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Kfz-Kosten/LohnversteuerungFahrzeugpool: So versteuern Sie den Sachbezug bei Ihren Mitarbeitern prüfungssicher
| Ihre Mitarbeiter nutzen Vorführwägen auch für private Zwecke? An sich ist das überhaupt kein Problem. Wäre da nur nicht die Lohnabrechnung. Den Vorteil aus der Nutzung dieser Poolfahrzeuge müssen Sie bei Ihren Mitarbeitern nämlich als Arbeitslohn erfassen. In welcher Höhe? Darüber wird in Lohnsteuerprüfungen immer wieder gestritten. Damit Sie einer solchen Prüfung gelassen entgegen sehen können, erläutert ASR das Prüffeld „Poolfahrzeuge“ anhand vieler Musterbeispiele. |
Fahrzeugnutzung durch Mitarbeiter führt zu Sachbezug
Nutzt Ihr Mitarbeiter ein betriebliches Fahrzeug für private Zwecke, handelt es sich um einen Sachbezug, der nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG zu versteuern und zu verbeitragen ist. Darf Ihr Mitarbeiter das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen – das ist in der Regel Ihr Autohaus – müssen Sie nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG einen weiteren Sachbezug erfassen.
Ein Fahrzeug pro Mitarbeiter: Ein-Prozent-Regelung oder Fahrtenbuch
Am einfachsten ist die steuer- und sv-rechtliche Handhabung, wenn Ihrem Mitarbeiter immer dasselbe Fahrzeug zur Verfügung steht. Dann ist
Beispiel 1 |
Mitarbeiter M darf einen Vorführwagen mit einem BLP von 35.000 Euro fahren. M nutzt diesen für berufliche und private Fahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Entfernung: zwölf Kilometer). ... per Ein-Prozent-Regelung Lösung: In der Lohnabrechnung für M ist für die Fahrzeugnutzung ein monatlicher Sachbezug von 476 Euro (35.000 Euro x 1 % = 350 Euro zzgl. 35.000 Euro x 0,03 % x 12 Kilometer) zu versteuern und zu verbeitragen. |
- entweder die pauschale Ein-Prozent-Regelung auf Basis des Bruttolistenneupreises (BLP) anzuwenden
- oder der exakte Sachbezug anhand Fahrtenbuch zu ermitteln.
Fahrzeugpool: Sachbezug ist fahrzeugbezogen zu berechnen
In Autohäusern ist es aber oft üblich, dass alle Mitarbeiter auf einen fest definierten Fahrzeugpool zugreifen können. Die Fahrzeuge aus dem Pool, der zumeist aus Vorführwagen besteht, dürfen sie dann sowohl für Privatfahrten als auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen. Das Problem daran: Weil sich dem Mitarbeiter kein individuelles Fahrzeug zuordnen lässt, kann der Sachbezug nicht individuell ermittelt werden. Folglich ist eine fahrzeugbezogene Berechnung erforderlich (BMF, Schreiben vom 30.03.2022 (Az. IV C 5 – S – 2334/21/10004 :001, Abruf-Nr. 228043, Rz. 14).
So ermitteln Sie die Privatnutzung bei einem Fahrzeugpool
Im ersten Schritt müssen Sie für alle Fahrzeuge im Pool den BLP ermitteln und mit einem Prozent ansetzen. Den so als geldwerten Vorteil für sämtliche Fahrzeuge ermittelten Nutzungswert addieren Sie und verteilen ihn in einem zweiten Schritt auf die nutzungsberechtigten Mitarbeiter. So ergibt sich für jeden Mitarbeiter der individuelle steuer- und beitragspflichtige Arbeitslohn.
