte setzen müssen, um ihren vertraglichen Verpflichtungen – der Zahlung der Leasingraten – nachzukommen, bevor diese die Kündigung hätte aussprechen dürfen.
Dieses Argument der Leasingnehmerin hat das OLG Stuttgart jedoch nicht anerkannt. Die Folge: Die Kündigung des Kfz-Leasingvertrags durch die Leasinggeberin ist – auch ohne Mahnung – wirksam.
Eine Mahnung sei nämlich immer dann entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine sofortige Kündigung rechtfertigen – und das sah das OLG Stuttgart hier gegeben. Es sah in der Vertragsverletzung durch die Leasingnehmerin eine erhebliche Pflichtverletzung, die das Vertrauensverhältnis zwischen Leasinggeberin und -nehmerin so stark belastete, dass der Leasinggeberin die Fortsetzung des Kfz-Leasingvertrags nicht zugemutet werden konnte. Aufgrund der Schwere der Vertragsverletzung sei die Leasinggeberin also berechtigt gewesen, den Leasingvertrag fristlos zu kündigen, ohne vorher eine Mahnung ausgesprochen haben zu müssen.
Konkret: Die mangelnde Zahlung von zwei aufeinander folgenden monatlichen Leasingraten ist nach Auffassung des OLG Stuttgart so schwerwiegend, dass die Leasinggeberin den Kfz-Leasingvertrag sofort kündigen konnte.
Leasingnehmerin muss für Kündigungsschaden aufkommen
Ebenfalls bestätigt hat das OLG Stuttgart, dass die Leasingnehmerin zur Zahlung eines Kündigungsschadens an die Leasinggeberin verpflichtet ist. Der Kündigungsschaden ist der Schaden, der der Leasinggeberin durch die vorzeitige Beendigung des Kfz-Leasingvertrags entstanden ist. Im konkreten Fall umfasste er nach den Feststellungen des Gerichts den Verlust an Leasingraten sowie den Wertverlust des Leasingfahrzeugs.
Keinen Wertersatz im Rahmen des Kündigungsschadens könne die Leasinggeberin allerdings für die mit dem Leasingfahrzeug ursprünglich übergebenen, bei seiner Rückgabe jedoch fehlenden Sommerräder verlangen.
Die Sommerräder standen im Eigentum der Leasinggeberin und wurden mit dem Leasingfahrzeug an die Leasingnehmerin herausgegeben. Sie sollte das Fahrzeug dann bei Ende der Vertragslaufzeit wieder auf den Sommerrädern zurückgeben. So regelte es der Kfz-Leasingvertrag. Die Leasingnehmerin gab das Fahrzeug – nach Kündigung des Leasingvertrags durch die Leasinggeberin – jedoch auf Winterrädern zurück, die ihr selbst gehörten. Die Sommerräder hingegen gab die Leasingnehmerin nicht zurück und erfüllte somit ihre vertragliche Rückgabeverpflichtung nicht vollständig. Die Leasinggeberin könne die Sommerräder deswegen lediglich im Rahmen einer vertraglichen Nichterfüllung geltend machen. In der Folge verlangte die Leasinggeberin Schadenersatz für die fehlenden Sommerräder.
Das OLG Stuttgart sah in der Nichtrückgabe der Sommerräder eine teilweise Nichterfüllung der Rückgabeverpflichtung. Weil aber die Leasingnehmerin weiterhin im Besitz der Sommerräder war, hätte die Leasinggeberin eine Frist zur Nacherfüllung setzen müssen, um einen Anspruch auf Schadenersatz für die fehlenden Sommerräder geltend machen zu können. Das hätte die Leasinggeberin aber nicht getan und deshalb habe sie auch keinen Anspruch auf Schadenersatz nach §§ 280, 281 BGB. Kurzum: Die Leasingnehmerin konnte ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht zur Zahlung eines Wertersatzes für die Sommerräder verpflichtet werden.
Praxistipp | Beachten Sie diese Differenzierung der Anspruchsgrundlagen und deren Voraussetzungen in ähnlichen Konstellationen. |
Diese Handlungsempfehlungen ergeben sich für die Praxis
Ist Ihr Autohaus operativ in der Rolle des Leasinggebers, lassen sich aus der Entscheidung des OLG Stuttgart einige praktische Ratschläge für die Gestaltung von Leasingverträgen ableiten:
- Stellen Sie sicher, dass die Leasingverträge klare und eindeutige Regelungen zur Nutzung des Fahrzeugs und zu Zahlungsfristen, Wartungspflichten und Rückgabebedingungen enthalten. Klare Formulierungen können im Streitfall helfen.Klare Regelungen im Vertrag schaffen und ...
- Dokumentieren Sie alle Zahlungen, Wartungsarbeiten und andere vertraglich relevante Vorgänge gründlich. Das erleichtert Ihnen im Streitfall den Nachweis von Pflichtverletzungen und unterstützt Ihre rechtliche Position.... Vorgänge gründ- lich dokumentieren
- Sprechen Sie bei Zahlungsrückständen oder anderen Pflichtverletzungen direkt mit dem Leasingnehmer. Die offene Kommunikation kann dazu beitragen, Probleme frühzeitig zu lösen.Pflichtverletzungen offen und frühzeitig kommunizieren
- Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die rechtlichen Rahmenbedingungen und die wichtigsten Punkte, die bei der Verwaltung von Leasingverträgen zu beachten sind.
- Selbst wenn keine Mahnung erforderlich ist, ist es in manchen Fällen ratsam, eine solche auszusprechen, z. B. um dem Leasingnehmer die Möglichkeit zu geben, seinen Pflichten nachzukommen. Die Mahnung zeigt zudem, dass Sie als Leasinggeber fair handeln.Im Zweifel Mahnung aussprechen und ...
- Holen Sie sich bei Unklarheiten in puncto rechtlicher Situation oder Handhabung von Kündigungen rechtlichen Rat ein, um sicherzustellen, dass alle Schritte rechtskonform sind, und Sie alle notwendigen Maßnahmen ergriffen haben.... bei Unklarheiten zum Rechtsanwalt gehen
AUSGABE: ASR 9/2024, S. 7 · ID: 50128353