Beispiel 2 |
Autohaus A verfügt über einen Fahrzeugpool, der aus drei Fahrzeugen (alle Vorführwagen; BLP 20.000 Euro, 30.000 Euro und 40.000 Euro) besteht. Alle Fahrzeuge können von drei Mitarbeitern auch privat genutzt werden. ... zu ermitteln und auf nutzungsberechtigte Mitarbeiter zu verteilen Lösung: Für die Privatnutzung müssen insgesamt 900 Euro ([20.000 Euro x 1 %] + [30.000 Euro x 1 %] + [40.000 Euro x 1 %]) als Sachbezug erfasst werden. Weil drei Mitarbeiter die Fahrzeuge nutzen dürfen, muss jeder von ihnen einen Sachbezug von 300 Euro (900 Euro : 3 Mitarbeiter) versteuern und verbeitragen. |
Wichtig | Für die Berechnung spielt es keine Rolle, welcher Mitarbeiter vorrangig welches Fahrzeug in welchem Umfang nutzt, oder ob ein Mitarbeiter in Voll- und ein anderer in Teilzeit beschäftigt ist.
Sonderfall 1: Mehr nutzungsberechtigte Mitarbeiter als Poolfahrzeuge
Genauso verfahren Sie, wenn mehr Mitarbeiter auf den Fahrzeugpool zugreifen als darin Fahrzeuge vorhanden sind. Die Ein-Prozent-Regelung ist nämlich nicht personen-, sondern fahrzeugbezogen auszulegen (BFH, Urteil vom 15.05.2002, Az. VI R 132/00, Abruf-Nr. 020755).
Beispiel 3 |
Wie Beispiel 2; auf den Fahrzeugpool dürfen aber vier Mitarbeiter zugreifen. ... fahrzeugbezogen auszulegen Lösung: Es müssen – wie in Beispiel 2 – insgesamt monatlich 900 Euro als Sachbezug erfasst werden. Die 900 Euro verteilen sich nun jedoch auf vier Mitarbeiter. Somit sind pro Mitarbeiter 225 Euro (900 Euro : 4 Mitarbeiter) anzusetzen. |
Sonderfall 2: Weniger nutzungsberechtigte Mitarbeiter als Poolfahrzeuge
Dürfen weniger Mitarbeiter auf den Fahrzeugpool zugreifen als darin Fahrzeuge vorhanden sind, müssen Sie den insgesamt ermittelten Sachbezug lt. BMF-Schreiben vom 03.03.2022 trotzdem auf die Anzahl der nutzungs- berechtigten Mitarbeiter aufteilen. Somit müssen diese einen höheren Sachbezug versteuern und verbeitragen als bei einer Eins-zu-eins-Zuordnung.
Beispiel 4 |
Wie Beispiel 2; auf den Fahrzeugpool dürfen aber nur zwei Mitarbeiter zugreifen. |
Sachbezug ist höher als bei individueller Ermittlung Lösung: Es müssen – wie in Beispiel 2 und 3 – insgesamt monatlich 900 Euro als Sachbezug erfasst werden. Die 900 Euro verteilen sich nun jedoch auf nur zwei Mitarbeiter. Somit sind pro Mitarbeiter 450 Euro (900 Euro : 2 Mitarbeiter) anzusetzen. |
Kann das wirklich zutreffend sein? Fest steht: Ein Gericht hat sich zu der Frage noch nicht geäußert. ASR wagt aber den Vorstoß, dass der Ansicht der Finanzverwaltung nicht zu folgen ist – und dafür sprechen gute Gründe:
Bei dem Fahrzeugpool eines Autohauses handelt es sich in aller Regel um Vorführwagen, die typischerweise auf dem Gelände des Autohauses stehen. Jeder Mitarbeiter, der auf den Pool zugreifen darf, hat lediglich die Möglichkeit, sich eines der Fahrzeuge für die Fahrt nach Hause auszusuchen, es nach Feierabend und an den Wochenenden privat zu nutzen und am nächsten Arbeitstag mit dem Fahrzeug wieder zum Autohaus zu fahren. Effektiv kann sich seine Nutzungsmöglichkeit bei diesem Fahrzeugpool also auf maximal ein Fahrzeug pro Tag erstrecken. Zudem ist es bei einem Fahrzeugpool typischerweise nicht möglich, dass ein Mitarbeiter weitere, nicht von ihm selbst genutzte, Poolfahrzeuge an seiner Privatadresse abstellt, sodass sie sein Ehepartner oder andere Angehörige nutzen können. Ergo: Für die Sachbezugszuordnung bei einem Fahrzeugpool muss eine Obergrenze gelten:
Sachbezugsobergrenze = | Gesamter Sachbezug für den Fahrzeugpool |
Anzahl der im Pool enthaltenen Fahrzeuge |
Beispiel 5 |
Wie Beispiel 4; d. h. Fahrzeugpool mit drei Fahrzeugen (Sachbezugswert 900 Euro) und zwei nutzungsberechtigte Mitarbeiter. ... einem Fahrzeugpool muss eine Obergrenze gelten Lösung: Grundsätzlich entfallen auf jeden nutzungsberechtigten Mitarbeiter 450 Euro (900 Euro : 2 Mitarbeiter). Gilt für den Sachbezug aber eine Obergrenze, ist er auf 300 Euro pro Mitarbeiter zu deckeln (900 Euro : 3 Poolfahrzeuge). |
Die Rechtsauffassung von ASR stützen die Ausführungen in Rz. 25 des BMF-Schreibens vom 03.03.2022. Hier nimmt die Finanzverwaltung zu der Frage Stellung, was gilt, wenn einem Mitarbeiter mehrere Firmenfahrzeuge gleichzeitig auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Dann muss grundsätzlich, so das BMF, für jedes Fahrzeug pro Monat ein Prozent des BLP angesetzt werden. Ausnahme: Ist die gleichzeitige private Nutzung der verschiedenen Firmenwagen so gut wie ausgeschlossen, z. B. weil die Nutzung durch andere zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehörende Personen (z. B. Ehegatte oder Kinder) nicht in Betracht kommt, ist für den Ansatz der reinen Privatfahrten auf den BLP des überwiegend genutzten Fahrzeugs abzustellen.
Wichtig | Diese Passage (Tz. 35) des BMF-Schreibens vom 03.03.2022 steht nicht in unmittelbaren Bezug zu den Regelungen für Poolfahrzeuge. Weil es sich aber um eine allgemeine Erläuterung handelt, muss diese Passage nach Auffassung von ASR sinngemäß auch für Poolfahrzeuge angewendet werden können. Dass das sinnvoll ist, verdeutlicht folgendes Beispiel:
Beispiel 6 |
Der Fahrzeugpool von Autohaus B besteht aus drei Vorführwagen mit einem BLP von jeweils 30.000 Euro. Ab Januar 2024 dürfen drei Mitarbeiter auf den Fahrzeug-pool zugreifen und nach Feierabend eines der Fahrzeuge mit nach Hause nehmen und auch privat nutzen. Im Februar 2024 greift infolge von zwei Kündigungen nur noch ein Mitarbeiter auf den Fahrzeugpool zu. Ab März 2024 sind es zwei Mitarbeiter, die Fahrzeuge aus dem Pool nutzen dürfen. ... bei wechselnder Nutzeranzahl und Fahrzeugnutzung Lösung: Der Sachbezugswert für Privatfahrten mit dem Fahrzeugpool beträgt insgesamt 900 Euro (30.000 Euro x 1 % x 3 Fahrzeuge). Davon müssen
|
Wie Sie bei den Fahrten „Wohnung-Autohaus“ rechnen
Etwas anders gehen Sie bei der Ermittlung des Sachbezugs für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vor. Hier ermitteln Sie zunächst ebenfalls für jedes Fahrzeug den BLP und setzen ihn mit 0,03 Prozent an. Die Gesamtsumme verteilen Sie aber sofort auf die Anzahl der Mitarbeiter, die den Fahrzeugpool nutzen dürfen. Erst im nächsten Schritt multiplizieren Sie dann den Anteil mit der individuellen einfachen Entfernung des Mitarbeiters zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
Wichtig | Durch dieses Vorgehen erreichen Sie im Fall „weniger Fahrzeuge als nutzungsberechtigte Mitarbeiter“, dass der Sachbezug für die Fahrten zum Betrieb nicht höher ausfällt als bei einer fiktiven Zurechnung jeweils eines der gemeinschaftlich genutzten Firmenfahrzeugs bei genau einem Mitarbeiter.
Beispiel 7 |
Der Fahrzeugpool von Autohaus C besteht aus drei Fahrzeugen mit den BLP 20.000, 30.000 und 40.000 Euro. Diesen Pool nutzen drei Mitarbeiter für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (= Standort Autohaus C). Die einfache Entfernung für die Mitarbeiter beträgt fünf, zehn und 15 Kilometer. Lösung: Der addierte und für jedes Fahrzeug mit 0,03 Prozent angesetzte BLP beträgt 27 Euro ([20.000 Euro x 0,03 %] + [30.000 Euro x 0,03 %] + [40.000 Euro x 0,03 %]). Weil drei Mitarbeiter den Pool nutzen, sind für jeden neun Euro (27 Euro : 3 Mitarbeiter) maßgebend. Damit beträgt der Sachbezug für |
Einzelbewertung mit 0,002 Prozent kann unbillige Ergebnisse reduzieren
Ihre Mitarbeiter haben bei der Nutzung von Poolfahrzeugen – abweichend von der dargestellten Ermittlung des Sachbezugs für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitstätte – die Wahl, im Rahmen der persönlichen Einkommensteuerveranlagung zu einer Einzelbewertung überzugehen. Dabei wird für die tatsächlich durchgeführte Anzahl von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Nutzungsvorteil mit 0,002 Prozent des BLP je Entfernungskilometer für genau das Fahrzeug bemessen, das Ihr Mitarbeiter verwendet hat (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 13).
Praxistipp | Die Ausübung des Wahlrechts – und damit die Einzelbewertung – ist für Mitarbeiter von Vorteil, die nur selten auf die Poolfahrzeuge zugreifen oder typischerweise Fahrzeuge mit einem unterdurchschnittlichen BLP nutzen. „Selten“ bedeutet bei der Wahl eines Poolfahrzeugs mit einem dem Durchschnitt aller BLP des Pools entsprechenden BLP, dass höchstens 180 Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte im Jahr unternommen wurden (180 x 0,002 = 0,36 und 12 Monate x 0,03 = ebenfalls 0,36). Bei Wahl eines Fahrzeugs mit einem unterdurchschnittlichen BLP erhöht sich diese Grenze, sodass die Wahl der 0,002-Prozent-Regelung öfter Vorteile bringt. Bei Nutzung eines Fahrzeugs mit einem überdurchschnittlich BLP sinkt die „180er-Grenze“ hingegen, sodass die Einzelbewertung seltener lukrativ ist. |
Beispiel 8 |
Einzelbewertung für Poolfahrzeuge reduziert ... Mitarbeiter 1 aus Beispiel 7 (Entfernung fünf km) macht geltend, dass er tatsächlich den Pkw mit dem Listenpreis von 20.000 Euro an 120 Tagen und den Pkw mit dem Listenpreis von 30.000 Euro an 25 Tagen für Fahrten von der Wohnung zum Autohaus verwendet hat. An den übrigen Tagen hat er sein Fahrrad benutzt. ... Sachbezug nach tatsächlicher Nutzung Lösung: Der Sachbezug belief sich bisher auf 540 Euro (12 Monate x 45 Euro). Er reduziert sich aufgrund der Einzelbewertung wie folgt: |
Das sind die Voraussetzungen für die 0,002- Prozent-Methode
Aber Achtung: Um die Einzelbewertung anwenden zu können, muss Ihr Mitarbeiter jeden Kalendertag benennen, an dem er eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unternommen hat, und das jeweils genutzte Fahrzeug des Pools angegeben. Eine pauschale Aussage wie z. B. „105 Fahrten im Jahr 2022“ genügt nicht. Auch kann er nicht im Laufe eines Kalenderjahres zwischen pauschaler und Einzelbewertung (0,002-Prozent-Methode) wechseln. Ihr Mitarbeiter muss sich also immer für das gesamte Kalenderjahr entscheiden, welches Verfahren angewandt werden soll.
Praxistipp | Die Einzelbewertung können Sie als Arbeitgeber auch bereits im Rahmen der Lohnabrechnung vornehmen. Dazu müssen Sie die Einzelaufzeichnungen Ihres Mitarbeiters (Fahrten, genutztes Fahrzeug) als Beleg zum Lohnkonto nehmen (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 13). Der Vorteil besteht darin, dass sich neben der Steuer auch die Sozialabgaben reduzieren. |
AUSGABE: ASR 9/2024, S. 10 · ID: 50108017